• 30.05.2024 10:05

  • von Stefan Leichsenring

BMW i5 Touring im Test: Hochtechnischer Autobahn-Gleiter

Man braucht kein Studium, um den i5 zu fahren - Aber beschäftigen muss man sich schon mit der Elektronik - Das beginnt schon beim Luftausströmer

(Motorsport-Total.com/Motor1) - BMW scheint auf den Geschmack zu kommen und elektrifiziert immer mehr seiner Verbrenner. Den Anfang machte der elektrische X3 namens iX3, dann folgte der iX1 und inzwischen geht es auch an die Limousinen: Das 4er Gran Coupé kam als i4, der 7er als i7 und nun der 5er als i5. Nun startet die Kombiversion des i5. Wir haben sie in den Versionen eDrive40 und M60 schon getestet.

Titel-Bild zur News: BMW i5 Touring

BMW i5 M60 xDrive Touring (2024) im Test Zoom

Die genannten Motorisierungen bieten einen 250-kW-Heckantrieb beziehungsweise ein 442 kW starkes Allradsystem. In unserer Tabelle unten sehen Sie die wichtigsten Daten. Bald kommt noch der 295 kW starke xDrive40 hinzu, der in der Limousine schon offeriert wird.

BMW i5 eDrive40 Touring
Antrieb: RWD, 250 kW, 430 Nm
0-100 km/h / Spitze: 6,1 Sek. / 193 km/h
WLTP-Stromverbrauch: 16,5-19,3 kWh/100 km
Akku / WLTP-Reichweite: 81 kWh netto / 483-560 km
Max. Ladeleistung AC/DC: 11/205 kW
Min. Ladedauer DC: 30 min (10-80%)
Anhängelast 12%: 1.500 kg (750 kg gebremst)
Preis: 72.200 Euro

BMW i5 M60 xDrive Touring
Antrieb: AWD, 442 kW, 820 Nm
0-100 km/h / Spitze: 3,9 Sek. / 230 km/h
WLTP-Stromverbrauch: 18,3-20,8 kWh/100 km
Akku / WLTP-Reichweite: 81 kWh netto / 445-506 km
Max. Ladeleistung AC/DC: 11/205 kW
Min. Ladedauer DC: 30 min (10-80%)
Anhängelast 12%: 2.000 kg (750 kg gebremst)
Preis: 101.500 Euro

Bevor ich losfahre, lasse ich mir die Bedienung erklären. Sie ist in vielen Details ähnlich wie beim kürzlich gefahrenen Mini Cooper Electric (der ein ähnliches Betriebssystem hat). Als Schlüssel dient auch beim i5 in der Regel das Handy. Mein Testwagen ist so eingestellt, dass das Auto entriegelt und das System gestartet wird, sobald ich mit dem Handy in der Tasche am Türgriff ziehe.

Innen erwartet mich das Curved Display, das aus zwei Monitoren nebeneinander besteht. Die Zierleisten, wo man früher mal die Wahl hatte zwischen Chrom und Holz, ändern sich im Aussehen mit dem Fahrmodus: Im Sportmodus sind sie rot, im Efficiency-Modus grünlich und so weiter. Vermutlich kann man die Farbe aber auch einstellen, wenn einem das Rot zu aggressiv und das Grün zu ökologisch ist - oder wenn es einem schlicht "zu bunt wird" (im doppelten Sinn des Wortes).

Wie beim Mini gibt es die Rekuperationsmodi Adaptiv, Stark, Mittel und Schwach. Zusätzlich gibt es noch den B-Modus, der über den Getriebe-Wahlhebel in der Mittelkonsole angeschaltet wird und damit am leichtesten erreichbar ist. Damit aktiviert man nicht nur die stärkste Rekuperation, sondern deaktiviert auch den Kriechgang. Das heißt, nur in diesem Modus kommt das Auto zum kompletten Stillstand, wenn man das Gaspedal freigibt.

Ansonsten zeigt man mir noch zwei nützliche Tasten in der Mittelkonsole: Mit der einen werden die Fahrzeugeinstellungen auf den Touchscreen geholt, mit der anderen die Fahrmodi. Die Fahrmodi sind mir genau wie beim Mini zu zahlreich und zu wenig intuitiv verständlich. In einem Modus wird das Rollo am Glasdach geöffnet, wenn ich zurück zum ursprünglichen Modus wechsle, schließt es sich aber nicht wieder. Nun ja, das sind Details.

Aber diese Details sind dann doch ein wenig symptomatisch. Denn es gibt viele Details, die sich dem Anfänger nicht sofort erschließen. Das beginnt schon bei den Luftausströmern: Für das Luftvolumen gibt es kleine Touch-Slider, die Richtung des Luftstroms wird dagegen mit mechanischen Bedienröllchen gesteuert. Es dauerte, bis ich das herausfand. Bedienen lässt sich das System ohne Probleme, nur eben nicht ohne Beschäftigung damit.

Fond und Kofferraum

Der i5 basiert auf einer Multi-Energy-Plattform, das heißt, bei der Karosserie musste man Kompromisse eingehen. So hat das Auto einen Mitteltunnel, der für die Verbrenner und Plug-in-Hybride nötig ist. Aber sonst ist davon im Fond nicht viel zu merken, wie uns schon beim Test des i4 auffiel. Kopf- und Kniefreiheit sind für mich als 1,76 Meter große Testperson ausreichend.

Der 570 bis 1.700 Liter fassende Kofferraum ist ebenfalls gut nutzbar. Ein nettes Plus hier: Die Rücksitze lassen sich mithilfe einer mechanischen Entriegelungsklappe vom Heck aus umklappen.

Fahreindrücke

Nun aber zum Fahren. Der eDrive40 ist von seinem Antrieb her eher unauffällig. 250 kW sind für ein fast fünf Meter langes Schiff nicht allzu viel. So ist das Fahrgefühl kaum aufregender als im konkurrierenden VW ID.7 Pro mit 210-kW-Heckantrieb. Die 250-kW-Version ist nicht untermotorisiert. Sie ist definitiv die richtige Motorisierung für alle, die kaum Wert auf Fahrspaß legen, denen das Vorankommen am wichtigsten ist.

Das ändert sich auch nicht, wenn man den Boost-Hebel links am Lenkrad zieht - nur damit wird die volle Leistung von 250 kW aktiviert, sonst sind es nur 230 kW. Für wie lange das Leistungsplus zur Verfügung steht, wusste Antriebsexperte Robert Heinemann auch nicht so recht.

Ganz anders der M60, den ich am Nachmittag fuhr. Diese Version ist zumindest im Sportmodus so aggressiv, dass der mitfahrende Kollege um mehr Behutsamkeit beim Gasgeben bat - zurecht, denn in diesem Modell haut es einem schon mal den Hinterkopf an die Kopfstütze. Die Alternative für Grobmotoriker wie mich ist ein sanfterer Fahrmodus, wie zum Beispiel Efficient. Im M60 fallen denn auch erstmals die Fahrsounds auf, denn hier machen sie sich beim Gasgeben deutlich bemerkbar. Ehrlich gesagt: Ich würde sie abstellen. Der Hyundai Ioniq 5 N macht das richtig gut, das Gestöhne im M60 ist mir zu künstlich.


Fotostrecke: BMW i5 Touring im Test: Hochtechnischer Autobahn-Gleiter

Wirklich beeindruckend am i5 Touring fand ich die autonomen Fahrfähigkeiten. Bei allen Elektroautos, die ich getestet habe, musste ich alle paar Minuten am Lenkrad rütteln oder es zumindest anfassen, um dem System klarzumachen, dass ich noch Herr meiner Sinne bin. Nur dann bleiben Abstandstempomat und Spurhalteassistent aktiviert. Nicht jedoch beim i5. Da bleibt das autonome Fahren zeitlich unbegrenzt aktiv. Allerdings nur so lange, bis man unaufmerksam wird. Ein kurzer Blick in den Spiegel ist erlaubt, aber nicht längeres Bewundern der Landschaft oder gar der Blick aufs Handy.

Nicht ganz so nützlich fand ich den automatischen Spurwechsel: Auf der mittelstark frequentierten Autobahn schlug ihn das System nur selten vor. Und wenn doch, dann scherte gleich hinter mir schon ein anderes Auto nach links aus und mein i5 ruderte zurück. Oder ich wollte den hinter mir aufgelaufenen Fahrer nicht zu lange warten lassen und steuerte manuell auf die langsamere Spur zurück.

Ladeplanung, Vorkonditionierung und Aufladen

Um die Ladeplanung zu testen, ließ ich das Navi eine Route von München nach Paris ausknobeln. Das Ergebnis war (wie im Mini) eine Karte mit eingezeichneter Route, wobei die Ladestopps mit Symbolen markiert waren. Die von mir erhoffte Liste mit den einzelnen Stopps zeigte der i5 nicht. Diese lässt sich auf den Bildschirm zaubern, aber nur wenn man weiß wie - wir brauchten wie bei Mini einen BMW-Fachmann dazu.

Leicht zu finden ist dagegen die Vorkonditionierung der Batterie. Diese wird automatisch angestoßen, wenn man einen Schnelllader als Navi-Ziel eingegeben hat, man kann sie aber auch manuell aktivieren - eine Seltenheit, die sich im Alltag aber bezahlt macht, wenn man öfter einen wohlbekannten Schnelllader ansteuert, ohne immer das Navi zu bemühen.

Ich machte auch einen kurzen Ladeversuch an einer Allego-Säule mit 300 kW. Das Auto unterstützt Plug & Charge, aber dazu muss natürlich ein Vertrag im Auto hinterlegt sein, was bei den Testwagen nicht der Fall war. Also hielt ich halt die mitgegebene Ladekarte an die Säule. Nach kurzem Einpegeln zeigte die Säule 149 kW an - bei einem schon recht niedrigen Ladestand von rund 30 Prozent. Nicht gerade viel Ladeleistung, wie ich finde. Dazu passt, dass auch die Ladeplanung vorschlug, bei jedem Stopp nur bis rund 50 Prozent zu laden. Das liegt an der Ladekurve, die beim i5 zwar bis 205 kW hochreicht, aber schnell abfällt.

Reichweite, Ladeleistung, Preise, Ausstattung etc.

Mit seinen maximal 560 km Reichweite muss sich der BMW i5 Touring so manchem Elektro-SUV geschlagen geben. Bei der Ladeleistung und der Ladedauer sieht es besser aus: Die von mir berechnete Ladegeschwindigkeit von 1,9 kWh/min ist so ziemlich das Maximum, was mit 400-Volt-Technik möglich ist. Die 800-Volt-Modelle von Hyundai/Kia/Genesis sowie von Porsche und Audi spielen in einer anderen Liga. Nimmt man beides zusammen, dann enttäuscht der BMW i5 hier, zumal da es sich um ein (ziemlich teures) Autobahn-Auto für die Langstrecke handelt.

Preise und Ausstattung des BMW i5 Touring habe ich bereits in meinem Vergleich des BMW i5 Touring (250-kW-Hecktriebler) mit dem VW ID.7 Tourer (210-kW-Hecktriebler) ausführlich behandelt. Hier nur mein Fazit: Den besseren Fahrleistungen des BMW steht der niedrigere Stromverbrauch sowie die höhere Reichweite des VW gegenüber. Beim Schnellladen liegen beide auf dem gleichen Level. Von den "elektrischen" Daten her würde ich den VW bevorzugen, denn er ist über 20.000 Euro günstiger. Die Ausstattung ist bei BMW besser, aber für die Aber für die genannte Preisdifferenz kann man bei VW eine Menge Extras dazu bestellen.

Technische Details zu Antrieb und Batterie

Bei dem Testtermin wurde ich auch noch ein paar Fragen bei BMW-Antriebsexperte Robert Heinemann los. Zum Beispiel die Elektromotoren: Alle Maschinen, die im i5 verwendet werden, liegen zwischen 190 und 250 kW. Da liegt es nahe, dass alle die gleiche Hardware haben. Bei den Heckmotoren stimmt das, sagt Heinemann, aber der Frontmotor ist anders dimensioniert: Hier sind Rotor und Stator kürzer.

Und die Batterie: Da der i5 auf einer Verbrennerplattform, hat er einen Mitteltunnel. Um den Platz zu nutzen, wurden auch in diesen Batteriezellen eingebaut. Im Boden liegen (wie beim i4 mit 81-kWh-Batterie) vier große Module mit je 72 prismatischen Zellen. Darüber hinaus gibt es aber noch drei kleinere Module mit je 12 Zellen, davon eines hinter der Batterieplatte und zwei längs im Mitteltunnel (wo sonst Getriebe und Antriebswelle untergebracht sind).

Vermutlich enthalten alle Module die gleichen Zellen. Bei fast allen Modulen werden sie parallel zur Fahrtrichtung eingebaut, nur bei dem kleinen Modul hinter der batterieplatte quer zur Fahrtrichtung. Ganz sicher war sich da aber auch Heinemann nicht.

In einem anderen Röntgenbild fällt ein Kästchen vorne im Auto auf. Dabei handelt es sich um die Combined Charging Unit (CCU), sagte mir der Fachmann. In ihr vereint sind der Bordlader, der DC-DC-Konverter (zur Erzeugung von 12 Volt) und das "Gehirn" des i5: Die Elektronik legt die Verteilung der Antriebskraft fest, regelt das Thermomanagement und so manches andere.

Fazit

Mit einer Länge von fast fünf Metern ist der BMW i5 Touring partout kein Auto für die Stadt, eher schon für die Landstraße (wenn sie mal nicht verstopft ist), aber vor allem für die Autobahn. Dort liegt er durch das Fahrwerk und die schwere Batterie im Bauch schön ruhig und man fühlt sich auch bei Tempo 200 noch nicht unsicher. Auf der Autobahn macht sich auch das hochautomatisierte Fahren nützlich, das der i5 beherrscht wie kaum ein anderes Auto.

Für all das zahlt man mindestens 72.000 Euro. Schon die Basisversion lohnt sich wohl nur für Leute, die auf der Autobahn mehr oder weniger zu Hause sind. Denn der 20.000 Euro günstigere VW ID.7 Tourer bietet ähnliche Daten und ähnlich viel Kofferraum. Wer Fahrspaß will, muss sogar über 100.000 Euro (für das M-Modell) überweisen. Und hat dann ein Modell, das weder übermäßig viel Reichweite noch besonders schnelles Laden bietet.

Ansonsten war mein subjektiver Eindruck auch von Überforderung geprägt: Der i5 ist ein unglaublich komplexes System, mit sehr viel Elektronik und vielen, vielen Details, die sich nicht von selbst erschließen. Das beginnt schon bei den Luftausströmern, mit denen man sich erst mal beschäftigen muss, bevor man sie bedienen kann. Sind das nur die Probleme eines alternden Boomers? Nein, ich lasse mich gern begeistern von moderner Technik. Aber gerade in hochklassigen Autos wird es mir dann auch mal zu viel ...

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