Renault: Silberpfeile haben die WM verschenkt!

Pat Symonds und Geoff Simmonds analysieren den WM-Ausgang und kommen zum Schluss, dass McLaren-Mercedes entscheidende Fehler gemacht hat

(Motorsport-Total.com) - Im Gegensatz zu den vergangenen beiden Jahren hatte Renault 2007 mit der Vergabe der beiden WM-Titel nichts zu tun, aber die Franzosen hatten natürlich einen Logenplatz, um die Entscheidung zwischen Ferrari und McLaren-Mercedes mitzuverfolgen. Mittendrin: Ex-Renault-Pilot Fernando Alonso.

Titel-Bild zur News: Pat Symonds

Pat Symonds glaubt, dass die Silberpfeile den Titel leichtfertig verschenkt haben

Der Doppelweltmeister von 2005 und 2006 zeigte sich nach seinem dritten Platz in Brasilien, der für eine erfolgreiche Titelverteidigung nicht ausreichte, relativ gefasst, stichelte aber wieder gegen die silberne Teamführung, indem er analysierte, dass er wohl locker Weltmeister geworden wäre, wenn man früher in der Saison ausschließlich auf ihn gesetzt und den Vorsatz der Gleichbehandlung beider Fahrer fallen gelassen hätte.#w1#

Symonds stellt sich auf Alonsos Seite

"Motorsport ist ein Teamsport - und man muss das machen, was am besten für das Team ist." Pat Symonds

Sein ehemaliger Chefingenieur Pat Symonds, der immer noch für Renault arbeitet, kann den Ärger seines Ex-Schützlings durchaus nachvollziehen: "Motorsport ist ein Teamsport - und man muss das machen, was am besten für das Team ist. Heutzutage bedeutet das, dass man sich möglicherweise voll hinter ein Auto stellen sollte", erklärte der Brite, der ja möglicherweise 2008 wieder mit Alonso zusammenarbeiten wird.

Dabei habe er früher auch die McLaren-Mercedes-Philosophie vertreten: "Wenn du mich das vor einem Jahr gefragt hättest, hätte ich geantwortet: 'Ja, absolut, so ist es richtig!' Wir haben es auch immer wie McLaren gemacht. Selbst als Fernando um die Weltmeisterschaft fuhr und wir nur einen neuen Flügel hatten, ließen wir den zu Hause, denn wir wollten nicht einen Fahrer bevorzugen. Ich stand voll hinter dieser Philosophie, aber ich muss zugeben, dass ich meine Meinung geändert habe."

Dabei sah es beim Grand Prix von Monaco noch so aus, als würden die Silberpfeile all ihre Jetons auf Alonso setzen, denn der Spanier durfte das Rennen im Fürstentum dank eines Nichtangriffspakts gewinnen, obwohl Hamilton im Nachhinein davon überzeugt war, der schnellere Mann gewesen zu sein. Erstmals offensichtlich wurde die Gleichbehandlung in Indianapolis, als Hamilton trotz eines Angriffs von Alonso in der ersten Kurve beinhart vorne blieb und triumphierte.

Kritik an McLaren-Mercedes

"Sie hatten das bessere Gesamtpaket, alles lief für sie, aber jetzt stehen sie mit nichts da." Pat Symonds

In der entscheidenden Phase der Weltmeisterschaft folgten dann auch noch einige Fehler: "Ich finde, McLaren hat den Titel verloren", so Symonds. "Sie haben einige Dinge falsch gemacht; zum Beispiel haben sie es den Fahrern erlaubt, zu vergessen, dass sie Angestellte des Teams sind. Das war falsches Management. Sie hatten das bessere Gesamtpaket, alles lief für sie, aber jetzt stehen sie mit nichts da."

"Es muss zermürbend sein", fuhr er fort. "Wenn sich die Leute in Zukunft zurückerinnern, werden sie sagen: 'Das war ein großartiger Kampf zwischen McLaren und Ferrari.' Aber diejenigen, die die Jahresrückblicke lesen, werden dann denken: 'Nun ja, McLaren war nicht besonders gut.' Und das ist zermürbend, nicht wahr? Sie waren über weite Strecken des Jahres die Besten im Feld, aber dann mit nichts dazustehen - das muss unglaublich schwierig sein."

Natürlich beschäftigte sich der 54-Jährige auch mit dem Phänomen Hamilton, der bis zu seinem Boxenpatzer in Shanghai schon wie der sichere Weltmeister aussah und selbst vor dem Finalrennen in São Paulo noch sieben Punkte Vorsprung auf Kimi Räikkönen hatte. Hamilton zeigte in der Entscheidung nämlich nicht die Abgebrühtheit seiner beiden Konkurrenten, legte eine fehlerhafte erste Runde hin und hatte dann auch noch Technikprobleme, für die er nichts konnte.

Zeigte Hamilton doch Nerven?

Fernando Alonso und Lewis Hamilton

Auch Renault fragt sich: Was war in Brasilien mit Lewis Hamilton los? Zoom

"Ich stimme zu, es hat wie ein Anfängerfehler ausgesehen", sagte Symonds über die erste Runde. "Man hat gesehen, dass er den Drück spüren konnte. Das ist mir schon in Spa aufgefallen. Seine Reaktion auf das Duell mit Fernando in der ersten Runde in den Interviews nach den Rennen war meiner Meinung nach der erste Riss in seiner Rüstung. In China haben wir noch mehr davon gesehen. Alle haben ja damit gerechnet, dass er es in Brasilien machen würde. Das bedeutet Druck."

Renault-Einsatzleiter Geoff Simmonds nimmt Hamilton die coole Tour nach Brasilien indes nicht ganz ab: "Ich wäre sehr enttäuscht, wenn ich den WM-Titel in meinem ersten Jahr um einen Punkt verlieren würde, denn er hatte so eine gute Ausgangsposition. Natürlich hatte er Probleme im letzten Rennen, aber es wäre sicher einfacher zu verdauen gewesen, wenn ihm zehn oder 15 Punkte gefehlt hätten. Man muss abwarten, wie er damit umgehen kann, aber er ist sicher enttäuscht", meinte er.

Und über Räikkönen sagte er: "Er hatte am Ende der Saison die meisten Punkte, also ist er der richtige Weltmeister. Mich wundert nur, dass Massa nicht mehr in der Entscheidung war." Symonds nickte zustimmend: "Kimi ist sicher ein würdiger Weltmeister, aber das hätte man über jeden der drei Kandidaten sagen müssen. Alle drei hatten ihre Höhen und Tiefen und ihre Sorgen mit dem Team. Aber wenn man auf Kimi zum Kurs 1:15 wetten konnte, dann war das eine gute Wette!"

Benzinskandal: Mangel an Beweisen?

"Die Sache ist ein Weckruf, dass einiges aufgeräumt werden sollte." Pat Symonds

Ganz entschieden ist die Weltmeisterschaft 2007 aber noch gar nicht, denn Mitte November kommt es zur Berufungsverhandlung in Bezug auf die zu niedrige Benzintemperatur beim BMW Sauber F1 Team und bei Williams in Brasilien. Theoretisch könnte Hamilton dadurch noch vom siebenten auf den vierten Platz aufrücken - und Räikkönen damit den WM-Titel verlieren. Allerdings rechnet kaum jemand damit, dass dies passieren wird.

Auch Symonds nicht: "Es wäre eine Tragödie, wenn die FIA Wochen nach dem letzten Rennen ihre Meinung darüber ändern würde, wer denn nun Weltmeister ist. Insofern glaube ich, dass die FIA diese Entscheidung nicht treffen wird - weniger aus diesem Grund, sondern eher aus dem Grund der mangelnden Beweise. Daher finde ich, dass sie nicht handeln sollten, sondern sie sollten die Prozeduren ändern. Die Sache ist ein Weckruf, dass einiges aufgeräumt werden sollte", sagte er.

Mangelnde Beweise? Genau: Laut Symonds ist es nämlich so, dass die für die Berechnungen herangezogene Außentemperaturmessung der FOM recht ungenau ist, weshalb die Teams auf die Daten des meteorologischen Instituts Meteo France vertrauen. Und: Die Benzintemperatur wurde in der Tankanlage gemessen, nicht im Tank - durch den schnellen Fluss durch den Schlauch beim Boxenstopp erwärmt sich das Benzin aber noch ein bisschen...

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