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  • 25.12.2013 08:22

  • von Roman Wittemeier

Unfälle in Le Mans: Die Gefahr fährt mit

'Motorsport-Total.com'-Redakteur Roman Wittemeier über die Sicherheits-Diskussionen in Le Mans und den schmalen Grat zwischen Wonne und Wahnsinn

Titel-Bild zur News: Allan Simonsen

Die WEC-Teams Allan Simonsen halten Allan Simonsen in Erinnerung Zoom

Frohe Weihnachten, liebe Le-Mans-Freunde,

kurz vor dem Jahresende ist mal Zeit, einen Blick zurück auf die Geschehnisse von Le Mans 2013 zu werfen. Es ist seither viel Zeit vergangenen - es läuft sogar schon die Bewerbungsphase um die Startplätze 2014. Als Eindruck des diesjährigen Rennens ist sicherlich nicht nur bei mir der fatale Unfall von Allan Simonsen haften geblieben. An den Crash erinnere ich mich, an die folgende Normalität im Rennbetrieb und in der journalistischen Arbeit allerdings auch.

Direkt nach dem Unfall war wohl niemandem klar, dass er solch schlimme Konsequenzen haben würde. Die heftigen Zwischenfälle der vergangenen Jahre haben die Einschätzungen solcher Situationen verändert. Marc Gene ist mit seinem Peugeot geflogen, Anthony Davidson mit seinem Toyota, Allan McNish und Mike Rockenfeller sind mit ihren Audis brutal eingeschlagen - all diese Szenen sahen furchtbar aus, hatten aber nicht einmal annähernd die Konsequenzen wie beim tragischen Unglück von Allan Simonsen.

Hat man sich zu sehr an schwere Unfälle in der Le-Mans-Szene gewöhnt? Ist man abgestumpft, oder blind geworden? Die Sicherheit auf dem Circuit de la Sarthe ist ein Thema. Auch wenn Le Mans eine Ikone ist, so muss eine Diskussion über mögliche Veränderungen dennoch gestattet sein. Die Szene ist in zwei Lager gespalten. Im Rahmen einer Umfrage von 'Motorsport-Total.com' gaben 43,87 Prozent von über 2.000 Teilnehmern an, dass "etwas an der Strecke getan werden muss". Nur wenige Fans meinen, dass die Autos sicherer (7,09 Prozent) oder langsamer (3,43 Prozent) werden sollten.

Fast ein Drittel (32,09 Prozent) aller Umfrageteilnehmer meinen, dass zu Le Mans "die Gefahr dazugehört", weitere 13,51 Prozent sind der Ansicht, dass "alles bleiben soll wie bisher". Klartext: Es gibt mehr Le-Mans-Anhänger, die die bisherige Situation für angemessen halten als Fans, die nachhaltige Konsequenzen aus dem jüngsten Todesfall fordern. Ich persönlich habe mich gefragt, wo ich in diesem Dilemma eigentlich stehe. Nach langem Überlegen muss ich sagen: auf beiden Seiten gleichzeitig. Ich wäre für Anpassungen, die den Charakter keineswegs verändern.

Zwischen Rennstrecke und öffentlicher Straße

Tradition hin oder her: Es darf nicht sein, dass ein direkt hinter der Leitplanke stehender Baum den Effekt der Barriere nichtig macht. Es gibt gerade an der Simonsen-Unfallstelle einfachste Möglichkeiten, um solch fatale Einschläge in Zukunft zu verhindern. Viele Beobachter (auch viele Fahrer) sind der Meinung, dass es vollkommen ausreiche, die Leitplanke an der linken Seite auf der Zufahrt zu Tertre Rouge als Bogen weiter fortzuführen, um Fahrzeuge im Falle eines Unfalls tatsächlich in günstigem Winkel zu leiten.

An jener Stelle geht die Rennstrecke in die öffentliche Straße über. Aus der Tertre Rouge geht es auf die D338, also die Hauptstraße zwischen Le Mans und Tours. Weil jener Abschnitt außerhalb der offiziellen Sessions für den öffentlichen Verkehr freigegeben wird, ist die Leitplanke an jener Stelle unterbrochen - sie beschreibt eben nicht jenen Rechtsbogen, den die Rennlinie vorgibt. Nur wegen dieser Lücke im Barrierensystem konnte der Aston Martin nahezu ungebremst in einem solchen Winkel einschlagen.

Roman Wittemeier

Traurig, aber wahr: Ich habe nach dem Tod von Allan einfach weitergemacht Zoom

Ob die Bäume an jener Stelle abgeholzt werden, ist derzeit noch ungewiss. Immerhin hat der ACO Verbesserungen in der Tertre Rouge versprochen. Die Untersuchungen der französischen Behörden dauern unterdessen an. Die örtliche Polizei hat sofort nach dem Unfall eine Ermittlung eingeleitet, weil sich der Zwischenfall auf jenem Teil ereignete, der als öffentliche Straße gilt. Das Ergebnis der polizeilichen Untersuchung steht noch aus, der ACO will sich zum laufenden Prozess nicht äußern.

Beobachter in Frankreich gehen davon aus, dass der Crash Konsequenzen haben wird. Angeblich ist der Plan, die D338 in der gesamten Rennwoche für den öffentlichen Verkehr zu sperren. Dies würde eine Installation von verbesserten Barrieren ermöglichen und den Charakter der Traditionsstrecke in keinster Weise verändern. Le Mans muss bleiben wie es ist. Die stets lauernde Gefahr macht einen Teil des Reizes des großen Klassikers aus. Es ist eben keine Retortenstrecke. Nicht ohne Grund heißt es "Le Mans gewinnst du nicht, Le Mans lässt dich gewinnen".


Fotostrecke: Allan Simonsen (1978 bis 2013)

In meinen Gedanken bin ich bei Allan Simonsen und den viel zu vielen Toten, die uns der geliebte Motorsport im Jahr 2013 schmerzhaft beschert hat. Mein größter Wunsch: 2014 mögen alle gesund nach Hause kommen!

Viele Grüße,

Roman Wittemeier

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