• 18.05.2009 11:24

  • von Adrian Sutil

Sutil-Kolumne: Faszination Monaco

Adrian Sutil beschreibt in seiner aktuellen Kolumne, was ihn an Monaco so fasziniert, und er erinnert sich an seine Sternstunde im Vorjahr

Liebe 'Motorsport-Total.com'-Leser,

Titel-Bild zur News: Adrian Sutil

In Monaco tut sich neben der Strecke fast mehr als auf der Strecke...

nach der Enttäuschung von Barcelona steht am kommenden Wochenende das absolute Saisonhighlight vor der Tür: Monaco. Monaco war immer schon ein gutes Rennen für mich, auch in der Formel 3. 2005 bin ich zum ersten Mal dort gefahren. Die Strecke ist etwas Besonderes und die Atmosphäre ist unglaublich. Es hat 2005 sofort geklickt bei mir. Selbst im Fernsehen sieht man ungefähr, was dort los ist. Sehen und gesehen werden. Aber am meisten kribbelt es beim Gedanken an Monaco natürlich wegen des Rennens im Vorjahr. Ich glaube, ich muss nicht extra erklären, was damals passiert ist.

Ich habe das Rennen mit einem Jahr Abstand nur noch positiv in Erinnerung. Das Schlechte habe ich abgehakt. Es war ja nicht nur 2008, sondern auch 2007 habe ich im Regen eine Bestzeit im Freien Training erzielt. Das Rennen im Vorjahr hat einfach Spaß gemacht, weil ich mal vorne mitmischen konnte. Die Positionsanzeige auf dem Pitboard ging immer weiter runter. Als ich P8 gelesen habe, konnte ich es kaum glauben, und dann ging es noch weiter: P6, P5, P4! Leider nur bis zur Kollision mit Kimi...#w1#

Die Welt hat es gesehen

Gleich nach dem Rennen waren die Reaktionen überwältigend - unfassbar! Ich habe massenweise Glückwunsch-E-Mails bekommen. Selbst heute werde ich noch sehr oft von Journalisten und Fans darauf angesprochen. Jeder wusste davon, es ging wirklich um die Welt. Ich freue mich sehr, denn ich habe meine Chance genutzt, einmal zu zeigen, was möglich ist, wenn das Auto passt.

Wie ihr wisst, lebe ich in der Schweiz, daher wohne ich am Monaco-Wochenende immer ganz normal im Hotel. Ich reise für gewöhnlich am Dienstag an. Theoretisch wäre also genug Zeit, um auch mal das Nachtleben ein bisschen zu erkunden, aber ehrlich gesagt bin ich nicht so der Nachtschwärmer. Ich konzentriere mich voll auf meinen Job, da würde das nur ablenken.

Kimi Räikkönen Adrian Sutil

2008: Wenig später fuhr mir Kimi Räikkönen am Hafen ins Heck rein... Zoom

Dienstags gehe ich manchmal in ein Restaurant und ich war mal im Rascasse-Café. Das ist ganz nett, aber sonst gehe ich eigentlich immer direkt ins Hotel oder auf eine Jacht. Wir haben da natürlich den Vorteil, dass Vijay Mallya eine Riesenjacht im Hafen ankern hat. Er wird auch dieses Jahr wieder eine Party schmeißen - ich glaube am Donnerstag und am Sonntag. Im berühmten Casino war ich noch nie. Erstens ist es mir um das Geld zu schade und zweitens gibt mir das Spielen nichts. Am Ende verliert man mehr, als man gewinnt. Da lasse ich es lieber gleich bleiben.

Ich mag Stadtkurse einfach, wenn es eng ist, eine Herausforderung. Natürlich ist auf solchen Kursen auch das Risiko höher. Ich habe jetzt keine Angst, dass ich mich verletzen könnte, aber man geht anders an die Sache heran, weil man schnell in der Leitplanke landen, das Auto zerstören und die ganze Session verlieren kann. Also suche ich das Limit in Monaco eher von unten kommend. Gerade auf Stadtkursen ist es wichtig, Kilometer abzuspulen. Da bringt es nichts, in der ersten Runde alles zu riskieren. Ans Limit gehe ich also erst im Qualifying.

Das erste Training steigt bereits am Donnerstag, daher ist der Freitag trainingsfrei. Ich nutze das meistens, um ein bisschen Sport zu machen, aktiv zu bleiben. Man hat auch mal Zeit, in Ruhe Mittag zu essen und mit dem Team noch ein paar Sachen zu besprechen. Es ist einfach am Donnerstagabend entzerrt, weil man weiß, dass man am Freitag auch noch Zeit hat, sich auf den Samstag vorzubereiten. Das hat schon was für sich irgendwie.

Herausforderung am Schwimmbad

Die Strecke an sich gefällt mir so gut, weil sie ganz anders ist als alle anderen. Monaco ist eine riesige Herausforderung! Meine Lieblingspassage ist die schnelle Schikane am Schwimmbad. Die macht riesig Spaß. Man muss die Kerbs voll mitnehmen, hakt sich darauf ein, das Auto arbeitet, übersteuert ein bisschen - atemberaubend! Und man wird im Cockpit gut durchgeschüttelt, bei mehr als 200 km/h!

Adrian Sutil

2007: Jubel mit meinem Vater nach der tollen Bestzeit im Freien Training Zoom

Der krasse Gegensatz dazu ist die langsame Loews-Kurve, die ich aber auch irgendwie cool finde. Man kann dort ziemlich viel Zeit verlieren, wenn man sie nicht ideal erwischt. Dort muss das Timing beim Einlenken - natürlich mit vollem Lenkeinschlag - passen. Und weil sie so eng ist, muss man gut herauskommen. In der Vergangenheit hat es dort immer wieder Überholmanöver gegeben. Da sage ich: Man kann's probieren, aber es kann schon sein, dass man dann nicht rumkommt! Wenn man es versucht, muss man gut kalkulieren und wirklich superlangsam fahren, denn sobald das Auto ein bisschen untersteuert, ist es vorbei.

Warten wir mal ab, was das Wochenende bringen wird. Wir bekommen ein paar neue Teile, aber von einem richtigen Update kann man eigentlich nicht sprechen. Der neue Diffusor hat uns in Bahrain definitiv geholfen, aber in Barcelona war das auch schon wieder dahin. Die Entwicklung läuft einfach unglaublich schnell in dieser Saison. Da ist es schwierig, als kleines Team mitzuhalten, aber wir geben wie immer unser Bestes!

Am besten wäre für mich ein Regenwochenende, denn wenn die Strecke nass ist, ist der Einfluss des Fahrers größer. Das kann nur gut für mich sein. Ich habe ehrlich gesagt schon ein bisschen ein Auge auf dem Wetterbericht, aber beeinflussen kann ich es letztendlich eh nicht. Ihr könnt mir jedenfalls die Daumen drücken! Wer weiß, vielleicht bekomme ich ja noch mal so eine Chance wie im Vorjahr...

Euer

Adrian Sutil