Verderben zu viele Köche den Mercedes-Brei?

Ross Brawn verstärkt sein Team und verfügt 2012 über fünf ehemalige Technische Direktoren: Geht bei soviel Kompetenz die Struktur verloren?

(Motorsport-Total.com) - Dass Mercedes hinter den Erwartungen liegt, dürfte bei einem Blick in die WM-Tabelle klar sein. Obwohl man Renault Mitte der Saison überholen konnte, ist der Abstand zu den Top-3-Teams nach wie vor groß. Solange Red Bull, McLaren und Ferrari in den Rennen keine nennenswerten Verluste zu beklagen haben, kommen Nico Rosberg und Michael Schumacher nicht in Podiumsnähe. Aus eigener Kraft erscheint der Sprung aufs Podest aktuell unmöglich.

Titel-Bild zur News: Ross Brawn (Teamchef)

Teamchef Ross Brawn rüstet bei Mercedes personell stark auf für die Zukunft

Das hat man erkannt und setzt seit geraumer Zeit verstärkt auf das kommende Jahr. Dazu hat Ross Brawn das Team vor allem personell verbessert. Mit Aldo Costa und Geoff Willis stoßen zwei bekannte Namen zum Team. "Aldo kenne ich sehr gut, weil wir viele Meisterschaften mit Ferrari gewonnen haben. Geoff war, auch wenn er es nicht von sich behauptet, sehr förderlich bei der Entwicklung von Red Bull und deren Zukunft", schildert Brawn gegenüber 'Autosport'.

Einfluss beim Auto für 2012

Da die Entwicklung des Autos für 2012 bereits fortgeschritten ist, haben Costa und Willis nur wenig Einfluss auf das neue Fahrzeug. Die Einarbeitung wird zusätzliche Zeit benötigen. "Es wird eine Weile dauern. Aber wenn man zusammensitzt und über Probleme mit dem Auto diskutiert, ergeben sich sehr viele Dinge", erläutert Brawn. "Leute solchen Kalibers haben von Anfang an einen Effekt."

Michael Schumacher

Die Performance des Autos liegt klar hinter den Erwartungen zurück Zoom

"Hinsichtlich der Philosophie des Autos wird es eine Weile dauern, bevor ihre Einflüsse zum tragen kommen. Doch in vielerlei Hinsicht werden sie sich einbringen können", ist sich der Mercedes-Teamchef sicher. Aktuell sind Rosberg und Schumacher auf den Positionen sieben und acht die ersten Verfolger der Topteams. Bei den Konstrukteuren liegt Mercedes auf Position vier. Das ist zu wenig.

Daraus macht auch Brawn kein Geheimnis: "Wir sind hinter unseren Erwartungen. Dafür konnten wir die Lücke schließen. Wir verbringen einen angemessen Teil unserer Zeit mit Analysen, um zu verstehen, wo wir sind. Wir entwickelten uns zu einem Drittel der Saison nach hinten und kamen später wieder zurück."

Gelingt der Anschluss?

"Teams, die sich nicht weiterentwickelt haben, sind hinter uns zurückgefallen. Das ist das grausame an der Formel 1. Still stehen bedeutet rückwärts entwickeln. Wir müssen hinsichtlich unserer Performance einen Schritt machen, um absolut konkurrenzfähig zu sein", erklärt er. "Ob wir diesen Schritt 2012 komplett bewältigen, kann ich nicht versprechen. Aber einen Teil davon werden wir im kommenden Jahr schaffen."

Nico Rosberg

Rosberg konnte seine Podestplatzierungen von 2010 nicht wiederholen Zoom

Mercedes hat 2012 insgesamt fünf ehemalige Technische Direktoren unter Vertrag - so viele wie noch kein Team zuvor. "Ich kann die Bedenken über die vielen Köche verstehen. Ich denke, dass es wichtig ist, eine klare Struktur zu haben, wer was macht. Wir haben uns Zeit genommen, um mit Aldo und Geoff zu klären, wie Verantwortung und Autorität definiert sind", berichtet Brawn. "Die vertragliche Möglichkeit, Leute wie Aldo und Geoff zu verpflichten, bietet sich nicht allzu oft."

"Es gibt drei Teams, die besser sind als wir. Ferrari, McLaren und Red Bull sind unglaublich starke Teams, die seit vielen Jahren gut strukturiert sind. Wir müssen nicht alles verwerfen, was wir haben, weil es bereits sehr gut ist", merkt Brawn an. "Es kommt lediglich etwas mehr Kraft dazu." Mit der Personaloffensive befürchten einige einen Bruch mit dem Ressourcen-Restriktions-Abkommen (RRA). Brawn entwarnt: "Unterm Strich sind Aldo und Geoff zwei Leute. Wir haben noch Luft hinsichtlich des RRA."