• 04.11.2012 12:08

Statt Antworten nur eine Frage: Wo ist das Benzin?

Nach dem Qualifying in Abu Dhabi wurde Sebastian Vettel wegen einer Panne auf den letzten Startplatz zurückversetzt - Alle fragen sich: Wie konnte das passieren?

(Motorsport-Total.com/SID) - Christian Horner überlegte nach dem 450-Milliliter-Desaster sehr genau, wie er das eigentlich Unerklärliche erklären wollte. Mehr als eine halbe Stunde lang tigerte der Teamchef durch das Red-Bull-Motorhome, die vor der Tür lauernde Presseschar durch die vielen Fenster stets im Blick.

Titel-Bild zur News: Sebastian Vettel

Sebastian Vettel kam nach dem Ausrollen mit dem "Taxi" in den Parc ferme Zoom

Sebastian Vettel hatte sich zu diesem Zeitpunkt bereits strammen Schrittes und kurz angebunden durch die Hintertür aus dem Staub gemacht. Doch der Formel-1-Weltmeister durfte das. Schließlich resultierte seine Rückversetzung vom dritten auf den 24. und letzten Startplatz in Abu Dhabi eindeutig nicht aus einem Fahrerfehler.

Doch Horner, der Teamchef, musste sich erklären. Und er tat sich damit sichtlich schwer. Hier noch ein Smalltalk mit Gästen, da noch schnell ein Schokoriegel als Nervennahrung. Und als der Brite sich schließlich schleichenden Schrittes in die notdürftig aufgebaute Interviewzone und somit in die Höhle der Löwen begab, war es schon beinahe Mitternacht.

50 Journalisten warteten auf Horner

Vor rund 50 Journalisten, die fast sechs Stunden nach Ende des Qualifyings noch ausgeharrt hatten, erklärte Horner dann schließlich vor allem eines: dass er keine Erklärung hat. Denn zusammenfassen ließen sich seine Ausführungen mit einer Frage statt einer Antwort: Wo ist das Benzin hin?

Nur 850 Milliliter hatte Vettel noch im 200-Liter-Tank, als er das Auto 400 Meter vor dem Ende der Auslaufrunde unter dem Yas-Viceroy-Hotel abstellte. 1,2 Liter hätten es laut Regelwerk sein müssen. Mindestens ein Liter hätte beim eigentlich ordnungsgemäßen Abstellen im Parc ferme vorhanden sein müssen, dazu noch ein berechneter Anteil für den Weg dorthin.

Schummeln wollte Red Bull nicht, das versichern alle, auch wenn man die schnelle letzte Quali-Runde immer mit möglichst wenig Benzin fährt. Doch bei diesem Ritt auf der Rasierklinge hat sich offenbar irgendwer verrechnet. Ein fataler Fehler. Und das beim Auto des WM-Spitzenreiters im drittletzten Rennen des Jahres.


Fotos: Sebastian Vettel, Großer Preis von Abu Dhabi, Samstag


Diesmal keine Verschwörungstheorien

Doch in Verschwörungstheorien wollte sich bei Red Bull diesmal niemand verstricken. Diesmal war nichts zu hören, von der Argumentation, die FIA wolle ja nur den überlegenen Vettel einbremsen, um die WM spannend zu halten. "Es ist frustrierend und ärgerlich", sagte Horner, "aber das Urteil ist fair. Es steht eben so in den Regeln, und wir sind für den Motor verantwortlich."

Noch nach dem Qualifying waren sich im Red-Bull-Lager alle sicher, dass es sich um eine Lappalie handle. Vettel freute sich über seinen dritten Platz und die vermeintlichen vier Ränge Vorsprung auf den Rivalen WM-Alonso. Erst ganz am Ende eines fast halbstündigen Fragenmarathons wurde er auf das Abstellen des Autos angesprochen. "Das ist nichts Großes", sagte er.


Christian Horner über die Strafe für Sebastian Vettel

Kein Tropfen Benzin mehr im Tank

Vor den FIA-Rennkommissaren argumentierte Red Bull dann auch, man habe das Auto aus Sorge vor einem Motorschaden angehalten. Als Regelhüter Jo Bauer bei Überprüfung der Spritmenge das Defizit feststellte, waren angeblich alle "Bullen" selbst überrascht. Das Benzin, so Horner, müsse irgendwo anders im Auto sein. "Keinen Tropfen" habe man aber dort gefunden, gestand Red-Bull-Motorsportkonsulent Helmut Marko am Sonntagmorgen. Und ergänzte süffisant: "Sehr zum Erstaunen von Renault."

Sebastian Vettel

Sebastian Vettels Red Bull blieb genau auf Höhe des Yas-Viceroy-Hotels stehen Zoom

Der Motorenhersteller, der durch Vettel in der Vorwoche in Indien noch seinen 150. Sieg in der Königsklasse gefeiert hatte, war es also wohl, der die Fehlberechnung angestellt hatte. Menschliches Versagen, ganz einfach. "Sie haben sich schlicht und einfach verrechnet", analysiert Experte Christian Danner. "Das kann passieren, das ist menschlich."

Für Vettel war es dagegen "schon ein Schlag". Den er im Rennen am Sonntag so gut wie möglich zu reparieren versuchen wird.