• 22.01.2010 12:58

  • von Roman Wittemeier

Smith und das Leben im Kokon

Vizeweltmeister Bradley Smith will sich 2010 mit Aspar die 125er-Krone holen: Ein Leben für den Erfolg im Motorsport

(Motorsport-Total.com) - Julian Simon war der große Dominator der vergangenen 125er-Saison. Aspar-Teamkollege Bradley Smith war auf dem Weg zum Titel der einzige Widersacher, der das Tempo des Spaniers mitgehen konnte. Allerdings machte der Brite noch zu viele Fehler, warf wichtige Punkte und Erfolge oftmals in den Kies. Dies soll sich 2010 ändern. Smith hat bei Aspar verlängert und geht als klarer Favorit in die neue Saison.

Titel-Bild zur News: Bradley Smith

Der lachende Jüngling: Bradley Smith konnte 2009 zwei Siege einfahren

Der 19-jährige Youngster aus Oxford ordnet im Leben alles dem Erfolg unter. "Ich bin erwachsen, fühle mich aber nicht so", erklärt Smith im Interview mit 'Motor Cycle News'. "Ich habe keinen Job, jedenfalls keinen richtigen, habe kein Vermögen, keine Freundin, wasche nicht selbst und zahle auch die Stromrechnungen nicht aus der eigenen Tasche. Ich koche höchstens manchmal selbst. Aber eigentlich wird mir immer alles gebracht."#w1#

Smith machte seine ersten Motorsporterfahrungen im Motocross. Auf den Ländereien seines Großvaters gab es eine Crossstrecke, auf welcher der Sprössling seit seinem fünften Lebensjahr viel Zeit verbrachte. Zumeist war der Nachwuchspilot dort in Gesellschaft von Erwachsenen, er erlebte also keine normale Jugend. "Ich habe mich wohlgefühlt, Motocross war meine Leidenschaft. Mit Rennen auf der Strecke hatte ich nichts am Hut. Selbst nach meinen ersten Tests auf der Rennstrecke war ich nicht überzeugt."

"In der Schule war ich nicht gerade der Beste. Aber bei mir ist es immer so, dass wenn irgendjemand behauptet, ich sei schlecht, dann will ich sofort das Gegenteil beweisen", sagt Smith über sein Kämpferherz. Vom Vater angetrieben versuchte sich der junge Brite in einer Motorsportakademie, doch er wurde nicht glücklich. "Das war nichts für mich. Kraft gibt mir bei so etwas immer meine Mutter. Sie ist sehr ausgeglichen und ruhig. Aber wenn sie zubeißt, dann beißt sie richtig."

Bradley Smith

Bradley Smith 2007: Unter Alberto Puig gab es nicht viel zu lachen Zoom

"Ich habe nur einen echten Freund, er lebt bei uns im Ort. Früher in der Schule waren es mehr Freunde, aber nun bewege ich mich fast nur noch im Rahmen der Familie. Ich gehe nicht mit Freunden aus", beschreibt der Youngster, der bei seinen Eltern wohnt. "Ich habe nicht das Geld für eine eigene Wohnung, außerdem gefällt es mir. Zu allererst würde ich mir sowieso ein Ferienhaus in Spanien oder Italien kaufen, wo ich im Winter trainieren könnte."

"Ich bekomme vom Team zwar Geld, aber das kann man vernachlässigen. Die meisten Leute im Motorsport bekommen gerade so viel, sodass es zum Überleben reicht", sagt Smith, der als Einzelgänger durchs Leben geht. "Mädels interessieren mich bisher nicht besonders. Bei den Grands Prix laufen diese schönen Models herum. Aber man muss wohl auf einem großen Bike sitzen, um für die in Frage zu kommen. Ich mache ohnehin keine halben Sachen. Wenn ich eine Freundin haben sollte, dann möchte ich sie entsprechend behandeln. Dafür fehlt mir aber die Zeit."

"Der Grand-Prix-Zirkus ist wie eine Familie. Wenn du mal etwas zu essen brauchst, dann hilft dir jeder aus der Patsche", sagt Smith über sein Arbeitsumfeld. Er fügt aber hinzu: "Wenn du echte Unterstützung brauchst, dann musst du dafür bezahlen. Früher hat sich Raoul um mich gekümmert, ein Mitareiter von Alberto Puig. Jetzt macht das Randy Mamola. Alberto will Siege um jeden Preis. Er ist nie zufrieden. Randy ist viel ruhiger, ich kann wieder lächeln."

"Ich möchte eher wie Rossi sein und nicht wie Pedrosa." Bradley Smith

"Randy hat mir viel beigebracht. Ich bin zwar noch kein strahlender Diamant, aber auch nicht mehr der kühle Felsen wie zuvor", beschreibt der 19-Jährige seinen Wandel aufgrund des Management-Wechsels. "Ich will ohnehin kein Roboter sein. Ich möchte eher wie Rossi sein und nicht wie Pedrosa. Menschen identifizieren sich mit Menschen, nicht mit Piloten. Schaut auf Rossi: Selbst als Casey Stoner den Titel gewann bekam Rossi mehr Applaus."

In der kommenden Saison möchte Smith endlich den Titel holen. Nach fünf Jahren bei den 125ern soll der Sprung in die Moto2 gelingen. "Meine ideale Feier würde so aussehen: Essen gehen mit meinen Mechanikern und meiner Familie, anschließend tanzen. Tanzen kann ich nicht, wahrscheinlich kann es im Grand-Prix-Zirkus außer Nicky Hayden niemand. Alkohol gäbe es für mich nicht, ich war noch nie betrunken. Das bringt's nicht. Im vergangenen Jahr gab es den Fall, dass ein Pilot wegen Trunkenheit am Sonntag nicht fahren konnte. So etwas wird mir nie passieren. Die Alkoholtrinker findet man ab Platz acht abwärts."