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Ford Capri im Test: Was taugt das Coupé-SUV mit VW-Technik?
Über den Ford Capri haben wir bereits einiges geschrieben, nun haben wir das Auto getestet - als 210-kW-Hecktriebler und mit 250-kW-Allradsystem
(Motorsport-Total.com/Motor1) - Wird die Menschheit glücklicher, wenn sie immer mehr von dem Gleichen angeboten bekommt? Wohl kaum. Dennoch wächst das Angebot an elektrischen Mittelklasse-SUVs fast schon im Wochentakt. Nun kommt der Ford Capri hinzu. Was hat das Auto, was andere nicht haben? Wir haben den Neuling rund um Marseille getestet, um das herauszufinden.
© Motor1.com Hersteller
Ford Capri Zoom
Der Ford Capri basiert wie der Ford Explorer auf dem MEB des Volkswagen-Konzerns. Während der Explorer ein 4,47 Meter langes SUV darstellt, ist der Capri ein Coupé-SUV oder eine (etwas pummelige) Fastback-Limousine, das mit 4,63 Meter stolze 16 Zentimeter länger ausfällt. Die Optik erinnert an den Polestar 2, doch der Ford ist gleich 14 cm höher. Hier die wichtigsten Daten der zwei Versionen, die es zum Marktstart gibt:
Ford Capri Extended Range RWD
Antrieb: RWD 210 kW, 545 Nm
0-100 km/h / Spitze: 6,4 Sek. / 180 km/h
Batterie netto: 77 kWh
WLTP-Reichweite: 572-627 km
DC-Ladedauer: 28 min (10-80%)
DC-Ladetempo: 1,9 kWh/min
Länge / Höhe: 4,63 m / 1,63 m
Aktionspreis: 50.911 Euro
Ford Capri Extended Range AWD
Antrieb: AWD 250 kW, 134+545 Nm
0-100 km/h / Spitze: 5,3 Sek. / 180 km/h
Batterie netto: 79 kWh
WLTP-Reichweite: 552-592 km
DC-Ladedauer: 26 min (10-80%)
DC-Ladetempo: 2,1 kWh/min
Länge / Höhe: 4,63 m / 1,63 m
Exterieur und Kofferraum
Die ersten Bilder vom Ford Capri gab es schon im Juli; wie das Ding aussieht, dürfte also bekannt sein. Gelungen finde ich wie stark sich das Auto optisch von den Coupé-SUVs aus dem VW-Konzerns absetzt. Das gleiche gilt für den Innenraum, wenn dieser Vorgriff erlaubt ist. In der Realität wirkt das Ding ziemlich bullig und nicht wie eine Limousine - mit 1,63 Meter ist das Auto nur 13 cm niedriger als ich selbst. In den engen Straßen von Südfrankreich wirkt das Auto deutlich überdimensioniert, da hätte ich mir in manchen Situationen einen Fiat 500 gewünscht. Aber Sie fahren den Capri ja wohl in Deutschland.
Coupé-SUVs haben oft eine schlechte Rundumsicht; in der Hinsicht kann ich Entwarnung geben: Weder wirkt das Heckfenster im Rückspiegel wie ein Briefkastenschlitz, noch stören überbreite C-Säulen beim Schulterblick.
Positiv überrascht hat mich auch der Kofferraum: Auf dem bislang einzigen Bild sah es so aus, als könnte die Heckklappe kleiner sein als zum Beispiel beim VW ID.5; dem ist aber nicht so, sie öffnet weit nach oben. Allerdings passen große sperrige Dinge wie Kommoden, Kühlschränke oder dergleichen wegen des schrägen Hecks wohl nicht so gut in den Capri-Kofferraum. Das Stauvolumen von 572-1.510 Liter ist jedoch ordentlich. Das Ladekabel findet entweder links in einem seitlichen Staufach seinen Platz, oder man platziert es unter dem Ladeboden, der sich in zwei Niveaus einlegen lässt.
Interieur und Bedienung
Auch innen sieht man dem Capri nicht auf den ersten Blick an, dass die Technik größtenteils aus dem VW-Baukasten stammt. So baut Ford den Touchscreen senkrecht ein und er lässt sich schwenken. Dazu gibt es eine kleine Griffleiste am unteren Monitorende, die sich nur mit etwas Übung bedienen lässt. Ist diese Hürde genommen, kommt ein Geheimfach zum Vorschein, in dem Wertsachen nicht nur vor Blicken geschützt sondern im verriegelten Auto auch weggesperrt sind. Zudem enthält das Fach zwei USB-C-Ladebuchsen fürs Handy. Diese befinden sich so weit hinten in dem dunklen Fach, dass es sich lohnt, das zu betonen - Ford hat sie gut versteckt.
Das Lenkrad hat eine senkrechte Speiche mit zwei Löchern; das soll offenbar eine Anspielung auf sportliche Autos der Historie sein, bei mir weckt es unangenehme Erinnerungen: Mein Vater musste mit der Säge anrücken, weil ich als Kind meinen kleinen Finger in ein ähnliches Lenkradloch am Kettcar gesteckt hatte, um besonders lässig zu wirken ... Gut also, dass die Löcher unten am Lenkrad sind und nicht seitlich, denn sonst würde wohl auch manch erwachsener Finger dort eingezwängt.
Neben dem Touchscreen gibt es noch ein Fahrerdisplay und optional ein gutes Head-up-Display, das vor allem das Fahrtempo und Navi-Pfeile anzeigt. An ein paar Stellen scheint aber doch die Verwandtschaft mit den MEB-Modellen durch. So gibt es am Lenkrad die unangenehmen Wackeltasten, bei denen man nie so recht weiß, ob man sie nun getroffen hat oder nicht. Und es gibt zwar vier elektrische Fensterheber, aber nur drei Tasten zur Bedienung. Nervig, wenn man damit an einer geschlossenen Mautschranke steht und das Geld herausgesucht hat, dann aber das hintere Fenster aufgeht, weil man in der Hektik versehentlich auf Rear gedrückt hat.
Außerdem funktionierte die Sprachbedienung nicht: Wenn ich nach Drücken der entsprechenden Lenkradtaste "Navigiere nach München" befahl, wollte die Dame erst eine konkrete Adresse haben, und zwar zuerst den Ortsnamen, dann die Straße. Wenn ich das befolgte, war die Servicekraft aber völlig überfordert, die verstand die Eingabe nicht. Das gleiche Problem trat bei einem vor Ort verfügbaren Ford Explorer auf. Die Ford-Experten schoren Stein und Bein, dass es bei dem Explorer zuhause noch sehr gut funktioniert hat - vermutlich hat man sich den Fehler bei einem Software-Update eingehandelt.
Eine Randbemerkung ist vielleicht auch wert, dass es keine versenkten Türgriffe und auch keinen Digital Key gibt. Man kann den Wagen also weder per Smartphone noch per Smartwatch öffnen - was aber praktisch wäre, wenn man beim Joggen nicht zu viele Sachen mitschleppen will oder gar Schwimmen gehen möchte. Beim Mustang Mach-E funktioniert das, aber die Plattform des Capri unterstützt es nicht.
Immerhin muss man nach dem Entriegeln zum Losfahren keinen Knopf mehr drücken. Rechts an der Lenksäule gibt es zwar einen Startknopf, aber man braucht ihn nur noch in Sonderfällen; normalerweise startet der Antrieb nach Drücken der Bremse und Aktivieren des Fahrmodus.
Im Fond ist die Kniefreiheit üppig, die Kopffreiheit immerhin ausreichend, zumindest bei 1,76 Meter Körpergröße. Auch für die Fondpassagiere gibt es zwei USB-C-Buchsen.
Antrieb, Akku und Fahreindrücke
Zum Start des Capri gibt es einen 210-kW-Hecktriebler und einen 250-kW-Allradler, ein 125-kW-Basismodell soll bald folgen. Die Antriebe sind (wie die Akkus) vom VW ID.5 her bekannt. Sie basieren auf der sehr sparsamen 210-kW-Heckmaschine APP550 mit Permanentmagneten. Beim Allradmodell kommt vorne noch die 80-kW-Asynchronmaschine von Magna hinzu; hier wird die Systemleistung auf 250 kW limitiert.
Ich fuhr beide Versionen, und ehrlich gesagt: Mir würde die 210-kW-Version reichen. Zumindest auf den kurvigen Bergstraßen rund um Marseille konnte ich kaum einen Unterschied in Sachen Vorwärtsdrang spüren. Und ob der Normsprint nun 5,3 oder 6,4 Sekunden dauert, wäre mir egal - so viel Zeit muss man auch im größten Stress noch haben. Wenn Sie nicht öfter im Gebirge auf geschlossenen Schneedecken unterwegs sind oder einen Anhänger ziehen müssen, dürfte die 210-kW-Version genügen. Auch damit ist man recht flott unterwegs.
Der Hecktriebler hat den altbekannten 77-kWh-Akku, beim Allradler wird schon der neue 79-kWh-Batterie verwendet. Dennoch ist die Reichweite beim Hecktriebler höher, der mit 13,8-14,8 kWh WLTP-Verbrauch besonders sparsam ist: Bis zu 627 km sind nach Norm möglich. Beim Allradler beträgt der Verbrauch 15,3-16,5 kWh, die Reichweite maximal 592 km. Aufgeladen wird beim alten Akku mit 1,9 kWh/min, beim neuen mit 2,1 kWh/min - beides gute Werte für ein 400-Volt-Auto, auch wenn der Mercedes EQS bei 2,7 kWh/min liegt. Der Akku wird automatisch oder manuell vorkonditioniert.
Schon auf den ersten Metern fiel die sehr leichtgängige Lenkung auf. Sie wirkt anfangs ziemlich nervös, aber man gewöhnt sich daran. Schon am zweiten Tag des Testevents empfand ich dieses Merkmal nicht mehr als negativ.
Unschön ist aber, dass man keine wirklich starke Schubrekuperation einstellen kann. Dreht man den Lenkstockhebel rechts (mit dem man auch die anderen Fahrmodi P, N, R und D aktiviert) auf "B", wird die Bremswirkung beim Loslassen des Gaspedals zwar stärker, aber nicht wirklich stark. Fürs One-Pedal-Driving in der Stadt wird das nicht reichen. Außerdem kommt der Capri auf diese Weise nicht bis zum völligen Stillstand - der Kriechgang lässt sich nicht deaktivieren.
Auch das Fahrwerk gefiel mir nicht besonders. Im Vergleich zum zuletzt getesteten Mini Aceman (der zwei Klassen niedriger antritt) schwankt der Wagen deutlich stärker in der Kurve und beim simulierten Pylonen-Wedeln. Ähnlich wie die Lenkung und die schwache Rekuperation wäre für mich das kein Ausschlusskriterium, aber da sind die Geschmäcker unterschiedlich. Für den Capri werden übrigens (anders als für den ID.5) keine adaptiven Stoßdämpfer angeboten.
Wir haben den Ford Capri bereits detailliert mit dem Polestar 2 verglichen, und auch einen Vergleich mit anderen Rivalen angestellt. Das Ergebnis: Der Capri mit 210 kW punktet besonders mit seinem niedrigen Verbrauch und der hohen Reichweite von bis zu 627 km. Mit dem Aktionspreis von knapp 51.000 Euro ist er etwas teurer als die Konkurrenten (wie der VW ID. 5 Pro), aber der Unterschied dürfte kaum kaufentscheidend sein - da wird man sich eher an der Optik orientieren. Zumal die Ausstattung bereits serienmäßig sehr gut ist. So gut, dass wenig Extras angeboten werden müssen.
Ein ernst zu nehmender Konkurrent ist jedoch das Tesla Model Y Long Range RWD: Es bietet bessere Fahrleistungen und einen größeren Kofferraum, kommt mit 600 km annähernd gleich weit. Hier fehlen allerdings Herstellerangaben zum Ladeverhalten.
Der Ford Capri bietet vor allem eine eigenständige Optik. Der europäische Chefdesigner Murat Güler hat das neue Modell optisch deutlich von den Äquivalenten des VW-Konzerns abgesetzt, und zwar außen wie innen. Nur ein weiterer, überflüssiger Klon ist das Auto also nicht. Technisch und preislich gibt es aber wenig Unterschiede zu den anderen MEB-Coupé-SUVs.
Die Antriebe sind okay, ohne einen vom Hocker zu reißen, die Maximalreichweite von 627 km nicht Spitze, aber sehr gut. Auch die Ladegeschwindigkeiten sind für ein 400-Volt-Autos ziemlich hoch. Positiv überrascht war ich vom Kofferraum, dessen Klappe nicht so klein ist wie gedacht.
Ärgerlich fanden wir die wackeligen Tasten am Lenkrad und die arg gewöhnungsbedürftige Logik mit den drei Tasten für vier Fensterheber. Diese Details würden mich mehr stören als das etwas weiche Fahrwerk, die nervöse Lenkung oder die schwache Rekuperation. Alles in allem aber ist der Ford Capri aber eine willkommene Bereicherung für das Segment - vor allem wegen des eigenständigen Designs.
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