Vergleich LMP1 und Formel 1: Überraschung in Sao Paulo

(Motorsport-Total.com) - Die LMP1-Autos der WEC werden für die Piloten der Formel 1 offenbar immer attraktiver. Nico Hülkenberg hat sich bei seinem Arbeitgeber Force India die Freiheit errungen, 2015 mit Porsche in Le Mans fahren zu dürfen. Fernando Alonso und Felipe Massa statteten der Langstrecken-WM in Bahrain und Brasilien private Besuche ab und zeigten sich von der Szene angetan. Woran liegt das Interesse der Stars aus der Königsklasse? Zum Teil an den Entwicklungen in der Formel 1, zum Teil an der zunehmenden Attraktivität der WEC.

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Über 328 km/h: Porsche war beim Topspeed der Formel 1 schon sehr nahe Zoom

Die neuen LMP1-Autos sind zwar langsamer als die Boliden der Formel 1 und erreichen auch nicht ganz die Rundenzeiten der GP2, aber in Relation zum Fahrzeuggewicht ist das Tempo der Prototypen äußerst beeindruckend. Beispiel Interlagos: Formel 1 und WEC gastierten dort unter vergleichbaren Bedingungen mit nur geringem zeitlichen Abstand. Im Vergleich der schnellsten Rennrunden waren die LMP1-Werksautos um rund vier Sekunden langsamer als die besten Formel-1-Fahrzeuge.

Wo und wie kommt dieser Abstand zustande? Bei der Betrachtung der Sektorenwerte gibt es eine Überraschung. Den LMP1-Autos hätte man vor allem im kurzen dritten Sektor mit seinem langen Vollgas-Bergaufstück gute Chancen eingeräumt, sehr nahe an den Formel-1-Zeiten zu sein. Tatsache ist aber: In diesem knapp 20 Sekunden langen Abschnitt, in dem die LMP1-Autos ihren kräftigen Boost nutzen können, ist die Königsklasse um rund 1,5 Sekunden schneller, im ersten Sektor gewinnen Mercedes, Williams und Co. genauso viel.

Hybrid, Reifen und Allrad: Schub in Sektor zwei

Ausgerechnet im langen zweiten Abschnitt mit vielen Kurven ist die LMP1 der Formel 1 am nächsten. Die Topautos der Königsklasse brauchten im Rennen für dieses schwierige Mittelstück gut 38 Sekunden. Die Audis benötigten dort am vergangenen Sonntag nur eine einzige Sekunde mehr - also nur rund 2,6 Prozent länger, während der Mehraufwand in den anderen Sektoren bei fast zehn Prozent lag. Im kurvenreichsten Abschnitt der Strecke sind die um über 250 Kilogramm schwereren LMP1-Autos fast genauso schnell. Wie kann das sein?

"Tatsache ist, dass die LMP1-Autos weniger Abtrieb erzeugen und außerdem deutlich schwerer sind. Die Antwort muss also in einem ganz anderen Bereich liegen", sagt Toyota-Technikchef Pascal Vasselon auf Nachfrage von 'Motorsport-Total.com'. Der erfahrene Franzose erklärt: "Es bleiben zwei bis drei andere Bereiche, die dort im zweiten Sektor entscheidend hineinspielen." Aus Sicht des Kenners beider Szenen sind die Faktoren Hybrid, Reifen und Antrieb zu nennen.

"Die LMP1-H-Autos setzen pro Runde mehr Hybridenergie wieder frei. Während bei den Formel-1-Fahrzeugen eine Konzentration dieses Boosts auf die 'Power-Sektoren' stattfindet, haben wir die Möglichkeit, eine ganze Menge an Hybridenergie auch im zweiten Sektor zu nutzen", sagt Vasselon. "Genau dort hilft uns dieser Boost nämlich unter anderem auch beim Management des Verkehrs."

"Natürlich ist der zweite Sektor einer, der Downforce verlangt. Aber dieser langsame Abschnitt ist auch durch das Griplimit bestimmt", erklärt der frühere Reifenfachmann der Formel 1. "Es ist sehr wahrscheinlich, dass unsere Michelin-Reifen an den LMP1-Fahrzeugen mehr Grip bieten als die Pneus der Formel 1. Als dritten Faktor sehe ich noch den Antrieb. Wir nutzen am Kurvenausgang den Allrad, was die Traktion natürlich signifikant verbessert."