• 19.10.2009 20:19

Trulli: "Das war vollkommen verrückt"

Toyota-Pilot Jarno Trulli über den Großen Preis von Brasilien und den Unfall mit Adrian Sutil, auf den er nach dem Crash nicht allzu gut zu sprechen ist

(Motorsport-Total.com) - Das vorletzte Saisonrennen war für Jarno Trulli schon nach einer halben Runde vorbei. Im Startgetümmel geriet der Toyota-Fahrer mit Force-India-Pilot Adrian Sutil aneinander, verlor auf den Kerbs die Kontrolle über seinen Wagen und landete schließlich in der Mauer. Sutil und Fernando Alonso wurden ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen, doch Trulli sah die Schuld nach dem Rennen zweifelsfrei bei Sutil. In seiner Medienrunde machte der Italiener daraus keinen Hehl.

Titel-Bild zur News: Jarno Trulli

Jarno Trulli war nicht besonders angetan von den Ereignissen der ersten Rennrunde

Frage: "Jarno, die Ereignisse um dich und Adrian Sutil scheinen dich mächtig aufgebracht zu haben..."
Jarno Trulli: "Das Resultat macht mich nicht wütend. Ich bin wütend aufgrund eines Manövers, das überaus gefährlich war. Wir wissen ja, dass diese Kurve ganz einfach mit Vollgas zu nehmen ist. Er hätte mir genug Platz lassen sollen, sodass ich nicht auf die Kerbs hätte ausweichen müssen. Wir befanden uns im sechsten Gang und hatten viel Glück, dass niemand verletzt wurde. Doch das war eine richtig schlechte Geschichte."#w1#

Frage: "Adrian sagt, er hätte dich nicht im Rückspiegel gesehen..."
Trulli: "Ja, weil ich neben ihm war! Und warum hat er sich dann auf der Innenseite verteidigt? Ihm war ja bewusst, dass er wegen Kimi Räikkönen nur sehr langsam aus dieser Kurve herauskommen würde. Ich wusste nicht, was mit Räikkönen passiert war. Plötzlich haben die beiden langsamer gemacht. Ich dachte, ich könnte ihnen davon ziehen, weil ich ja viel mehr Geschwindigkeit hatte."

"Wenn du dich dazu entscheidest, auf der Innenseite zu bleiben, dann bleib auch dort." Jarno Trulli

"Adrian wählte die Innenseite, also ging ich nach außen und setzte mich neben ihn. Es gibt eine Onboardaufnahme, die meinen Frontreifen neben seinem Rad zeigt. Wenn man also nach hinten blickt, bin ich natürlich nicht da. Er mag vielleicht sagen, dass er auf der Ideallinie war. Ja, aber ich bin in diesem Fall noch immer auf der Ideallinie. Wenn du dich also dazu entscheidest, auf der Innenseite zu bleiben, dann bleib auch dort."

"Zieh nicht einfach rüber, weil ich dort bin. Das Problem war, dass er mich auf die Kerbs drückte. Als ich erst einmal auf den Randsteinen war, verlor ich das Auto vollkommen außer Kontrolle. Ich traf ihn im Heck, weil das Auto auf den Kerbs einfach instabil wurde, Ich hob ab und traf ihn im Heck, auch wenn ich zu diesem Zeitpunkt neben ihm war."

Alonso bestätigt Trullis Eindruck

Frage: "Muss man manchen Piloten einmal auf die Finger klopfen?"
Trulli: "Ich habe mich unmittelbar nach dem Crash mit Fernando Alonso unterhalten, denn er hat den Unfall gesehen. Er sagte, dass Sutil vollkommen verrückt sei. Was er tat, war vollkommen verrückt, denn wir waren im sechsten Gang mit etwa 250 bis 260 km/h unterwegs."

"Das ist eine Gerade, auch wenn es eigentlich eine Kurve ist. Sowohl im Nassen als auch im Trockenen geht diese Passage voll - da kannst du schlichtweg niemanden so wegdrücken. Wenn es dort eine Mauer gegeben hätte, dann wäre ich wohl dort hinein gekracht. Er hat mich über die Kerbs geschickt."

"Er hatte nun einmal Schwierigkeiten mit dem Auto vor ihm." Jarno Trulli

Frage: "Du akzeptierst seine Entschuldigung also nicht, wonach er dich nicht sehen konnte? Nur deswegen kam er herüber..."
Trulli: "Naja, meiner Meinung dachte er wohl, dass ich dumm bin. Das Problem ist, dass er nach innen zog, um sich zu verteidigen, denn er wusste ja um den Geschwindigkeitsunterschied Bescheid. Er hatte nun einmal Schwierigkeiten mit dem Auto vor ihm. Wenn das passiert, dann schaust du erst einmal in die Spiegel und verteidigst dich, denn du weißt, dass jemand kommen wird."


Fotos: Jarno Trulli, Großer Preis von Brasilien


"Daher ging er nach innen und ich ging nach außen. Anhand der TV-Bilder und der Onboardaufnahmen kann man zweifelsfrei erkennen, dass ich neben ihm war. Warum zieht er nach außen und drückt mich auf die Kerbs? Ich kann akzeptieren, dass er mich nicht in seinen Spiegeln gesehen hat. Aber zu diesem Zeitpunkt gab es niemanden, den er in den Spiegeln hätte sehen können."

Rennunfall oder nicht?

Frage: "Auch wenn er sagte, dass er dich überhaupt nicht sehen konnte..."
Trulli: "Nein. Nein. Nein. Es ist unmöglich. Der Geschwindigkeitsunterschied war zu groß. Du kannst erwarten, dass sich jemand richtig schnell neben dich setzt. So ist es passiert. Man sieht, dass ich in den Aufnahmen vor Kurve vier etwa drei Wagenlängen zurücklag."

"Das gibt uns einen ungefähren Eindruck, denn zwischen den Kurven vier und fünf gibt es keine Bilder. Man sieht erst wieder etwas nach Kurve fünf und dort bin ich schon neben ihm. Also was ist zwischen Kurve vier und fünf passiert? Genau das, was ich schon erzählt habe. Er hat drei Wagenlängen verloren, weil er beinahe in Kimi hinein gefahren wäre."

"Ich kann verstehen, dass er sich auf der Innenseite verteidigen wollte." Jarno Trulli

"Also musste er kurz lupfen oder vielleicht sogar bremsen, weil der Geschwindigkeitsunterschied zwischen mir und ihm einfach zu groß war. Ich kann verstehen, dass er sich auf der Innenseite verteidigen wollte, aber man muss mir schon den Platz lassen, um herumzufahren. Du weißt schließlich, dass ich viel schneller heranrausche als du selbst."

"Kann man sich das vorstellen? Ich weiß, dass du schneller bist als ich. Daher wähle ich die Innenseite und versuche, dich nach außen zu drücken, indem ich ignoriere, dass du genau dort fahren wirst. Diese Kurve geht locker mit Vollgas. Du kannst nicht erwarten, dass da einer lupft - auch nicht auf der Außenseite. Durch diese Kurve passen bei Vollgas drei Autos zusammen."

Trulli: "Das ist nicht akzeptabel"

Frage: "War das der schlimmste Unfall dieser Art, den du in der Formel 1 erlebt hast?"
Trulli: "Ganz ehrlich: ja. Aus diesem Grund war ich hinterher auch so nervös, als ich aus dem Auto gesprungen bin. Wenn das einmal passiert, dann ist das ein Rennunfall. Wir hätten uns vielleicht berührt oder wären mit den Rädern aneinander geraten. Aber wenn jemand das bei dieser Geschwindigkeit mit Absicht macht, dann ist das verrückt."

"Das ist nicht akzeptabel. Das kannst du nicht machen. Es ist wie eine Gerade - du fährst Vollgas und er schickt mich im Prinzip auf die Kerbs und auf das Gras, als ich auf der Geraden war. Ich kann keine Entschuldigung akzeptieren, tut mir leid. Allen im Fahrerlager ist klar, dass du so etwas nicht machen kannst."

"Ich war neben ihm und es war genug, um mich auf die Kerbs zu drücken." Jarno Trulli

Frage: "In all den Jahren, die du in der Formel 1 verbracht hast, hat man dich nie derart aufgebracht gesehen..."
Trulli: "Ich kann dir sagen warum: Weil es gefährlich war - die Art und Weise, wie ich das Auto verlor, sobald ich auf den Kerb kam. Ich war neben ihm und es war genug, um mich auf die Kerbs zu drücken. Er war noch immer auf der Innenseite. Das war bei Vollgas. Wir waren auf der Geraden und nicht in der Kurve. Als ich mich drehte habe ich mir Sorgen gemacht, dass jemand kommen und mich treffen könnte."

Frage: "Hast du gesehen, was anschließend geschah, als Sutil Alonso getroffen hat?"
Trulli: "Genau darüber hatte ich mir Gedanken gemacht. Auf einer Geraden kannst du bei 260 km/h einfach nicht solche Spielchen spielen."¿pbvin|512|2079|insidegp|0|1pb¿

Wäre Platz drei drin gewesen?

Frage: "Hättest du dich bei einem anderen Fahrer genauso verhalten? Adrian sagt nämlich, dass es etwas an Respekt fehlt, weil er ein Force-India-Pilot ist..."
Trulli: "Ich respektiere jeden im Fahrerlager. Ich bin der erste, der im Fahrerlager jeden einzelnen respektiert. Aber was er am Sonntag getan hat, war einfach total verrückt."

"Da kannst du jeden Piloten im Fahrerlager nach einem Kommentar zu dieser Sache befragen. Frag' Alonso, der direkt hinter mir lag. Er sagte es mir - es ist ein verrücktes Manöver. Du kannst bei 260 km/h auf der Geraden nicht einfach jemanden aufs Gras drücken. Das ist nicht zu akzeptieren, also wirklich."

"Ich denke, im Fahrerlager kennt man ihn, weil er immer in Unfälle verwickelt ist." Jarno Trulli

Frage: "Wie denkst du also über das Rennfahren mit jemandem, dem du nicht vertraust?"
Trulli: "Ich denke, im Fahrerlager kennt man ihn, weil er immer in Unfälle verwickelt ist. Aber das war das Basiskonzept. Du gehst in eine Kurve, bremst später und bist auf der Innen- oder Außenseite."

"Dann baust du einen Unfall oder hast einen Crash. Du kannst natürlich sagen, dass das ein Rennunfall war. Aber wenn du jemanden bei 260 km/h auf die Außenbahn und auf die Kerbs drückst, dann musst du wirklich irre sein. Du musst dann einfach verrückt sein."

Frage: "Die FIA hat in dieser Sache nichts unternommen. Ist das jetzt ein Thema für die GPDA?"
Trulli: "Ich bin mir sicher, dass wir uns darüber unterhalten werden, denn so etwas ist nicht akzeptierbar. Und Alonso, der hinter mir war, sagte, dass es verrückt war."

Frage: "John Howett meint, dass ein Podium drin gewesen wäre..."
Trulli: "Dem stimme ich vollkommen zu. Vielleicht hätten wir sogar um den Sieg kämpfen können, denn am Freitag waren wir sehr schnell und konkurrenzfähig. Ich hatte genug Sprit an Bord und die Strategie war gut. Mein Start war prima und ich bewegte mich wirklich in dem Fenster, um um den Sieg kämpfen zu können. Das gesamte Wochenende war das Auto einfach klasse."