• 17.03.2011 14:06

Vettel-Interview: "Reize gibt es immer im Leben"

Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel spricht im Interview über seine Ziele für die neue Saison und seine Beziehung zu seinem Team Red Bull

(Motorsport-Total.com/SID) - Mit einem neuen Vertrag in der Tasche und der Nummer eins auf dem Auto beginnt für Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel in der kommenden Woche in Melbourne die Operation Titelverteidigung. Im Interview spricht der 23 Jahre alte Red-Bull-Pilot über eine Ziele für 2011, Freundschaften in der Formel 1 und den Wunsch nach mehr Zeit für seine Familie und Freunde.

Titel-Bild zur News: Sebastian Vettel

Entspannter Titelverteidiger: Sebastian Vettel ist auch 2011 der große Favorit

Frage: "Sebastian, wie oft hast du zu Hause deinen WM-Pokal schon poliert? Welchen Ehrenplatz hat er denn erhalten?"
Sebastian Vettel: "Einige Mal. Im Moment steht er noch in der Küche."

Frage: "Du hättest sicher nichts dagegen, wenn der Pokal zu einem festen Einrichtungsgegenstand würde. Macht der Gewinn des ersten Titels die Jagd nach weiteren Weltmeisterschaften einfacher? Ist die Startnummer eins zusätzliche Motivation oder eher eine Bürde?"
Vettel: "Ja, natürlich sollte der Pokal auch im nächsten Jahr wieder bei mir stehen. Vielleicht gewinnt man etwas mehr Selbstvertrauen mit dem Titel, aber beginnen tun wir in 2011 alle wieder bei null, da hilft mir auch die Eins auf dem Auto nicht."

Frage: "Bist du froh, dass die winterliche 'Feiersaison' jetzt vorbei ist und die neue Saison endlich losgeht? Hattest du viele PR-Termine?"
Vettel: "Es war ein schöner Stress, ich werde nie den Augenblick vergessen, als ich in die glücklichen Gesichter in Heppenheim geblickt habe oder in Berlin vor dem Brandenburger Tor einige Runden gedreht habe. Solche Events geben mir Kraft und ich sehe sie nicht als Zwang. Aber ja, ich bin froh, dass es wieder losgeht."

Harter Kampf im neuen Jahr

Frage: "Als Weltmeister bist du jetzt der Gejagte und nicht mehr der Jäger. Ändert sich dadurch die Herangehensweise, die Strategie, die Taktik?"
Vettel: "Ich mache nichts anders als zuvor. Mit der neuen Saison starten alle bei null, und es wird ein harter Kampf."

Frage: "Kann Red Bull auch 2011 wieder die Messlatte in der Königsklasse sein? Wen siehst du hier als härtesten Konkurrenten?"
Vettel: "Ich hoffe es und habe ein gutes Gefühl. Ferrari, McLaren und unter Umständen Mercedes könnten stark sein. Es kann gut sein, dass wir zudem einige Überraschungen erleben werden. Beispielsweise von Renault oder Toro Rosso."

Frage: "Ist dein Teamkollege Mark Webber eher Kollege oder eher Konkurrent? Wie ist das Verhältnis? Im vorigen Jahr schien es manchmal recht angespannt zu sein..."
Vettel: "Er ist beides. Unser Verhältnis ist höchst professionell, aber natürlich versuche ich ihn auf der Strecke wie jeden anderen Fahrer auch zu schlagen."

¿pbvin|512|3511||0|1pb¿Frage: "Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz hat in einem Interview gesagt, er hätte keine Angst, dass du dem Team den Rücken kehren könntest. Man würde auch nicht versuchen, dich halten zu wollen. Wenn Red Bull dir ein Siegauto hinstellen würde, dann würdest du automatisch gar nicht weg wollen. Hat er Recht?"
Vettel: "Die Antwort ist ganz einfach: Ein Rennfahrer wird immer versuchen, im schnellsten Auto zu sitzen. Andererseits ist es aber auch wichtig, dass man sich im Team wohl fühlt. Das tue ich bei Red Bull, es ist wie eine große Familie."

Frage: "Was ist das Geheimnis des Erfolges von Red Bull?"
Vettel: "Wir sind ein hochmotiviertes junges Team, das auf allen Positionen stark besetzt ist."

Die italienische Küche...

Frage: "Wäre es für dich kein Reiz, irgendwann einmal für Ferrari oder Mercedes zu fahren? Zu Mercedes-Sportchef Norbert Haug hast du seit längerer Zeit ein gutes Verhältnis..."
Vettel: "Reize gibt es immer im Leben. Ich mag italienische Küche, ich mag Italien. Ich habe zu vielen Leuten im Fahrerlager ein gutes Verhältnis. Aber nochmal: Der größte Reiz ist, im schnellsten Auto zu fahren. Bei Red Bull sitze ich drin."

Sebastian Vettel

Der neue Red Bull RB7 präsentierte sich bei den Tests sehr stark Zoom

Frage: "Zu wem innerhalb der Formel 1 hast du das beste Verhältnis? Gibt es so etwas wie Freundschaften?"
Vettel: "Richtige Freunde hat man nur wenige im Leben. Freundschaften in der Formel 1 sind schwierig, weil wir alle das gleiche Ziel verfolgen und auf der Strecke Gegner sind. Auskommen tue ich aber sehr gut mit Michael."

Frage: "Was traust du Michael Schumacher im zweiten Jahr seines Comebacks zu? Kann er um Siege kämpfen oder vielleicht sogar um den Titel? Oder wird er sich erneut an Teamkollege Nico Rosberg die Zähne ausbeißen?"
Vettel: "Im Gegenteil: Michael traue ich aufgrund seiner Erfahrung und seines Könnens alles zu. Er kann wie ungefähr acht andere Piloten auch mit einem sehr guten Auto gewinnen."

Frage: "Was erwartest du von den neuen Pirelli-Reifen? Bei den Testfahrten haben die nicht allzu lang gehalten..."
Vettel: "Bisher müssen wir davon ausgehen, dass wir mehr als die üblichen zwei Stopps im Rennen sehen werden."

Heckflügel und KERS: Kein Spaß mehr?

Frage: "Ist es eine gute Idee, neben der Rückkehr von KERS auch noch mit einem beweglichen Heckflügel bessere Überholmöglichkeiten schaffen zu wollen?"
Vettel: "Es ist für alle gleich. Wie sehr das alles die Rennen beeinflussen wird, müssen wir sehen."

Frage: "Kann es vielleicht gefährlich werden, wenn die Fahrer im Cockpit zu viele Systeme und Knöpfe bedienen müssen und sich nicht mehr allein aufs Fahren konzentrieren können?"
Vettel: "Nein, eher nicht. Die Frage ist, wieviel Spaß jeder Pilot beim Fahren noch hat."


Fotos: Sebastian Vettel, Testfahrten in Barcelona


Frage: "Wäre 2011 für dich alles andere als die Titelverteidigung eine Enttäuschung?
Vettel: "Wenn ich weiß, dass wir das Maximum gegeben haben, bin ich zufrieden. Wenn das zum Titel reicht, umso besser."

Frage: "Wenn du könntest: Welchen Wunsch würdest du dir gerne abseits der Formel 1 erfüllen?"
Vettel: "Dass ich mehr Zeit für Familie und Freunde hätte."