• 01.08.2010 22:21

Webber: Was wäre bei ausgeglichener Motorleistung?

Der Ungarn-Sieger im Interview über ein überzeugendes Rennen, seine mutige Entscheidung und wie er auf die Diskussionen um flexible Frontflügel reagiert

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Das war von dir ein überzeugender Sieg. Aber es waren wohl die 43 Runden in deinem ersten Rennabschnitt, die dir den Sieg beschert haben, oder?"
Mark Webber: "Ja, das ist richtig. Wir wussten, dass der Start auf dieser Seite etwas schwierig werden würde. Fernando bekam einen guten Start hin. Auch jener von Sebastian war sehr gut."

Titel-Bild zur News: Fernando Alonso, Mark Webber, Sebastian Vettel

Mark Webber: Über so ein Geschenk darf man auch mal jubeln...

"Wir alle fuhren bei der Zufahrt in die erste Kurve in den Windschatten, und dann hatten wir da ja auch noch Lewis Hamilton, ich musste aus diesem Grund sicherstellen, dass ich zumindest auf der dritten Position da raus komme. Falls nicht, dann konnte man ja sehen, was an der Spitze passierte."#w1#

"Dann richtete ich mir das Rennen ein. Man weiß ja, dass es hier sehr schwierig ist, auf der Strecke irgendwelche Manöver zu vollführen, solange nicht jemand einen Fehler macht. Aus diesem Grund war es keine Überraschung, Sebastian verschwinden zu sehen, während Fernando sein absolut Bestes gab."

"Ich verfolgte ihn und wartete auf den entscheidenden Teil des Rennens, um zu schauen, was passieren würde. Da waren die Boxenstopps. Dann hatten wir das Safety-Car, und ich musste von der Strategie abweichen, um zu versuchen, Fernando zu überholen, mir das Leben etwas einfacher zu gestalten."

"Aber sie verlangten von mir auf den weichen Reifen eine Menge. In dem Moment, als das Safety-Car auf die Strecke kam, bis zu dem Moment, als wir uns entschieden, den Stopp zu vollführen, wussten wir, dass wir rund 20 Sekunden benötigen. Aber ich sagte den Jungs, 'Lasst uns etwas mehr Puffer schaffen, um sicherzustellen, dass die Jungs beim Boxenstopp weniger Druck haben'. Man muss an alle Sachen denken. Aber sie hatten das sowieso im Griff."

"Der linke Vorderreifen war komplett am Ende, in Bezug auf die Haftung war es ziemlich schwierig, diesen Rennabschnitt zu beenden. Aber schlussendlich wusste ich, dass diese Jungs schon rund 20 Runden gefahren sind, als wir den härteren Reifen aufgezogen hatten. Da hatte ich das Rennen so ziemlich im Sack."

"Ich wusste, dass Sebastian beim Restart - warum auch immer -, ein paar Probleme hatte, und das war für mich heute so eine Art Geschenk. Aber ich hatte nicht viel Geschenke, also werde ich das heutige annehmen. Für Sebastian war das wirklich Pech, denn er hat ein paar Plätze verloren."

"Am Start habe ich den Kampf mit Fernando genossen. Es war nicht wirklich ein Kampf, aber wie ich schon sagte, versuchte ich einfach, das Maximum aus dem Auto heraus zu holen und den Druck aufrechtzuerhalten und Vorsprung auf Felipe und Lewis herauszufahren."

"Für das Team war das ein unglaublicher Tag. Ein weiterer Sieg. Der Doppelsieg war unser Ziel. Unglücklicherweise haben wir das nicht geschafft, aber wir haben dennoch ordentlich viele Punkte geholt, also war es ein guter Tag."

Frage: "Das war keine schlechte Art, um dein 150. Rennen zu zelebrieren. Und wir haben gehört, dass du beim Überholen von Michael Schumacher über Funk gesagt hast 'Junge, das fühlt sich gut an'."
Webber: "Nun, er hat das häufig gemacht, als ich in der Mitte des Feldes fuhr. Ein Kaliber wie Michael, ein Fahrer wie er, da weiß man, dass man auf diesem Niveau wirklich alles richtig hinbekommen muss. Gratulation an das Team, alle haben perfekt gearbeitet. Jemanden von der Qualität eines Michaels zu überholen, bedeutet, dass uns ein guter Tag gelungen ist. Das ist eine einzigartige Sache."

Frage: "Du gehst nun als Führender der Weltmeisterschaft in die Sommerpause. Wie viel bedeute dir das, und wie sehr spornt das für die Rückkehr an, wenn wir in Spa wieder zu den Rennen zurückkehren?"
Webber: "Der Sieg ist gut. Es ist immer gut, seine Möglichkeiten zu maximieren, egal, was deinen Gegnern passiert. Wir dürfen jedoch nicht abheben. Da kommen noch ein paar große Events. Sie alle haben dieselbe Anzahl an punkten zu vergeben, aber sie alle werden verschiedene Herausforderungen für uns als Team und technisch für die Autos darstellen."

"Es ist schön, dass wir ein paar Punkte mehr haben als andere Leute, aber lass uns nicht abheben. Ich freue mich mit Sicherheit auf die Pause. Sie kommt gerade rechtzeitig. Es folgen jedoch zwei sensationelle Veranstaltungen, mit der wir die Europa-Saison in Spa und Monza beenden. Darauf freue ich mich. Wir alle lieben es, in Spa zu fahren, also freuen wir uns darauf, dorthin zu kommen."

Frage: "Du hast es also geschafft, heute Nachmittag wach zu bleiben?"
Webber: "Haha, ja. Im ersten Abschnitt des Rennens dachte ich 'Tja, da haben wir's'. Schon wieder Budapest. Alle von uns haben um diese Strecke in der Dauer eines Rennens viele Autos verfolgt. Der Start war so ziemlich Standard, womöglich das, was wir erwartet hatten."

"Es war klar, dass es für mich sehr, sehr schwer sein würde, Sebastian am Start zu überholen. Es war klar, dass das Schadensbegrenzung sein würde. Fernando bekam einen sehr guten Start hin und lag direkt hinter Sebastian. Dann richteten wir uns den ersten Rennabschnitt ein."

"Es war absolut offensichtlich, dass Sebastian beginnen würde, sofort davon zu ziehen. Fernando fuhr am Limit, und versuchte, von den anderen Jungs im ersten Rennabschnitt davon zu ziehen. Ich wartete einfach auf den Stopp oder jenen Teil des Rennens, wo wir versuchen konnten, etwas im Hinblick auf Fernando zu unternehmen und eine zusätzliche Position gutzumachen, unsere Startposition zurückzuholen."

"Dann lag am Ausgang der ersten Kurve ein Trümmerteil auf der Strecke. Das Safety-Car wurde auf die Strecke gerufen, und wir mussten von der Strategie abweichen, um etwas anderes zu machen wie die Ferrari. Das war kein massives Zocken, aber auch nicht ohne Risiken."

"Wir wussten, dass der weiche Reifen ziemlich standfest war, aber ich musste dennoch das Limit finden, voll zu fahren, aber nicht über das Limit hinaus zu kommen. Wenn ich die Kontrolle über das Auto verloren hätte, hätte ich nicht genügend Abstand auf Fernando gehabt. Ich musste über 20 Sekunden auf ihn finden, und der vordere linke Reifen hat die letzten zehn Runden mit Sicherheit nicht genossen, besonders in der letzten Kurve."


"Ich war ziemlich glücklich mit der Art und Weise, wie ich dort gefahren bin. Ich wusste, dass ich ein paar ordentliche, konstante und solide Runden benötigte und gleichzeitig die zu Überrundenden überholen musste. Auch Fernando würde an ihnen vorbei kommen."

"All diese Faktoren sind im Rennen sehr wichtig. Als wir erst einmal den Vorsprung hatten, gestaltete dies den Jungs die Angelegenheit in der Boxengasse komfortabel. Ich war beim Stopp sehr konservativ, erledigte den Stopp und ging dann auf den härteren Reifen wieder auf die Strecke. Von da an kontrollierte ich das Rennen."

Frage: "Du hast gesagt, dass es ein wenig Zocken war. Du musst sehr wenig Zeit gehabt haben, um dich diesbezüglich zu entscheiden, am Ende blieben lediglich zwei Top-Fahrer auf der Strecke. Alle anderen kamen an die Box."
Webber: "Ja, da hätte man auch unsere Strategie-Jungs fragen müssen. Wir hatten nicht viel Zeit. Sebastian und Fernando, besonders Sebastian, hatte am wenigsten Zeit von uns allen, dann Fernando und plötzlich dachte ich darüber nach, als sie zu mir sagten 'Bleib' draußen, bleib' draußen', als ich aus Kurve 13 kam. Und als wir zur Boxengasse kamen, sagte ich 'Komm' schon Fernando, bitte fahr' an die Box, bitte fahr' an die Box, zieh' rüber, zieh' rüber'. Dann konnte ich zumindest etwas probieren."

"Er zog in die Boxengasse rüber und ich dachte, dass ich nun zu irgendeinem Zeitpunkt des Rennens meinen Stopp absolvieren muss. Das war in dieser Situation das Offensichtlichste, was man tun konnte. Für jemanden wie mich, der wohl einen Geschwindigkeitsvorteil hatte, konnten wir etwas anderes probieren, das hat heute funktioniert."

Frage: "Ich gehe davon aus, dass der Sieg ziemlich unerwartet kam, oder?"
Webber: "Ja, solange Sebastian nicht ein technisches Problem hat. Er stand auf der Pole, und er führte den ersten Abschnitt des Rennens an, und solange er sich keinen Fehler leistet oder ein Problem hat, sollte es sein Rennen werden. Für mich war sicherlich der zweite Platz im Bereich des möglichen."

"Aber das ist Rennsport, und manchmal passiert so etwas. Die meisten meiner anderen Siege wurden mir nicht geschenkt. Heute habe ich diese Position gewonnen. Für Sebastian ist es hart, der zwei Positionen verloren hat, und in der Konstrukteurswertung haben wir ein paar weitere Punkte durch diesen Fehler am Funk oder wo auch immer verloren."


Fotos: Mark Webber, Großer Preis von Ungarn, Sonntag


"Schau, ich sitze nicht hier und beschwere mich. Man muss das nehmen, was man bekommen kann. Ich musste jedoch immer noch den Job erledigen. Es ist ein ziemlich langes Rennen, und es ist schnell passiert, dass man es nicht richtig hinbekommt. Aber heute haben wir das geschafft."

Frage: "An diesem Wochenende ist viel über flexible Frontflügel gesprochen worden. Ein Konkurrenzteam nimmt an, dass das beinahe eine Sekunde pro Runde Wert ist. Erzähle uns etwas über deinen Frontflügel, wie gut ist dies als Teil des Gesamtpaket?"
Webber: "Ja, ich denke, dass er mindestens eine Sekunde, wenn nicht zwei Sekunden wert ist! Das ist wie die verstellbare Bodenfreiheit! Das ist wie alles andere, was laufend auftaucht. Unsere Jungs haben alles gegeben, um ein Auto zu designen, das dem Geiste des Reglements entspricht."

"Und jedes Mal, wenn wir durch die FIA überprüft werden, bestehen wir. Das Auto hat schon immer die FIA-Tests bestanden. Wenn die Leute die Stoppuhr nicht mögen, dann müssen sie ihre eigenen Positionen in einigen der anderen Teams manchmal rechtfertigen. Und wenn es Druck auf Leute gibt, Leistung zu zeigen, dann werden sie zerstört, so ist es nun einmal."

"McLaren hatte ein großartiges Jahr, wenn dies eines der Teams ist. Ich bin natürlich glücklich, aber sie liegen ein paar Punkte zurück, sie sind immer noch bei der Musik. Einige Teams haben bestimmte Dinge getan, andere Teams haben andere Dinge unternommen."

"Sie haben den F-Schacht eingeführt, was eine sensationelle Idee ist. Wir haben die Welt auf den Kopf gestellt, um etwas zu unternehmen, was nicht ohne Ressourcen-Schwierigkeiten einhergeht. Das ist die Formel 1. Wir sind mehr als glücklich mit dem, was wir am Auto haben, und wir schlafen in der Nacht gut."

"Man sollte nie Dinge bestrafen, die naiv sind, und Leute, die gute Arbeit leisten. Und das ist manchmal der Fall. Nicht in Bezug auf dieses bestimmten Teile, aber in Bezug auf das gesamte Konzept des Autos. Wenn man hier und dort ein etwas anderes Konzept hat..."

"Der auspuffangeströmte Diffusor war plötzlich vier Sekunden pro Runde wert. Es hängt davon ab, von welcher Woche man spricht. Es gibt immer etwas Neuss, das man aus dem Regal zieht. Der Grund, warum wir auf diese Art von Strecken ziemlich gut sind... Wir haben in den vergangenen zwei Jahren um Ausgeglichenheit bei den Motoren gebeten."

"Wir wissen, dass wir nicht den stärksten Motor haben. Wenn wir auf eine Strecke kommen, auf der es nicht viele Gerade gibt, so ist das Auto gut, weil wir unglaublich viel probieren mussten, um das Auto in dieser Situation zu einer guten Leistung zu bringen. Aus diesem Grund würden wir eine Ausgeglichenheit bei den Motoren lieben."

"Unsere Teams wollen manchmal alles, aber wir brauchen beim Motor Ausgeglichenheit, dann wäre das eine faire Angelegenheit. Das ist alles, was wir wollen. Wir wollen die ähnliche Motorleistung wie andere Teams, und das ist ein weiteres Beispiel dafür. Wenn man auf andere Strecken kommt wie diese hier, können wir sehen, wer ein schönes Auto hat."

Frage: "Hattest du Referenzen über die Abnutzung der Reifen, als du dich für diese Strategie entschieden hast, mit den weichen Reifen so viele Runden auf der Strecke zu bleiben? Denn es war schließlich der heißeste Tag des Wochenendes?"
Webber: "Ja. Nein, hatten wir nicht, das ist die Antwort auf deine Frage. Es ist unmöglich, am Freitag einen 42-Runden-Versuch zu fahren. Wir hatten eine ziemlich gute Vorstellung davon, dass der Reifen in Ordnung sein würde, aber wie immer haben wir in Kanada und bei ein paar anderen Plätzen herausgefunden, dass es manchmal eine Überraschung geben kann."

"Wir waren ziemlich optimistisch, dass es keine Überraschung geben würde, um ehrlich zu sein. Aber als der Reifen dennoch begann abzubauen, hatte ich im Rennen einen entscheidenden Punkt, an dem ich es mir nicht erlauben konnte, dass Fernando aufholt. Dann hätte es nicht funktioniert."

"Es war also wichtig, dass ich den Rhythmus behalte, die Geschwindigkeit sehr hochhalte, aber ohne dabei die Reifen zu killen. Ich denke, dass schlussendlich auf dem linken Vorderreifen noch viel Gummi war. Er war komplett am Ende, und es war ein Balance-Akt, das zu tun. Es war vom Team also sensationelle Arbeit. Sie haben das richtig hinbekommen, das war gut."