Rein, rauf, runter, raus: Boxenstopps in Perfektion

Red Bull gibt einen Einblick in die neuen Herausforderungen eines Boxenstopps: Schrauber nach Wegfallen des Nachtankens mehr im Fokus - Ist das Limit erreicht?

(Motorsport-Total.com) - Boxenstopps sind schon seit jeher das Salz in der Formel-1-Suppe. Jeder kennt die berühmte Choreografie eines perfekt durchgeführten Stopps, schon Kinder simulieren an Bobby-Car oder ähnlichem Gefährt einen Reifenwechsel wie in der Formel 1. In den vergangenen Jahren hat sich der Anblick in der Boxengasse jedoch verändert. Seit dem Tankverbot vor der Saison 2010 lastet noch mehr Zeitdruck auf den Reifenschraubern, schließlich hängt die Zeit jetzt an ihnen anstatt an der Benzinmenge, die in den Tank fließt.

Titel-Bild zur News: Mark Webber

Beim Boxenstopp sollte nach Möglichkeit alles in Synchronität verlaufen Zoom

"Man kann es nicht bis aufs Zehntel einschätzen, aber man bekommt ein inneres Gefühl, wenn ein Stopp sehr gut geklappt hat", beschreibt Ole Schack. Ole ist langjähriges Mitglied der Boxencrew bei Red Bull und in ihr mit für die Front des Wagens zuständig. "Du siehst es weniger, du hörst es eher", erklärt er. "Wenn alles synchronisiert klingt, heißt es, dass alle ihren Job zur selben Zeit machen. Dann weißt du, dass das Auto angekommen und kurz darauf wieder rausgefahren ist."

In Malaysia schafften es Ole und seine Crew, Mark Webber in 2,05 Sekunden abzufertigen - Weltrekord. "Man pusht immer. Man pusht die Entwicklung des Autos und des Equipments. Man pusht, Leuten bessere und schnellere Reaktionszeiten anzutrainieren. Die Fahrer pushen sich ebenfalls, weil sie schneller raus gelassen werden. Es ist ein echter Gruppeneinsatz, Boxenstopps zu verbessern - und die Zeiten, die in der Boxengasse auf- und abwärts gezeigt werden, verdeutlichen das auch. Aber ja, da kommt noch mehr", deutet der Red-Bull-Mann an.

"Kommen dem effektivsten Weg ziemlich nahe"

Wenn auch nicht viel, wie er zugibt: "Von dem Punkt an, an dem man sieben Sekunden Zeit hatte, weil Sprit ins Auto lief, haben sich die Prozeduren massiv verändert. Natürlich gibt es ein Limit. Ich glaube nicht, dass wir jemals einen einsekündigen Stopp sehen werden. Aber wir kommen dem effektivsten Weg, vier Reifen zu wechseln, schon ziemlich nahe."

Das schönste für eine Boxencrew sei ein Stopp, bei dem der Fahrer einen Platz gutmachen kann. Doch das ist natürlich die Ausnahme. "Wir schaben Bruchteile ab, die sich normalerweise nicht in Positionen umwandeln, aber vielleicht den Effekt haben können, dass man in das DRS-Fenster kommt - oder aus ihm entfliehen kann", erklärt Ole. "Die zwei oder drei Zehntel, die man beim Pitstopp finden kann, geben dem Fahrer eine bessere Chance, sich den Platz auf der Strecke zu holen - da kann ein Stopp den Unterschied machen."


Fotos: Red Bull, Großer Preis von Malaysia, Sonntag


In Malaysia unterbot Red Bull laut eigenen Angaben den Rekord von Jenson Button (2,31 Sekunden) gleich fünfmal. Bereits der erste Boxenstopp von Sebastian Vettel in Runde fünf sorgte mit 2,13 Sekunden für einen neuen Rekord. Für die Boxencrew seien solche frühen Stopps im Übrigen nicht ungewöhnlich, meint Ole, schließlich sei die Truppe nicht unvorbereitet. "Wir haben die frühen Stopps natürlich erwartet, das hält einen bei Spannung, wenn man vom Grid zurückläuft und sich vorbereitet."

Konstanz wichtiger als der Rekord

"Doch ehrlich gesagt ist das bei den weiteren Rennen nicht anders. Wir sind immer bereit für Boxenstopps, sobald das Rennen beginnt." Schließlich bestünde immer die Chance, dass ein Auto am Ende der ersten Runde reinkommt - normalerweise wegen eines kaputten Frontflügels oder eines Reifenschadens. "Malaysia war eigentlich sogar recht einfach", ergänzt Ole, "nicht wie Brasilien, wo wir bergauf rennen mussten, um vom Grid zu kommen."

Der neue Rekord von 2,05 Sekunden habe für den Red-Bull-Schrauber aber weniger Bedeutung, viel wichtiger sei der Fakt, dass der alte Rekord gleich fünfmal unterboten wurde. "Es ist schön, einen wirklich schnellen Boxenstopp zu haben, aber es ist die Konstanz, die zählt. Das ist in allen Sportbereichen so, egal ob Formel 1, Fußball oder Dart. Man zielt immer auf Konstanz."

Mark Webber

Die Boxencrew ist immer bereits, falls einer ihrer Fahrer in die Box kommt Zoom

"Natürlich wollen wir unsere Bestzeit schlagen und schneller werden, aber die Zwei-Sekunden-Marke zu knacken ist der 'Glory Run' und wir sind eher daran interessiert, unsere Durchschnittszeiten zu drücken", erklärt der Mechaniker. Das wirklich gute an der Malaysia-Performance sei daher gewesen, dass man die guten Stopps habe wiederholen können. "Das ist die Sache, die uns wahre Zufriedenheit verschafft", lächelt Ole.