• 29.01.2014 12:15

  • von Dieter Rencken & Dominik Sharaf

Schleudern und auf links drehen: Neuer Motor, neue Sieger?

Neues Kräfteverhältnis 2014? Graeme Lowdon sieht eine Chance für die "Kleinen", Franz Tost das Establishment im Vorteil: "Sie haben die finanziellen Ressourcen"

(Motorsport-Total.com) - Die Motoren sind neu, der erhöhte Anteil an Hybridenergie ist neu, der Sound ist neu und die Optik ist neu, nicht nur akut gewöhnungsbedürftig. Aber hat sich in der Formel 1 nach Jahren der Red-Bull-Dominanz mit Beginn der zweiten Turboära auch das Kräfteverhältnis gewandelt? Die Verfechter dieser Theorie verweisen auf den Präzedenzfall 2009. Damals gab es ebenfalls eine größere Regelnovelle, die das Brawn-Team mit ihrem Ex-Honda-Auto aus dem Niemandsland an die Spitze spülte.

Titel-Bild zur News: Jules Bianchi, Max Chilton, Marussia

Bei Marussia hofft man, 2014 nicht nur Rennen gegen sich selbst zu fahren Zoom

Dass sich Geschichte wiederholt, wünscht sich sicher Graeme Lowdon. "Hoffentlich sorgen die neuen Regeln für gleiche Ausgangsbedingungen und verhindern die Streuung, die wir in vergangenen Jahren gesehen haben", so der Sportdirektor der Hinterbänkler-Mannschaft Marussia im Gespräch mit der 'BBC'. Der Brite denkt nicht nur an die eigenen Farben, sondern auch an die Fans, die sich seiner Meinung nach mehr Unvorhersehbarkeit, Spannung und konkurrenzfähige Autos wünschen.

Franz Tost macht da weniger Hoffnung: "Ich rechne nicht mit einer Überraschung", sagt der Toro-Rosso-Teamchef, der sicher ebenfalls nichts gegen einen Schleudergang einzuwenden hätte. Brawn nennt er einen "Sonderfall" wegen des Doppeldiffusors, der die technische Wunderwaffe des Teams war. Auch steckte eine Menge Geld in der Entwicklung des Autos, das noch Honda im Vorjahr in das Projekt gepumpt hatte. Tost sieht 2014 keine äquivalente Innovation und die üblichen Verdächtigen im Vorteil.


Präsentation des Toro Rosso STR9

"Sie haben den finanziellen Ressourcen und die Manpower, um sofort zu reagieren und sich auf alle nötigen Änderungen, die man bei einem neuen Auto machen muss, einzustellen", meint der Österreicher. Tost rechnet damit, dass nach den Präsentationen viele Ingenieure am Schreibtisch Fotos studieren und über Simulationen via Computational Fluid Dynamics (CFD) oder den Windkanal herausfinden wollen, ob andere Lösungen besser sind. Am Ende bleibt also keine Konstruktion exklusiv.

Lowdon nährt die Hoffnung mit einer anderen Überlegung. Schließlich scheinen die Turbomotoren - zumindest den Eindrücken aus Jerez zufolge - defektanfällig. "Punkte zu erzielen, ist schwierig geworden, weil die Formel 1 mittlerweile so zuverlässig ist", betont der Marussia-Verantwortliche. Bestes Beispiel ist das Debüt von Sauber in der Saison 1993: Damals holten die Schweizer dank JJ Lehto auf Anhieb Zähler, weil der Finne Fünfter wurde - zwei Runden hinter Sieger Alain Prost und als letztes Auto, das überhaupt den Zielstrich überquerte. Lowdon, mit Marussia auch nach dem vierten Jahr ohne jeden WM-Punkt, wagt es nicht, zu träumen: "Ich werde jetzt keine Vorhersagen treffen. Ich habe zu viele Leute gesehen, die es gewagt haben und total daneben lagen."