• 24.11.2005 18:36

Wenn Formel-1-Teams shoppen gehen

Nicht alle Teile für das Auto bauen die Teams selbst - doch natürlich geht man beim Weltmeisterteam nur im "Feinkostladen" shoppen...

(Motorsport-Total.com) - Im Schatten der Renault-Formel-1-Workshops von Viry liegt eine Abteilung, deren Rolle nicht weniger wichtig ist als Design und Bau der Boliden: Leidenschaft und Konzentration auf kleinste Details sind auch abseits der Werkbänke von größter Bedeutung. Den Workshop in Viry zeichnet eine Besonderheit aus: "Die Teile, die wir verbauen, stellen wir nicht selbst her", erklärt Philippe Carrier, Leiter der Abteilung Einkauf, Logistik und Qualitätskontrolle.

Titel-Bild zur News: Zahnrad

Extern zugekaufte Teile werden bei Renault genaustens geprüft

Nur speziell ausgewählte Lieferanten sind für Viry im Einsatz: Hundert Firmen beliefern die Motorenabteilung Jahr für Jahr mit fast 1,5 Millionen Teilen. Um einen Motor für das Renault-Team zu bauen, muss die Beschaffung straff durchorganisiert sein.#w1#

"Wir müssen sicherstellen, dass hier nur Teile von höchster Qualität hergestellt werden, die exakt zur Spezifikation passen und dass alles rechtzeitig ankommt. Zudem halten wir stets Ausschau nach neuen Lieferanten, um unser hohes Qualitätsniveau zu halten. Außerdem überwachen wir die Qualität der angelieferten Teile", so Carrier.

"Von den 1,5 Millionen Teilen, die wir jedes Jahr kaufen, kommen 600.000 direkt vom Reißbrett", fährt der Franzose fort. "Die übrigen stammen unmittelbar aus der Serienproduktion. Meistens handelt es sich dabei um Verbindungselemente und Schrauben."

Der Einkauf setzt die Politik der Qualitätskontrolle des Renault-Teams um. Rund 20 Vollzeitbeschäftigte arbeiten in diesem Bereich - elf davon als Einkäufer, neun sind Spezialisten für Logistik und Qualitätskontrolle. Die Planung ist vergleichbar mit der in Enstone und, genau wie dort, von höchster Wichtigkeit.

Die bestellten Teile müssen rechtzeitig ankommen und an verschiedene Bereiche geschickt werden: Entwicklung, fortgeschrittene Studien, Rennmotor-Montage. Jede dieser Abteilungen setzt unterschiedliche Prioritäten und muss ihre Zeit entsprechend aufteilen.

"Es kommt schon einmal vor, dass wir direkt neben der Werkbank unserer Zulieferer stehen und warten, bis der Mitarbeiter dort seine Arbeit erledigt hat", lacht Carrier. "Zudem organisieren wir Spezialtransporte und laden den einen oder anderen Qualitätsexperten auch mal um 21 Uhr ein, weil ein wichtiges Teil früher als erwartet eingetroffen ist und sofort eingebaut werden muss."

Eine schnelle Reaktionszeit ist einer der Schlüssel zum Erfolg der Abteilung. "Vor meiner Arbeit im Renault-Team arbeitete ich mit Motor-Prototypen für Straßenfahrzeuge von Renault", schildert Carrier. "Es sind ähnliche Arbeitsabläufe, aber in der Formel 1 muss alles viel schneller gehen."

In den vergangenen Jahren herrschten französische Lieferanten vor, heute ist das anders: "Dank Bernard Dudot und Rob White arbeiten wir heute mit internationalen Spezialisten zusammen. Unsere Lieferanten sind in ganz Europa präsent. Zudem werden einige Teile speziell in Amerika hergestellt."

Jeder Lieferant wird nach strengen Kriterien beurteilt wie Qualität der Teile, Einhaltung der Deadlines und zum Teil auch dem Preis. Da ist kein Platz für Sentimentalitäten: "Wir sind Einkäufer", erläutert Carrier. "Und deshalb müssen wir den besten Preis aushandeln."

Die Saison 2005 erlebten die Mitarbeiter sehr intensiv: "Zwei Titel waren ein gerechter Lohn für all unsere Mühen", findet der Ingenieur. "In den vergangenen vier Jahren haben wir hart daran gearbeitet, die Besten zu werden. Jetzt haben wir es geschafft. Natürlich arbeiten wir hinter verschlossenen Türen und können die Erfolge nicht an der Rennstrecke feiern. Unsere Arbeit gibt uns trotzdem so viel, als wären wir selbst beim Grand Prix. Wir erfüllen unsere Jobs alle mit jeder Menge Leidenschaft."