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  • 28.01.2009 09:19

  • von Roman Wittemeier

Mücke-Interview: "Man bekommt eine Gänsehaut"

Aston-Martin-Werkspilot Stefan Mücke im exklusiven Interview über den Traum vom Le-Mans-Podest und die Vorbereitung des neuen LMP1-Boliden

(Motorsport-Total.com) - Die Benziner wollen in Le Mans zurückschlagen. Nachdem sich in den vergangenen Jahren immer nur Audi und Peugeot mit ihren Dieselboliden um den Sieg beim Langstreckenklassiker an der Sarthe duellierten, wagt endlich mal wieder ein Werksteam mit Benzinerpower den Angriff auf den Thron. Aston Martin will zum 50-jährigen Jubiläum seinen Gesamtsieg von 1959 wiederholen. Mit an Bord ist der Berliner Stefan Mücke. Der ehemalige DTM-Pilot beschrieb im Interview mit 'Motorsport-Total.com' seine Freude über den Werksvertrag und die Aussichten für die kommenden Rennen.

Titel-Bild zur News: Stefan Mücke

Stefan Mücke wird mit dem Aston-Martin-Werksteam in Le Mans angreifen

Frage: "Stefan, wie ist das Gefühl als neuer Aston-Martin-Werksfahrer?"
Stefan Mücke: "Das ist super. Ich bin sehr stolz darauf. Das ist in der gesamten Konstellation sicherlich noch einmal eine Steigerung zum vergangenen Jahr. Das ist für die gesamte Serie gut und natürlich auch für mich. Das wertet auch mich als Fahrer noch einmal auf. Ich denke, wir werden für dieses Jahr ein sehr, sehr gutes Paket haben."#w1#

Nachteil: Serienmotor

Frage: "Wann gab es denn die ersten Vorzeichen, dass es 2009 zu einem werksseitigen Einsatz kommen könnte?"
Mücke: "Es war nach dem doch sehr erfolgreichen vergangenen Jahr immer schon irgendwie ein Gesprächsthema. Man hat schon länger überlegt, was man macht und wie man es weitermachen kann. Wir haben uns im Zuge der neuen Regeln - also bezüglich der neuen Restriktoren - gefragt, ob es überhaupt noch Sinn macht, unseren Motor weiterhin zu fahren. Doch man hat dann relativ zeitig gesagt, dass man ein Konzept erstellen wird und jetzt bin ich natürlich sehr, sehr glücklich darüber, dass es funktioniert und abgesegnet wurde."

Frentzen Wendlinger

Im vergangenen Jahr holte sich Aston Martin mit dem DBR9 den GT1-Sieg Zoom

Frage: "Euer Triebwerk ist ein V12-Serienmotor. Wo liegen die Vor- und Nachteile dieses Triebwerks?"
Mücke: "Die Nachteile liegen auf der Hand und die haben wir auch im vergangenen Jahr gespürt: die Bauweise, die Länge und das Gewicht des Motors. Da ist ein V10 von Judd natürlich viel kompakter und leichter. Im vergangenen Jahr hatten wir noch einen kleinen Bonus. Wir durften einen etwas größeren Restriktor fahren aufgrund des seriennahen Motors."

"Dieser Vorteil ist in diesem Jahr weg. Von daher bin ich sehr gespannt, wie es aussehen wird. Der Motor hat auch Vorteile. Die Leistungsentfaltung ist klasse. Er hat ein sehr breites Drehzahlband. Beim Verbrauch waren wir noch nicht ganz so gut, aber das sind dann Punkte, an welchen gearbeitet wird und wo wir Verbesserungen erzielen können."

Antrieb: Renngeschichte

Frage: "Aston Martin hat bei der Bekanntgabe deutlich darauf hingewiesen, dass es genau 50 Jahre her ist, dass man den bisher einzigen Gesamtsieg in Le Mans holte. Ist dieses Jubiläum für euch Fahrer eine große Verpflichtung?"
Mücke: "Nein, eigentlich nicht. Ich würde es jedenfalls nicht Verpflichtung nennen. Aston Martin ist natürlich bemüht, einen solchen Erfolg zu wiederholen - logischerweise. Es wird alle Energie da hineingesteckt, um das auch zu ermöglichen. Man muss dabei aber auch realistisch bleiben. Die Dieselautos sind extrem stark, speziell in Le Mans haben sie einfach ihre Vorteile. Da hat man es mit einem Benziner nicht leicht."

"Der Peugeot wird aus meiner Sicht nach wie vor das Maß der Dinge sein." Stefan Mücke

"Aber wir sind auf jeden Fall dran und werden unser Bestes geben. Momentan ist es schwer einzuschätzen, wo das Auto stehen wird. Man weiß überhaupt noch nicht, wie die anderen Teams mit den Änderungen im Reglement klarkommen, und man kann noch nicht abschätzen, wie sich die Diesel dann einsortieren. Da muss man sich überraschen lassen, wie es beim ersten Test aussieht."

Frage: "Es heißt, dass die Diesel mit den neuen Regeln zehn Prozent Leistung verlieren, euch nimmt man drei Prozent weg. Also holt ihr im Grunde sieben Prozent auf. Reicht das, um an die Dieselmaschinen heranzukommen?"
Mücke: "Naja, es hat im vergangenen Jahr schon gereicht, um manchmal die Audis zu ärgern. Wenn es auch meist nur im Qualifying war oder in den ersten paar Rennrunden, aber wir waren schon sehr nahe dran. Ich denke, mit denen sind wir auf jeden Fall auf einem Niveau."

"Der Peugeot wird aus meiner Sicht nach wie vor das Maß der Dinge sein. Da spielt nicht nur der Motor eine Rolle, sondern auch das gesamte Chassis. Der mechanische Grip, den der Peugeot entwickelt, ist phänomenal. Das kann man genau beobachten. Das wird immer noch eine große Hausnummer sein und da werden wir es sicherlich nicht ganz so einfach haben."

Frage: "Wie wird euer Test- und Vorbereitungsprogramm aussehen?"
Mücke: "Im Moment ist da noch nichts fix. Wir wollen natürlich so viel wie möglich testen. Aber wir haben vorher noch viel Arbeit vor uns. Von daher kann man noch nicht genau sagen, wann es losgeht."

Vorteil: Teamwork

Frage: "Neben deinen bisherigen Teamkollegen Jan Charouz und Tomas Enge kommt auch Darren Turner ins Werksteam. Gibt es schon eine Mannschaftsbildung?"
Mücke: "Nein, noch nicht zu 100 Prozent. Ich tendiere aber zu einer Konstellation, wie wir sie im vergangenen Jahr hatten. Wir drei sind sehr gut miteinander klargekommen und es ist wichtig, dass man da einen gewissen Rhythmus drin hat, zum Beispiel beim Fahrerwechsel. Mit Jan arbeite ich jetzt schon im dritten Jahr zusammen. Da gibt es genaue Handgriffe und man weiß genau, worauf es ankommt. Die Routine macht viel aus. Es wäre Quatsch, da jetzt großartig etwas an der Konstellation zu ändern."

Der LMP1-Wagen von Aston Martin wird mit einem Vierliter-V12-Motor befeuert Zoom

Frage: "Beim Anblick des Boliden in der klassischen 'Gulf'-Lackierung schlägt bei vielen Fans das Herz höher. Geht dir das auch so?"
Mücke: "Ja, ich finde es absolut klasse. Gerade in dieser 'Gulf'-Lackierung hat es einen deutlichen historischen Hintergrund. Als Fahrer ist man total stolz darauf, dass man in einem solchen Auto fahren darf. Das kann man dann jedem zeigen und sagen: 'Schau mal, da habe ich drin gesessen'. Das ist schon etwas ganz Besonderes, wo man eine Gänsehaut bekommt."

Frage: "Ist das bisherige Charouz-Team eigentlich nun in Aston Martin aufgegangen? Gibt es Charouz in dieser Form nicht mehr?"
Mücke: "Man muss dazu erklären, dass es auch im vergangenen Jahr schon so war, dass ein paar Charouz-Mechaniker in England waren, aber das Auto hauptsächlich von Prodrive - also Aston Martin - betreut und vorbereitet wurde. An dieser Konstellation hat sich eigentlich nicht ganz so viel geändert, sondern diese Mechaniker werden das dann eben nur bei Aston Martin direkt machen. Ich arbeite also nach wie vor mit den gleichen Leuten zusammen."

Frage: "Abschließend natürlich die Frage: Wo wollt ihr in Le Mans landen?"
Mücke: "Wir wollen erstmal ankommen. Das ist das oberste Ziel. Wir wollen möglichst auch unfallfrei durchkommen. Wenn man dann am Ende auf dem Treppchen stehen könnte, dann wäre das ein Supertraum."