• 03.06.2010 10:22

Der neue Audianer: Benoît Tréluyer

Audi-Neuzugang Benoît Tréluyer im Interview über seine Beziehung zu Le Mans, seine Erfahrungen mit Henri Pescarolo und den Weg nach Ingolstadt

(Motorsport-Total.com) - Audi hat sich für die Le-Mans-Revanche gegen Peugeot in Teilen neu aufgestellt. Im dritten Fahrzeug setzt man auf ein frisches Trio, das den R15 TDI möglichst weit nach vorne bringen soll. Neben Marcel Fässler und André Lotterer spielt Benoît Tréluyer eine entscheidende Rolle. Der Franzose bringt von seinem Einsatz mit Pescarolo im Vorjahr wichtige Informationen über den Peugeot 908 HDi FAP mit nach Ingolstadt. Über die bevorstehende Le-Mans-Woche berichtet Tréluyer im Interview.

Titel-Bild zur News: Benoit Treluyer

Benoît Tréluyer bringt wichtige Peugeot-Erfahrungen mit zu Audi

Frage: "Benoît, wann hast du Le Mans erstmals wirklich wahrgenommen?"
Benoît Tréluyer: "Das war beim Sieg des Mazda 787B mit Vier-Rotor-Wankelmotor im Jahr 1991. Ich war 15 Jahre alt und völlig fasziniert vom Anblick der Autos, wenn sie unter dem Dunlop-Bogen hindurchdonnerten. In genau diesem Moment in die Leidenschaft für Le Mans in mir erwacht."#w1#

Frage: "Wann hast du erstmals selbst am Rennen teilgenommen?"
Tréluyer: "Das war 2002 mit der Dodge Viper von Oreca. Meine Teamkollegen waren damals Jean-Philippe Belloc und Jonathan Cochet. Ich bin in dem Jahr rund elf Stunden gefahren, weil Jonathan bei der Hitze im Cockpit zu sehr abbaute. Wir wurden Dritter in unserer Klasse."

Frage: "Was war deine bisher schönste Erinnerung?"
Tréluyer: "Auch 2002, die letzte Runde mit der Viper. Ich habe damals meinen ersten Einsatz bei den 24 Stunden von Le Mans beendet und hatte das Gefühl, einen guten Job gemacht zu haben. Die Streckenposten wedelten mit den Flaggen, die Zuschauer stürmten auf die Strecke. Diese Bilder sind im Kopf präsent geblieben. Sie bleiben es für immer."

Der große Crash mit dem Pescarolo-Peugeot

Frage: "Was war dein schlechtester Moment dort?"
Tréluyer: "Das vergangene Jahr mit dem Peugeot 908 HDi FAP! Um kurz nach vier in der Früh, als wir gerade wieder auf Platz vier hinter die Werkswagen gefahren waren, brach das Auto urplötzlich seitlich aus. Ich schlug in Tertre Rouge heftig in die Barrieren. Es war das erste Mal, dass ich in Le Mans nicht die Zielflagge sah."

Benoit Treluyer

Benoît Tréluyer zerlegte den Pescarolo-Peugeot am frühen Morgen Zoom

Frage: "Spielt es eine Rolle, dass deine Heimatstadt Alençon nicht weit entfernt ist?"
Tréluyer: "Ich will mich nicht selber weiter unter Druck setzen, aber natürlich ist es toll, dass ich nahe der Heimat bin. Wenn man so lange Zeit in Japan war, weit Weg von der Familie, dann ist es schon etwas Besonderes. Meine Familie wird natürlich nach Le Mans kommen."

Frage: "Was sagst du zu Henri Pescarolo, der im vergangenen Jahr dein Teamchef war?"
Tréluyer: "Er ist wirklich 'Mister Le Mans'. Aber er ist mehr als das: Er ist einer der besten Typen im gesamten Sport. Er hat mir viel beigebracht und mir ganz besondere Momente in meiner Karriere ermöglicht. In diesem Jahr habe ich Wolfgang Ullrich als Chef an der Boxenmauer. Er ist auch ein Gigant im Motorsport. Ich lerne immer neue Dinge, wenn ich ihn treffe."

Frage: "Was ist 2010 dein Ziel?"
Tréluyer: "Ich will sicherstellen, dass Audi gewinnt! Wir haben ein tolles Auto. Unsere Mannschaft mit André Lotterer und Marcel Fässler ist stark und ich bin motivierter denn je. Kristensen, Capello und McNish haben in Le Mans viel mehr erreicht, sie haben deutlich mehr Erfahrung mit dem Event und mit Audi. Aber wir haben die nötige Frische, die wir einbringen können!"

Der Event beginnt eine Woche vor dem Rennen

Frage: "Wie sieht deine Vorbereitung aus?"
Tréluyer: "Es war die beste Vorbereitung, die ich jemals hatte. Es ist das erste Mal, dass ich die Möglichkeit hatte, mich seit Januar auf den Event intensiv vorzubereiten. In anderen Jahren wusste ich zu jenem Zeitpunkt noch nicht einmal, ob ich in Le Mans starten würde. Meistens wurde mein Vertrag sonst immer erst einen Monat vor dem Rennen unterzeichnet."

"Ende vergangenen Jahres haben sie mich wegen Le Mans kontaktiert." Benoît Tréluyer

Frage: "Wie geht es in die Le-Mans-Woche?"
Tréluyer: "Sie startet am Sonntag, genau eine Woche vor dem Event. Man bezieht sein Zimmer, wo man schlafen wird und seine persönlichen Dinge unterbringt. Alles muss perfekt organisiert sein, damit dich nichts vom eigentlich Ziel ablenken kann."

Frage: "Wann steht der erste Termin an?"
Tréluyer: "Das wird beim Scrutineering auf dem Place de Jacobins in der Innenstadt sein. Dort treffen wir erstmals auf die vielen Fans. Dort sagst du immer zu dir: 'Das ist es, es geht los!'."

Frage: "Wann gab es den ersten Kontakt zu Audi?"
Tréluyer: "Es lief über eine befreundete Journalistin, die sich fragte, warum eigentlich niemand in Europa an André Lotterer und mich denkt. Nachdem sie die Audi-Jungs lange Zeit bequatscht hatte, bekamen wir tatsächlich vor zwei Jahren eine Chance bei einem DTM-Test. Ich konnte allerdings nicht teilnehmen, weil es eine Terminkollsion mit meinen Nissan-Aufgaben in Japan gab. Aber Ende vergangenen Jahres haben sie mich wegen Le Mans kontaktiert."

Aufregenung bei ersten Testfahrten im R15

Frage: "Wie lief das erste Treffen ab?"
Tréluyer: "Es war aufregend, weil ich mich gut verkaufen wollte. Aber ich kam dann auch schnell wieder runter. Die Atmosphäre war professionell, aber gleichzeitig sehr entspannt. Es gab keinerlei Druck. Alles war eindeutig und präzise. Bei diesem ersten dreitägigen Test ging es darum, das Auto und das Team kennenzulernen."

Benoit Treluyer, Marcel Fässler

Benoît Tréluyer fand schnell einen Draht zum Audi-Team und zum Fahrzeug Zoom

Frage: "Welche Qualitäten siehst du beim Audi R15 TDI?"
Tréluyer: "Er ist einfach zu fahren, im Cockpit komfortabel und die Anzeigen sind wenig kompliziert. Alles ist für die Fahrer konzipiert worden, damit man im Cockpit das Maximum geben kann. Der Motor ist toll und die Aerodynamik sehr effizient. Das ist bezüglich der Performance sehr wichtig."

Frage: "Ist Le Mans noch Langstrecke, oder schon Sprint?"
Tréluyer: "Ein Langstreckenrennen. Auch wenn das Tempo sehr hoch ist, so ist der Langstreckenaspekt immer noch am wichtgsten. Das hat sich im vergangenen Jahr gezeigt, als der Siegerwagen nicht der schnellste der Peugeots war. Man muss im Verkehr vorsichtig sein, muss sich aus allen Zwischenfällen heraushalten, die in einem solch langen Rennen passieren. Man muss schnell fahren, ohne dabei am ultimativen Limit des Autos zu sein. Du musst die ganze Zeit entschlossen und vorsichtig zugleich sein."

Frage: "Was denkst du über die Mulsanne-Gerade?"
Tréluyer: "Ich bin nie die alte Version gefahren, die ewig lang gewesen sein muss. Heutzutage mit den schwierigen Schikanen darin ist es nicht mehr dasselbe. Aber wenn du aus Tertre Rauge herauskommst und sich die Gerade vor dir entfaltet, dann ist das auch heute noch sensationell."

Frage: "Was ist deine größte Sorge?"
Tréluyer: "Kontakt mit einem anderen Auto zu haben. Gerade mit den GT-Wagen kann das schnell mal passieren."

Sonne, Regen und die Dämmerung

Frage: "Soll es regnen, oder die Sonne scheinen?"
Tréluyer: "Ohne Zweifel: Sonne bitte! Mit dem Speed, den wir mit den Prototypen fahren, ist es im Regen wirklich nicht lustig. Normalerweise mag ich Regenrennen, aber in Le Mans soll bitte die Sonne scheinen."

"Ich liebe es bei Sonnenuntergang." Benoît Tréluyer

Frage: "Welche Phase im Rennen ist am schönsten?"
Tréluyer: "Ich liebe es bei Sonnenuntergang. Diese Zeiten der Dämmerung bezeichnen wir in Frankreich als 'entre chien et loup' - also zwischen Hund und Wolf. In dieser Phase passieren immer verrückte Sachen. Wenn die ersten Leute von der Strecke fliegen, dann wissen wir immer, dass es nun anders wird."

Frage: "Wie steht es um den Schlaf?"
Tréluyer: "Das ist außerhalb des Cockpits immer unsere größte Sorge. Man muss einfach schlafen! Ich mag es daher, wenn das Rennen in lange Stints unterteilt ist. Dann hast du wenigstens die Zeit, alles in Ruhe zu machen: vernünftig essen, behandeln lassen, schlafen und entspannt wieder aufwachen. Wenn du drei Stunden zwischen zwei Stints hast, dann bekommst du nicht einmal eine Stunde Schlaf."

Frage: "Fährst du lieber in der Rolle des Jägers oder des Gejagten?"
Tréluyer: "Der erste Platz ist immer der beste! Man kann ein Rennen kaum besser kontrollieren als von der Spitze. Wenn du der Jäger bist, dann musst du mehr Gas geben."

Frage: "Wie ist das Verhältnis zu den Teamkollegen?"
Tréluyer: "Wir alle agieren als Einheit. Wenn die Kommunikation nicht stimmt, dann kommen die Informationen auch nicht richtig beim Team und den Ingenieuren an. Wenn ein Fahrer die Bremsbalance verstellt und es den anderen nicht sagt, dann landet der nächste Pilot in der ersten Kurve im Kiesbett. Es muss perfekte Kommunikation und absolutes Vertrauen unter den Teamkollegen herrschen. Wenn das nicht klappt, dann kann es nicht funktionieren?"


Fotos: LMS in Spa-Francorchamps


Frage: "Wie wichtig sind die Boxenstopps?"
Tréluyer: "Du kannst mit einem schlechten Stopp schnell mal sieben bis zehn Sekunden verlieren. Im normalen Leben ist das gar nichts, aber in Le Mans brauchst du einen kompletten Stint oder mehr, um diese Zeit wieder hereinzuholen. Die 24 Stunden werden auch an der Box gewonnen."

Frage: "Fährst du lieber den Startstint, oder die letzten Runden?"
Tréluyer: "Ich bin noch nie Startfahrer gewesen, würde mich aber ohnehin für das Ende entscheiden. Die Fahrt ins Ziel ist viel emotionaler. Der Start ist Stress, das Ende ist Glücksgefühl. Heutzutage ist das Rennen nach der Zieldurchfahrt leider sofort vorbei. Früher ist man eine volle Ehrenrunde gefahren. Das war für Piloten ein toller Moment. Heutzutage musst du dein Auto aber sofort nach dem Zielstrich abstellen."

Frage: "Wie steht es um das Podest?"
Tréluyer: "Das Podium in Le Mans wird dem gigantischen Event wirklich gerecht. Das ist der Ort, an dem ich am 13. Juni stehen möchte!"

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