• 21.07.2002 15:53

  • von Fabian Hust

Schumacher schnellster Weltmeister aller Zeiten

In einem von Missgeschicken geprägten Rennen sicherte sich Ferrari-Pilot Michael Schumacher seinen fünften WM-Titel

(Motorsport-Total.com) - An Spannung und Dramatik war der Große Preis von Frankreich kaum zu überbieten, man musste sich schon bewusst ins Gedächtnis rufen, dass es erst das 11. von insgesamt 17 Rennen in der Saison war. Eine Serie von Pleiten, Pech und Pannen erinnerte jedoch stark an das eine oder andere Herzschlagfinale der vergangenen Jahre. Am Ende nutzte Michael Schumacher seinen ersten "Matchball" der Saison und verwandelte ihn in den fünften WM-Titel.

Titel-Bild zur News: Michael Schumacher und Jean Todt

Michael Schumacher und Rennleiter Jean Todt jubeln über den fünften WM-Titel

Zu Beginn stand über das Ferrari-Team zunächst jedoch kein guter Stern, Rubens Barrichello ließ das Team am Vorstart aufgebockt stehen, nachdem man den F2002 nicht in die Gänge bekam. Auch das Austauschen des Lenkrads brachte nichts mehr, nach vergeblichen Versuchen der Mechaniker am in die Boxengassen geschobenen Ferrari den Motor in Gang zu bekommen, musste der leidgeplagte Brasilianer wieder einmal vorzeitig aufgeben.

Der Start lief für die Spitzengruppe problemlos, Juan-Pablo Montoya behielt seine Führung vor Michael Schumacher und Kimi Räikkönen im McLaren-Mercedes. Dahinter krachte ein übermütiger Takuma Sato im Jordan-Honda in das Auto von Olivier Panis. Beide Piloten rutschten in das Kiesbett, der BAR-Honda-Pilot musste nach 29 Runden sein Auto an der Box abstellen. Für Takuma Sato war das Rennen nach einem Fahrfehler bereits sechs Runden zuvor gelaufen, als sich der Japaner in der Kurve vor Start und Ziel verbremste und im Kiesbett landete.

Für die ersten Turbulenzen sorgte Sauber-Pilot Felipe Massa, der einen Frühstart verursachte und damit eine Durchfahrstrafe kassierte. Beim Absolvieren seiner Strafe fuhr der Brasilianer dann noch über die durchgezogene Linie der Boxengassenausfahrt und erhielt dafür erneut von der Rennleitung eine Durchfahrstrafe aufgebrummt. In der dritten Runde wagte Michael Schumacher einen Angriff auf Juan-Pablo Montoya, den aber Kimi Räikkönen nutzen konnte und kurzfristig an Schumacher vorbeizog, bevor dieser wenige Meter sich später wieder vor den Finnen setzen konnte.

Bis zu den ersten Boxenstopps änderte sich an den Positionen im vorderen Feld nichts. Die Gruppe aus Juan-Pablo Montoya, Michael Schumacher, Kimi Räikkönen, Ralf Schumacher und David Coulthard lag in der 16. Runde vor den ersten Boxenstopps innerhalb von fünf Sekunden. Erster Top-Pilot an der Box war Ralf Schumacher, der in der 23. Runde zum Service angefahren kam. Eine Runde später folgte Teamkollege Juan-Pablo Montoya, der dadurch die Führung einbüßte.

Michael Schumacher konnte seine Führung nach dem Stopp in der 27. Runde behalten, als er zwei schnellere Runden als Juan-Pablo Montoya fuhr und sich dadurch den notwendigen Vorsprung sicherte. Doch der Ferrari-Pilot machte sich das Leben unnötig schwer und fuhr wie zuvor Massa über die durchgezogene Linie, was die Rennleitung ebenfalls mit einer Durchfahrstrafe belegte. Nach dem Absitzen der Strafe in der 36. Runde fiel der Weltmeister auf den dritten Platz hinter Juan-Pablo Montoya und Kimi Räikkönen zurück.

Bei seinem zweiten Stopp machte dann auch Bruder Ralf den Fehler, die weiße Linie zu überfahren und musste als dritter Fahrer dafür eine Durchfahrstrafe absitzen. Unterdessen gelang es McLaren-Mercedes-Pilot Kimi Räikkönen nach seinem letzten Stopp 18 Runden vor Schluss in seinem erst 28. Rennen in Führung zu gehen, nachdem Teamkollege David Coulthard an die Box gehen musste. Auch der Schotte fuhr als vierter Fahrer über die Linie der Boxengassenausfahrt und verlor nach der fälligen Durchfahrstrafe den Anschluss an Michael Schumacher, nicht jedoch den dritten Platz.

Da Rubens Barrichello ausgefallen war, Juan-Pablo Montoya auf dem vierten und Ralf Schumacher auf dem fünften Rang fuhren, hatte es Michael Schumacher nun in der Hand, sich vorzeitig zum Weltmeister zu machen. Hierzu musste er allerdings an Kimi Räikkönen vorbeigehen. Doch der Finne hatte das Rennen im Griff, bis er fünf Runden vor Schluss auf einer Ölspur ins Rutschen geriet und Michael Schumacher diese Chance eiskalt ausnutzen konnte. Damit vergab der junge Finne seinen ersten Sieg und Michael Schumacher musste nur noch das Rennen nach Hause fahren, um den Titel zu sichern.

Um 15:34 Uhr war es dann soweit: Michael Schumacher überquerte zum sechsten Mal in Magny-Cours die Ziellinie als Erster und feierte seinen achten Saisonsieg, 61. Grand-Prix-Sieg und fünften WM-Titel mit einem ausgelassenen Zick-Zack-Fahren und Faust-Ballen. Der 33 Jahre alte Ferrari-Pilot steht damit nun auf einer Stufe mit dem legendären Argentinier Juan Manuel Fangio, der zuvor als einziger Fahrer fünf WM-Titel geholt hatte. Der Ferrari-Pilot ist damit auch erst der zweite Fahrer nach Fangio, dem es gelingt, einen Titel-Hattrick einzufahren.

Und Michael Schumacher stellte noch einen weiteren Rekord auf: Vor Nigel Mansell im Jahr 1992 ist er der schnellste Weltmeister aller Zeiten. Der Rekordsieger sicherte sich im 11. von 17. Rennen den Titel, Mansell im 11. von 16 Rennen. "Wir werden jetzt wohl nach Hause feiern und dann kommende Woche in Hockenheim feiern", meinte Ehefrau Corinna Schumacher, die 'RTL' zum ersten Mal überhaupt ein Fernsehinterview gab.

Kimi Räikkönen erzielte mit seinem zweiten Platz das beste Ergebnis seiner bisherigen Karriere, doch dem Finnen war anzusehen, wie enttäuscht er war, das Rennen so kurz vor Schluss nach einer so fantastischen Leistung verloren zu haben. McLaren-Mercedes-Pilot David Coulthard fuhr ein taktisch hervorragendes Rennen und wurde dafür mit dem dritten Platz belohnt.

Juan-Pablo Montoya kam hingegen auch nicht nach seiner fünften Pole Position als Sieger über die Ziellinie. Stattdessen waren die Weiß-Blauen deutlich schwächer als die Silberpfeile, was den Kolumbianer mit über 40 Sekunden Rückstand auf den vierten Platz brachte. Teamkollege Ralf Schumacher kam nach seiner Durchfahrstrafe mit 42 Sekunden Rückstand auf den fünften Platz. Der letzte Punkteplatz ging an Jenson Button im Renault. Nick Heidfeld im Sauber kam als Siebter knapp außerhalb der Punkte ins Ziel.

In der WM-Wertung liegt Michael Schumacher mit 96 von maximal möglichen 110 WM-Punkten haushoch überlegen und uneinholbar vor Juan-Pablo Montoya (34 Punkte), Teamkollege Rubens Barrichello (32) und Bruder Ralf (32). Es folgen die beiden McLaren-Mercedes-Piloten David Coulthard auf dem fünften Platz (30) und Kimi Räikkönen auf Rang sechs (17). Bei den Konstrukteuren ist der Titel noch nicht entschieden, Ferrari liegt mit 128 WM-Punkten aber deutlich vor BMW-Williams (66) und McLaren-Mercedes (47).