• 17.10.2001 08:58

  • von Marcus Kollmann

Rubens Barrichello im Interview

Im großen Interview spricht Barrichello über die Überholmanöver mit Montoya und Ralf und übt teils starke Kritik

(Motorsport-Total.com/Haymarket) - Rubens Barrichellos Versuch, am Sonntag in Suzuka sich und Ferrari den zweiten Platz in der Fahrerweltmeisterschaft zu sichern, den so genannten - aber nicht real existierenden ? Vizeweltmeistertitel zu holen, ging nicht auf. Der Brasilianer bezahlte nicht nur für seinen technisch bedingten Ausfall in Indianapolis, sondern auch seine Drei-Stopp-Strategie, in einem Rennen in dem zwei Tankstopps die Norm waren, ging nicht wie geplant auf. Ferrari-Chefstratege Ross Brawn hatte ausgetüftelt, dass Barrichello in der Anfangsphase nur einen Weg an Ralf Schumacher und Juan-Pablo Montoya vorbeifinden müsse, was dem Brasilianer zwar auch in einer Form jeweils gelang, jedoch nicht so wie man es gebraucht hätte. Zu den starken Szenen des letzten Formel-1-Laufs in dieser Saison zählte unzweifelhaft das Überholmanöver Barrichello/Montoya und das anschließende Rücküberholen durch den Kolumbianer. Auch der Zweikampf zwischen dem Ferrari-Piloten und Ralf Schumacher war sehenswert.

Titel-Bild zur News: Rubens Barrichello beim Boxenstopp

Bei Barrichellos Boxenstopp gab es wieder einmal ein Problem

Frage: "Warum hast du auf eine Drei-Stopp-Strategie gesetzt?"
Rubens Barrichello: "Es war eine risikoreiche Entscheidung, allerdings musste ich dieses Risiko eingehen. Als ich nach Montoya griff, überholte ich ihn, jedoch hatte er auf der Geraden mehr Speed als ich und so konnte ich mich nicht wehren."

Frage: "War euer Plan, dass du ihn überholen müsstest und ihr dann abwarten wolltet was passiert?"
Barrichello: "Ich musste ihn unbedingt überholen, denn so war der Plan. Sie waren mit Reifen unterwegs die unseres Wissens nach zum Ende des Stints hin besser würden. Aber es gab dann ja auch bei meinem Boxenstopp ein Problem. Als ich den ersten Gang einlegte, starb der Motor ab. Dadurch verlor ich im Rennen einige Zeit. Aber es ist viel schöner gegen Montoya zu kämpfen als gegen Ralf. Ich denke, dass Ralf nicht ehrlich und aufrichtig ist und das ist eine Schande. Er ist einfach ein schlechter Verlierer."

Frage: "Also hat er dich auf unfaire Weise aufgehalten?"
Barrichello: "Ja, ich würde das so sagen. Ich glaube, dass er einfach nur ein schlechter Verlierer ist."

Frage: "Wie hast du das Überholmanöver erlebt?"
Barrichello: "Ich war zu dem Zeitpunkt, als er einlenkte, bereits weiter vorne und deshalb hätte er das - so sehe ich die Sache - respektieren müssen. Er bemerkte dann, dass er die Schikane nicht bekommen würde und machte die Bremsen auf und fuhr gerade durch. Und das war der Punkt an dem ich dachte, dass es ein wenig unfair war. Aber am Ende wurde er dafür bestraft und wir beide beendeten das Rennen als Fünfter, respektive Sechster, was nicht die tollste Sache der Welt ist. Ich würde nämlich viel lieber Fünfter als Sechster werden..."

Frage: "Hattest du erwartet, nachdem Ralf in der Schikane abgekürzt hatte, dass er dich anschließend vorbeilässt?"
Barrichello: "Ja, ich hatte das erwartet, er aber verteidigte seine Position."

Frage: "War die Drei-Stopp-Strategie deines Erachtens nach die bestmögliche Wahl die ihr hattet?"
Barrichello: "Lass es mich so ausdrücken: Selbst wenn ich in Indianapolis nicht gewonnen hätte, wobei ich denke, dass ich das tun hätte können, oder wenn ich dort Zweiter geworden wäre, so wäre ich hier auf einem Level mit David gewesen. Dann hätte ich hier in Suzuka die sichere Strategie gewählt, um vor ihm ins Ziel zu kommen. Mit einer Zwei-Stopp-Strategie wäre ich ohne Probleme vor ihm ins Ziel gekommen. Aber die Tatsache ist, dass ich das Rennen gewinnen hätte müssen. Ross fragte mich, ob wir hier sind um zu kämpfen oder ob wir nur da sind um abzuwarten wer vor mir ausfällt. Die Antwort auf letztere Frage war ganz klar 'Nein'. Ich bin fünf Mal in diesem Jahr Zweiter geworden und niemand ist vor mir ausgefallen. Ich bin ein Kämpfer und so mag ich es. In den letzten drei Rennen habe ich so viele Überholmanöver gemacht; vermutlich mehr als zu irgendeiner Zeit in meiner gesamten Karriere. Ich hatte ein gutes Auto und musste kämpfen, so war meine Einstellung."

Frage: "Was genau ist bei deinem verkorksten Stopp passiert?"
Barrichello: "Was passierte war, dass der Motor beim Einlegen des ersten Ganges abstarb. Ich weiß nicht warum. Als ich aus der Box herausfuhr war der Speedlimiter auch nicht an und ich musste de Knopf zum Einschalten erst wieder drücken. Aber dann wollte sich das nicht ausschalten lassen und ich konnte nicht sofort beschleunigen. Es dauerte so alles ein wenig länger als sonst."

Frage: "Hat dir das Fahren mit wenig Benzin an Bord Spaß gemacht?"
Barrichello: "Also das Überholen ja. Am Ende bin ich nicht auf der Position ins Ziel gekommen auf der ich das wollte, aber ich hatte eine gute Saison. Ich denke, dass Michael fantastisch war. Seine Runde in der Qualifikation war unglaublich. Ich gehe sogar so weit, zu sagen, dass niemand auf diesem Planeten schneller in seinem Auto gewesen wäre als er es war. Ich denke auch, dass ich mich im Vergleich zu 2000 sehr stark verbessert habe. Der Rest ist, dass ich weiterhin mir mein Ziel vor Augen führe und daran glaube Rennen gewinnen zu können. Ich glaube daran, dass meine Zeit kommen wird."

Frage: "Hätte deine Strategie funktioniert, wenn es dir gelungen wäre vor Montoya zu bleiben?"
Barrichello: "Michael hatte die Freiheit voll zu fahren. Was am Ende passiert wäre ist, dass wenn ich am Ende Zweiter und er Erster gewesen wäre, er mich vermutlich vorbeigelassen hätte. Aber er fuhr sein Rennen und ich meins. Aber mit der Pace die ich gehen konnte, mit den Reifen die ich hatte, denke ich, dass ich einen Vorsprung auf Michael herausfahren hätte können und es vermutlich funktioniert hätte. Montoya hat nach den Boxenstopps auf Grund einer Menge Untersteuern eine Menge Zeit verloren."