Wurz: "Jedes Team hätte Pirelli helfen können"

Alexander Wurz will von einem Lotus-Vorteil in Bezug auf die Reifen nichts wissen und rechnet in China mit ähnlichen Kräfteverhältnissen wie in Malaysia

(Motorsport-Total.com) - Neben der Stallorder, die beim Grand Prix von Malaysia gleich in zwei Fällen im Mittelpunkt stand, sind die Pirelli-Reifen auch in der Formel-1-Saison 2013 eines der bestimmenden Themen. Nachdem Kimi Räikkönen beim Saisonauftakt in Australien mit einem Stopp weniger als die direkte Konkurrenz zum Sieg fuhr, wurden bereits Stimmen laut, wonach die diesjährige Generation der Pirelli-Pneus dem Lotus auf den Leib geschneidert wurde.

Titel-Bild zur News: Alexander Wurz

Alexander Wurz sieht Lotus gegen Red Bull und Ferrari auf Dauer ohne Chance Zoom

Hintergrund dieser Annahmen ist die Tatsache, dass das Testauto von Pirelli ein Renault aus der Saison 2010 und somit ein Urahn des diesjährigen Lotus E21 ist. Alexander Wurz will diesen Vorwurf allerdings nicht gelten lassen. "Jedes Team hätte Pirelli helfen können, ein Testauto zur Verfügung stellen können. Dazu wollte sich niemand durchringen", erinnert der Österreicher gegenüber 'Spox' an die weitreichenden Diskussionen, nachdem Pirelli den Toyota aus der Saison 2009 in die Ecke gestellt und sich nach einem neuen Testträger umgesehen hatte.

Wurz glaubt nicht, dass man in Enstone aus dem Umstand, das aktuelle Pirelli-Testauto gebaut zu haben, einen Vorteil ziehen kann: "Es sind Einheitsreifen, jeder hat die gleiche Anzahl an Tests - gleich viel Zeit, sich darauf einzustellen", bemerkt der Ex-Formel-1-Pilot, der inzwischen für Toyota in der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) erfolgreich ist.

Lotus für Wurz kein WM-Anwärter

Fakt ist: Über den Winter wurde die Konstruktion der Pirelli-Reifen maßgeblich verändert. "Im Vorjahr war viel vom Temperaturfenster abhängig, dem thermischen Einfluss", weiß Wurz und erklärt, worüber sich die Teams in dieser Saison die Köpfe zerbrechen: "Der Gummi scheint ein chemisches Problem zu haben, wird nicht hart. So reibt sich dieser auf dem Asphalt auf und bekommt das berühmte Graining."

Trotz Räikkönens Sieg beim Saisonauftakt in Melbourne sieht der 69-fache Grand-Prix-Starter aus Österreich das Lotus-Team in diesem Jahr noch nicht um den Titel mitfahren. "Ich kenne das Management von Lotus, sie sind sehr smart und innovativ. Sobald es neue Ideen gibt, zählen sie zu den Ersten", weiß Wurz und sieht das Problem vielmehr in einem anderen Bereich.

"Letztlich verfügt man nicht über das Budget, um mit der Entwicklung der Großen mitzuhalten. Sie können maximal ein Joker sein. Um nachhaltig zum Titel-Aspiranten aufzusteigen, fehlt es am nötigen Kleingeld." Bei Lotus freilich ist man überzeugt, sich nicht zuletzt aufgrund der mehrfach unter Beweis gestellten Innovationsfähigkeit (Stichworte automatische Höhenverstellung des Autos, passives DRS) mehr als nur über Wasser halten zu können.

Kritik an Ferrari-Entscheidung in Malaysia

Fernando Alonso

Frühes Sepang-Aus: Wurz macht Ferrari einen, Alonso aber keinen Vorwurf Zoom

Ein anderes Team hat Wurz schon eher auf der Rechnung, wenn es um den WM-Titel 2013 geht. "Ferrari war von den Rundenzeiten dabei, näher dran als im Vorjahr", blickt der Österreicher auf die beiden Rennen in Melbourne und Sepang zurück und ist überzeugt: "Sie sind von der Performance knapper an der Spitze als 2012. Entsprechend werden sie um Siege mitfahren."

Kritik übt Wurz jedoch an der Ferrari-Entscheidung in Sepang, als man Fernando Alonso mit kaputtem Frontflügel auf der Strecke ließ und so einen Boxenstopp sparen wollte. "Ich verstehe es nicht. Jeder muss wissen, wenn der Frontflügel nur noch mit der Hälfte der Struktur hängt, die Kräfte zu hoch werden können", argumentiert der erfahrene Rennfahrer und hält fest: "Man wollte einfach nicht wahrhaben, dass das Rennen nach Alonsos Fahrfehler gegessen war." Dem Spanier macht er für das Auffahren auf den Red Bull von Sebastian Vettel, das zum Bruch des Frontflügels führte, keinen Vorwurf. "Dass Alonso dieser Fehler passierte, ist menschlich", so Wurz.

China: Red Bull, Mercedes und dann der Rest?

So glaubt der ehemalige Formel-1-Pilot in Diensten von Benetton, McLaren und Williams, dass sich das Kräfteverhältnis an diesem Wochenende in Schanghai ähnlich darstellen wird wie in Sepang: "Nachdem die Pneus nicht mehr so temperatursensibel sind, wird das Kräfteverhältnis jenem in Malaysia ähneln: Red Bull und Mercedes knapp zusammen - und dann Ferrari."

An eine Wiederholung des Mercedes-Vorjahressiegs glaubt der Österreicher nicht unbedingt und begründet dies mit den veränderten Pirelli-Reifen. "Mercedes brachte die Pirellis sehr schnell in das richtige Fenster. Das war überall ein Nachteil. Der Reifen baute zu schnell ab, wurde vom Setup zu stark attackiert - außer in China, da half diese schlechte Eigenschaft", erinnert Wurz an den Premierensieg von Nico Rosberg, bei dem auch der damalige Teamkollege Michael Schumacher über weite Strecken der Distanz aussichtsreich im Rennen lag.