• 25.10.2010 13:45

  • von Roman Wittemeier

Regelwerk 2011: Der ACO gerät unter Druck

Das neue Le-Mans-Regelwerk wirft bei Herstellern und Teams noch viele Fragen auf: Wann kommt die Einstufung? Wie will man den F-Schacht unterbinden?

(Motorsport-Total.com) - Die Marschroute steht fest, aber es hapert beim neuen Regelwerk des ACO noch an Details. Die Hersteller und Chassischmieden liegen derzeit in den Endzügen der Entwicklung der neuen Autos, aber möglicherweise müssen gewisse Bereiche kurzfristig noch einmal umgestaltet werden. Ungewissheit herrscht vor allem bezüglich der "Haifischflosse" und der Einstufungen.

Titel-Bild zur News:

Der ACO in Le Mans muss sich Gedanken um den F-Schacht machen

Wie von 'Motorsport-Total.com' exklusiv berichtet, erlaubt das neue Le-Mans-Reglement in der aktuellen Form den Bau eines F-Schachts, also jenes aerodynamischen Kniffs, den McLaren in der Formel 1 salonfähig machte. Dabei wird durch ein ausgeklügeltes Kanalsystem auf Wunsch Luft auf den Heckflügel gejagt. Dadurch entsteht ein Strömungsabriss, der Luftwiderstand sinkt, der Topspeed nimmt zu.

Vor allem für das Saisonhighlight in Le Mans - und nur um dieses eine Rennen pro Jahr geht es den Herstellern wirklich - ist die Aussicht auf einen F-Schacht verlockend. Die kurvigen Passagen nach Start und Ziel sowie in den schnellen Porsche-Bögen könnte man mit vollem Abtrieb fahren, auf den langen Geradeausstücken dann den F-Schacht aktivieren und deutlich mehr Speed herausholen.

"Bisher ist es erlaubt, jedenfalls beinhalten die aktuellen Regeln nichts, was es verbieten würde", bestätigte Oreca-Technikchef David Floury vor einem Monat im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'. Die Verantwortlichen an der Sarthe wurden sofort hellhörig. Seither rauchen in Le Mans die Köpfe, denn der ACO ist in der Zwickmühle. Man will an unbedingt daran festhalten, die "Haifischflosse" bei den Prototypen verpflichtend vorzuschreiben, weil man sich mehr Sicherheit verspricht.

Gleichzeitig müssen die Technikexperten des ACO nun einen Weg finden, damit die Hersteller und Teams diese Flosse zwischen Motor und Heckflügel nicht für einen F-Schacht missbrauchen, denn sonst könnten alle Sicherheitsbemühungen wieder auf den Kopf gestellt sein. "Ich hoffe, dass man so etwas verbietet, bevor jemand so etwas einbaut", so Floury.

Passiert ist bisher nichts, denn man konnte sich immer noch nicht auf einen entsprechenden Weg einigen. Favorisiert wird derzeit allerdings eine recht einfache Lösung: Man will den Querschnitt der Finne am hinteren Ende festschreiben. Wenn man das Maß so knapp wählt, sodass zwar Stabilität gewährleistet ist, man aber keinen Platz für den F-Schacht mehr hat, dann wäre das Problem gelöst.

Die Flosse als Streitobjekt: Die Hersteller wittern die Chance auf einen F-Schacht Zoom

Solange der ACO allerdings keine klare Formulierung gefunden hat, sind die Chassisfachleute gezwungen, sich mit dem F-Schacht auseinanderzusetzen - zu groß wären die Vorteile eines solchen Systems. Die Zeit drängt, denn Peugeot spult schon jetzt unzählige Kilometer mit dem neuen Dieselboliden ab, Audi soll nach Informationen von 'feedmesportscars.com' im kommenden Monat mit dem neuen R18 testen.

Unterdessen sorgt auch der Einstufungsplan des ACO für Diskussionen. Die Franzosen haben angekündigt, erst nach dem Saisonauftakt in Sebring sowie den ersten beiden LMS-Rennen eine endgültige Einstufung für Le Mans vorzunehmen - sehr spät also. "Unsere Motoren werden im März und April produziert. Wenn danach etwas entschieden wird, können wir nicht mehr reagieren", kritisert Audi-Sportchef Wolfgang Ullrich gegenüber 'Autosport'.

Der ACO könnte sich somit selbst ein Bein stellen, meint Peugeot-Technikchef Bruno Famin. "Wenn die Regeln nach drei Rennen geändert werden, dann kann es passieren, dass alles zuvor nur Spielerei war", so der Franzose. Klartext: Solange die endgültigen Einstufungen nicht vorliegen, gibt niemand wirklich Vollgas. Sonst begibt man sich in die Gefahr, vor dem Saisonhighlight künstlich eingebremst zu werden.