Pascal Wehrlein: So verrückt war sein WEC-Debüt im Porsche 963 in Spa
Pascal Wehrlein hat bei den 6h Spa sein WEC-Debüt mit Porsche gegeben - Warum er am Donnerstag mit Verspätung anreiste und welchen Eindruck er hinterließ
(Motorsport-Total.com) - Als Vorbereitung auf seine diesjährige Premiere bei den 24 Stunden von Le Mans hat Pascal Wehrlein sein Debüt in der Langstrecken-WM (WEC) gegeben. Allerdings nicht ohne Herausforderungen: Der Deutsche traf am Donnerstag verspätet in Spa ein und verpasste dadurch nicht nur das Fahrerbriefing, sondern auch das erste Freie Training.

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Pascal Wehrlein musste sich in Spa mit dem Verkehr zurechtfinden Zoom
Allerdings war dies im Vorfeld mit den Organisatoren abgestimmt. Wehrlein hatte zuvor im Porsche-Simulator in Weissach noch eine intensive Vorbereitung auf das bevorstehende Formel-E-Rennen in Tokio absolviert. "[Es war] hektisch, aber er hat es sehr gut gemeistert", lobt Porsches LMDh-Leiter Urs Kuratle im Gespräch mit Motorsport-Total.com.
"Pascal muss jetzt den Spagat zwischen Formel E und Langstreckensport schaffen", erinnert Kuratle an das Doppelprogramm des 30-Jährigen. "Und das ist anspruchsvoll, weil es sich um zwei völlig unterschiedliche und technisch hochkomplexe Fahrzeuge handelt. Sich jeweils auf das andere umzustellen, ist definitiv nicht einfach."
Diese Herausforderung sei Porsche jedoch bewusst gewesen, als die Entscheidung fiel, Wehrlein für Le Mans zu nominieren. So ging es für den Deutschen nach dem Wochenende in Spa direkt weiter nach Tokio, wo am kommenden Wochenende bereits das nächste Formel-E-Rennen ansteht.
Wehrlein mit gutem WEC-Debüt in Spa
Der Auftritt in Belgien verlief dennoch vielversprechend - auch wenn Wehrlein, der sich den Penske-Porsche #6 mit Laurens Vanthoor und Kevin Estre teilte, am Ende lediglich den neunten Platz belegte. "Es war gut, wieder Rennrunden mit dem Porsche 963 zu fahren und das erste Mal mit Penske zusammenzuarbeiten", resümiert der Deutsche.

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Wehrlein war schon bei den 24h Daytona im Porsche 963 am Start Zoom
"Aber das Resultat entspricht natürlich nicht dem, was wir uns erhofft haben", räumt der amtierende Formel-E-Weltmeister ein. "Wir waren relativ weit weg von der Pace und hatten hohen Reifenverschleiß. Wir müssen jetzt schauen, wie wir uns in den nächsten Wochen verbessern können."
Bei Porsches LMDh-Leiter Urs Kuratle hat Wehrlein dennoch Eindruck hinterlassen. "Pascal hat das sehr gut gemeistert", betont der Schweizer, der hervorhebt, dass Wehrlein sein erstes WEC-Rennen absolvierte. "Und [es war] kein einfaches Rennen heute, auch für Pascal im Mittelstint. Aber er hat es wirklich sehr gut gemacht. Und ich denke, er hat jetzt die optimale Vorbereitung für Le Mans."
Das Rennen in Spa sei ein zentraler Bestandteil dieser Vorbereitung gewesen. "Natürlich geht er nochmal in den Simulator, hat dann eine gute, lange Vorbereitungszeit", erklärt Kuratle. "Mit dem Test in Le Mans bekommt er sicher nochmal einiges an Zeit im Auto. Das wird er tadellos meistern, ich habe da keinerlei Bedenken."
Wehrlein bereits mit Erfahrung im 963
In Le Mans wird Wehrlein allerdings nicht mit Estre und Vanthoor antreten, sondern gemeinsam mit Felipe Nasr und Nick Tandy. "Da gibt es leider aufgrund der Terminkollisionen keine Möglichkeit, dass sie zu dritt ein Rennen miteinander fahren", stellt Kuratle klar.
Dennoch betont er, dass sich das neue Trio "logischerweise kennt", und auch der Porsche 963 ist für Wehrlein kein unbekanntes Arbeitsgerät. "Pascal ist ja in Daytona schon gefahren. Und da haben wir schon ein bisschen auf diese Entscheidung hingeschielt."

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Mit dem Start in Le Mans erfüllt sich Pascal Wehrlein einen Traum Zoom
"Bisher war immer die Idee, keinerlei Kompromisse einzugehen und sich voll auf eine Meisterschaft zu konzentrieren - in meinem Fall war das immer die Formel E", sagt Wehrlein im Gespräch mit Sportscar365. "Seit meinem Einstieg bei Porsche war ein Doppelprogramm kein Thema."
"Es war klar, dass wir in der jeweiligen Meisterschaft unsere Arbeit machen mussten, und wenn sich dann Möglichkeiten ergeben, könnten sich daraus Türen öffnen." Nach seiner starken Formel-E-Saison im vergangenen Jahr, die Wehrlein mit dem WM-Titel krönte, sei dieser Moment nun gekommen.
Le-Mans-Teilnahme ein Traum für Wehrlein
"Dass Porsche ein drittes Auto nach Le Mans bringt, war dann der Ausgangspunkt vieler Überlegungen, ob das etwas für mich sein könnte", sagt der 30-Jährige mit einem Grinsen. "Man kann sagen, dass daran nun schon seit ein paar Monaten gearbeitet wird."
"Die Idee, irgendwann einmal in Le Mans zu fahren und im Langstreckensport aktiv zu sein, hatte ich schon lange", gibt Wehrlein zu, der nach DTM-Gesamtsieg und Formel-E-Titel auch den Triumph an der Sarthe anpeilt. "Aber bisher gab es einfach nie die Gelegenheit, weil der Fokus ganz auf der Formel E lag."
Nachdem er in Daytona noch für das Porsche-Kundenteam JDC-Miller an den Start gegangen war, absolvierte Wehrlein in Spa sein erstes WEC-Rennen mit dem Werksteam von Penske. "Hier ist das Umfeld natürlich deutlich größer - mehr Leute, ein viel umfangreicheres Team", vergleicht er.
"Hier dreht sich alles um den Erfolg. Alles ist extrem leistungsorientiert", erklärt der aktuelle Porsche-Werksfahrer. "Gleichzeitig bin ich nun seit fünf Jahren bei Porsche, kenne entsprechend viele Leute, daher ist es für mich auch nicht völlig neu."
Porsche-Pilot Wehrlein "lernt nie aus"
Mit dem Porsche 963 und dem WEC-Umfeld müsse er sich dennoch weiterhin intensiv auseinandersetzen. "Ich denke, man lernt nie aus", sagt Wehrlein. "Der größte Unterschied ist natürlich das Fahren im Verkehr mit unterschiedlichen Fahrzeugtypen und Klassen. Man versucht, beim Überholen so wenig Zeit wie möglich zu verlieren."
Ansonsten sei es allerdings "ein Rennwagen wie jeder andere auch", meint der DTM-Champion von 2015. "Dinge wie Fahrerwechsel und dergleichen muss man natürlich üben, aber wenn man es einmal kann, ist das kein Problem mehr."
Das Auto verhält sich etwas anders, auch die Reifen sind anders. Ich muss die Systeme möglichst gut verstehen", betont Wehrlein, der auch über Formel-1-Erfahrung verfügt. "Alles entwickelt sich mit zunehmender Erfahrung."
Nico Müller mit Renndebüt im Porsche 963
Auch Nico Müller absolvierte in Spa seinen ersten WEC-Renneinsatz im Porsche 963. Der Schweizer wird bei den 24 Stunden von Le Mans aber nur als Ersatzfahrer zur Verfügung stehen. Gemeinsam mit Julien Andlauer und Michael Christensen belegte er im Penske-Porsche #5 den zwölften Rang.
"Es hat grundsätzlich Spaß gemacht, aber natürlich wäre man gerne weiter vorne gewesen", räumt Müller im Gespräch mit Motorsport-Total.com ein. "Wir hätten gerne mehr Pace gehabt und uns weiter nach vorne orientiert. Aber mit meinem Doppelstint bin ich eigentlich sehr zufrieden."

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Auch Nico Müller feierte in Spa sein Renndebüt im Porsche 963 Zoom
Zu Beginn des Rennens habe Porsche einen Reifensatz gespart und beim Boxenstopp deshalb keinen Wechsel vorgenommen. "Ich bin voll im Doppelstint gefahren und hatte die Spiegel voll mit Leuten, die frische Reifen hatten", schildert der Werksfahrer.
Porsche-Werkfahrer "hatte Spaß im Rennen"
"Von dem her musste ich mich breit machen, hatte ein paar coole Zweikämpfe und viel Spaß da draußen." Im Laufe seines Stints konnte sich Müller vom 13. auf den neunten Gesamtrang verbessern. "Das war okay und es hat Spaß gemacht, mit dem Team zu arbeiten", lautet sein Fazit.
"Aber die Performance war heute einfach generell nicht da, um ganz nach vorne zu kommen. Das Rennen haben wir uns anders vorgestellt, da brauchen wir kein Blatt vor den Mund zu nehmen", so der Schweizer abschließend. "Wir waren nicht schnell genug und auch aus strategischer Sicht nicht immer ganz auf der glücklichen Seite."
Dennoch sei das WEC-Rennen in Spa von großer Bedeutung gewesen. "Definitiv konnten wir einiges für die Vorbereitung auf Le Mans aus diesem Rennen lernen", betont Müller. "Wenn wir hieraus die richtigen Schlüsse ziehen, ist es für mich okay so."


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