Teams äußern Zweifel am 2013er-Reglement

Helmut Marko und Co. stehen dem für 2013 geplanten Turbo- und Ground-Effect-Comeback in der Formel 1 teilweise skeptisch gegenüber

(Motorsport-Total.com) - Drehzahlbegrenzte 1,6-Liter-Turbo-Vierzylinder mit drei bar Ladedruck und ungefähr 650 PS auf der Motoren-, Ground-Effect auf der Chassisseite - so sieht nach aktuellem Diskussionsstand die Zukunft der Formel 1 ab 2013 aus. Doch innerhalb der Teamvereinigung FOTA sind sich bei weitem noch nicht alle darüber einig, dass dies der richtige Weg ist.

Titel-Bild zur News: Start in Monza 2010

Die Formel 1 könnte ab 2013 ein komplett neues Gesicht bekommen

Vor allem die Umstellung des Motorenformats (derzeit 2,4-Liter-V8-Aggregate) stößt auf Skepsis: "Das wird immens teuer", befürchtet Frank Williams, und Red-Bull-Motorsportkonsulent Helmut Marko sagt gegenüber 'Motorsport-Total.com': "Es muss ein für die Formel 1 adäquater Motor sein. Das heißt, er braucht einen fetten Sound, darf nicht wie die GP3 klingen, und die nötige PS-Zahl. Außerdem müssen die Kosten kalkulierbar und überschaubar sein."#w1#

Red Bull: Reglemententwurf zu teuer

Das ist seiner Meinung nach nicht der Fall: "Das Reglement, wie es jetzt diskutiert wird, ist zu kostenintensiv. Da sind sich alle einig. Aus dem Grund muss man noch einige Änderungen machen. Mit KERS und der Direkteinspritzung ist das eine immense technische Herausforderung - und technische Herausforderungen kosten Geld. Für die jetzige ökonomische Situation sind die Entwicklungskosten, die da auf die Formel 1 zukommen, zu hoch."

In den Augen von Colin Kolles ist das Comeback der Turbomotoren, die vor der Saison 1989 abgeschafft wurden, ein zweischneidiges Schwert: "Je mehr sich ändert und je geringer die Kosten sind, desto besser für uns", erklärt er trotz der vermutlich eher hohen Entwicklungskosten gegenüber 'Motorsport-Total.com' und ergänzt: "Komplett neue Regeln sind die einzige Chance für ein kleines Team, zu den größeren Teams aufzuholen."

¿pbvin|512|3122||0|1pb¿Williams-Technikchef Sam Michael steht hingegen voll hinter dem vorgeschlagenen Motorenreglement und hält die kritischen Stimmen für überzogen: "Ich glaube nicht, dass die Änderungen so einschneidend sind, wie einige Leute befürchten. Wir hatten ja schon einmal Vierzylinder und Mitte der 80er auch V6-Turbos. Damals war das niemandem zu 'grün'. Die Formel 1 muss darauf achten, mit der Zeit zu gehen", warnt der Brite.

Sein Landsmann Adrian Newey befürwortet den Wechsel des Motorenformats ebenfalls, weil die 2,4-Liter-V8-Triebwerke seiner Meinung nach "in zehn, 15 oder 20 Jahren nicht die Standardmotoren sein werden. Die Hersteller wenden sich alle vom V8 ab", erklärt der Red-Bull-Chefdesigner und glaubt, dass die derzeitigen Formel-1-Motoren in Zukunft "in gewisser Weise wie antike Harley-Davidsons" sein werden: "Es muss also eine Veränderung geben."

Mehr Kreativität, weniger Ground-Effect

Was die Aerodynamik angeht, ist Red Bull vor allem eines wichtig: "Die Formel 1 muss ganz klar die optimale Motorsportkategorie bleiben", fordert Marko. "Man muss Freiheiten erlauben, damit sich die besten Köpfe und die besten Ingenieure durchsetzen. Kreativität und Einfallsreichtum sollten in keiner Weise eingeschränkt sein." Kein Wunder, gilt sein Designer Newey doch als einer der schlauesten Köpfe, wenn es um technische Errungenschaften geht.


Fotos: Großer Preis von Italien, Sonntag


Zudem erklärt Marko: "Ob das nun mit oder ohne Ground-Effect geschieht: Die Autos sollten wieder so gebaut werden, dass du überholen kannst, was momentan überhaupt nicht möglich ist", bemängelt der Österreicher. Als Paradebeispiel führt er den Grand Prix von Ungarn vor der Sommerpause an: "Wir waren in Budapest eineinhalb Sekunden schneller als Alonso, hatten aber keine Chance, mit Vettel an ihm vorbeizukommen."

"Da schwirren viele Ideen herum, aber sicher ist der Ground-Effect genau das Gegenteil von dem, was man eigentlich will", räumt Marko ein. Auch Kolles betont: "Ich denke, dass der Einfluss der Aerodynamik geringer gehalten werden muss." Tatsache ist: Die Arbeitsgruppe Überholen kam 2008 zu dem Schluss, dass weniger Aerodynamik besser wäre. Mit dem Comeback des Ground-Effects würde man genau in die entgegengesetzte Richtung gehen...