Prost vergleicht die erste Turbo-Ära mit der neuen

Alain Prost war in der ersten Turbo-Ära erfolgreich und ist gespannt auf die neue Formel 1 im kommenden Jahr - Die Fahrer werden sich umstellen müssen

(Motorsport-Total.com) - Im kommenden Jahr tritt das neue Motorenreglement in Kraft. Neben den Energie-Rückgewinnungs-Systemen schlummert künftig in den Boliden ein 1,6 Liter V6-Turbomotor. Die zweite Turbo-Ära in der Formel 1 bricht an. Ein Vertreter der ersten Generation war Alain Prost. Im Jahr 1983 wäre der Franzose um ein Haar der erste Turbo-Weltmeister der Geschichte geworden, doch im Finale in Kyalami gab es einen technischen Defekt an seinem Renault und Nelson Piquet wurde mit BMW-Power der erste Turbo-Weltmeister der Formel-1-Geschichte.

Titel-Bild zur News: Alain Prost

Alain Prost fuhr in der ersten Turbo-Ära mit Renault-, Porsche-, und Honda-Motoren Zoom

Prost debütierte im Jahr 1980 für McLaren in der Formel 1. Damals wurde der Rennstall noch von Teddy Mayer geleitet und es kam der bewährte Ford Cosworth DFV-Saugmotor zum Einsatz. Die erste Turbo-Ära stand in den Startlöchern, denn Renault hatte Mitte der 1970er-Jahre mit der Entwicklung eines V6-Turbos begonnen. Turbo-Motoren waren damals im Reglement erlaubt, aber niemand kam vor den Franzosen ernsthaft auf die Idee, dieses Motorkonzept für die Formel 1 umzusetzen.

Und auch bei Renault herrschte zu Beginn Skepsis. Beim Debüt im Jahr 1977 in Silverstone wurde der gelbe Bolide von vielen Beobachtern als "Teekanne" verspottet, weil Defekte an der Tagesordnung waren und der Wagen oft eine Rauchfahne nachzog. Als Jean-Pierre Jabouille seine ersten Runden gedreht hatte, meinte er nur, dass der Turbo maximal für einige Sekunden auf der Zielgeraden ansprang. Es war ein steiniger Weg für die Ingenieure.

Anfang der 80er-Jahre erkannten schließlich alle Hersteller die Vorteile des Konzepts. Prost wechselte 1981 zu Renault und verließ das Team nach dem verpassten WM-Titel im Streit. Zwischen 1984 und 1987 fuhr Prost bei McLaren einen TAG Porsche-Turbomotor, der zunächst ein Erfolgsgarant war. Honda entwickelte aber ebenfalls auf Hochtouren und hatte ab 1986 den besten Turbomotor. Die Siegesserie von Prost und Ayrton Senna im Jahr 1988 ist in die Geschichte eingegangen. Für 1989 wurden die Turbos verboten und die erste Ära war vorbei. Prost wurde in dieser Zeit zweimal Weltmeister.

In dieser Zeit erhielt Prost den Spitznamen "Professor". "Wenn man sich an den Beginn der 1980er Jahre zurückerinnert, dann ging es nur um das Ansprechverhalten", blickt der vierfache Weltmeister auf die Turboentwicklung zurück. "Es gab ein Turboloch von zwei bis drei Sekunden. Die Turbomotoren wurden jedes Jahr weiterentwickelt. Es gab große Entwicklungssprünge zwischen den ersten Motoren im Jahr 1977 bis zum Ende der Ära. In dieser Zeit war auch der Fahrstil ganz anders."

"Man musste den richtigen Moment für die Beschleunigung finden, und man musste annehmen, wann die Power einsetzen würde." Und Power hatten die Turbomotoren genug. Gerhard Berger berichtete beispielsweise, dass der BMW-Motor in Monza bei 350 km/h immer noch für durchdrehende Hinterräder sorgte. "Das richtige Timing hing von vielen Faktoren ab - von der Art der Kurve, vom Speed, dem Grip, der Art der Reifen und wie verbraucht sie schon waren, und wie verbraucht der Turbo war", geht Professor Prost ins Detail.

Alain Prosts Renault

Im Jahr 1983 verlor Alain Prost im Finale den ersten Weltmeistertitel an Nelson Piquet Zoom

"In manchen Kurven musste man früher bremsen, damit man früher wieder aufs Gas steigen konnte und deshalb die nötige Power zum richtigen Zeitpunkt einsetzte. Deshalb gab es so große Unterschiede zwischen den Autos. Die Fahrer wurden gegen Rennende auch müde. Dein Hirn musste mit all den Dingen anders umgehen."

Neue Turbo-Motoren werden anders sein

Seit dem Verbot der Turbos hat sich bei der Entwicklung viel getan. Deshalb bricht 2014 eine andere Ära an. "Wenn man sich die Entwicklung der Autos und speziell der Formel 1 ansieht, dann besteht kein Zweifel, dass die Turbomotoren der Zukunft anders sein werden", ist Prost überzeugt. "Das stimmt, weil ein Teil der Power elektrisch erzeugt wird. Wir haben im Moment noch keine genauen Daten über das Ansprechverhalten, aber sie wird viel kürzer als in den 1980er-Jahren sein. Auch die Fahrer werden sich umstellen müssen, doch es wird nicht so wie in der ersten Turbo-Ära sein."

"Es wird nur ein kleines Turboloch geben. Ich kann mir vorstellen, dass es nächstes Jahr wirklich kurz ausfallen wird, aber die Fahrer müssen sich trotzdem darauf einstellen. Es geht nicht nur um den Turbolader, sondern um die Interaktion des Verbrennungsmotors mit dem Elektromotor. Es wird komplex sein. Der Verbrennungsmotor wird rund 600 PS leisten und der Elektromotor 160. Das Power-Management wird eine größere Sache als bei Saugmotoren darstellen", vergleicht Prost die beiden Motorkonzepte.

Alain Prost vor Nigel Mansell

1985 und 1986 wurde "Professor" Prost mit McLaren TAG-Porsche Weltmeister Zoom

"Der Motor und wie man die Energie strategisch nutzt, wird von den Ingenieuren und den Fahrern auf unterschiedliche Wege umgesetzt werden. Es ist die Rückkehr zu einer Ära, in der der Fahrer strategisch denken und genau einkalkulieren muss, wie er sein Rennauto nutzen will. Schnell zu sein wird nicht mehr genug sein. Man muss schnell und gefühlvoll sein." Es sind in Zukunft also genau jene Attribute gefragt, die Prost zu einem der erfolgreichsten Fahrer der Geschichte gemacht haben.

Motorenentwicklung verändert die Formel 1

Seit die V8-Motoren eingefroren sind, ist der Faktor Motor in der Formel 1 fast auszuschließen. Die Leistung und der Verbrauch sind bei den Herstellern auf einem ähnlichen Niveau. Die Zuverlässigkeit ist auch gegeben. In den vergangenen Jahren zeigte die Formel 1 ein komplett anderes Bild als noch Anfang der 1990er. Damals war der Hubraum der Sauger auf 3,5 Liter beschränkt und es gab V8, V10 und V12-Motoren. Ex-Ferrari-Designer Franco Rocchi experimentierte sogar mit einem W12 für das kläglich gescheiterte Life-Team.

Das neue Motorenreglement wird der Formel 1 im kommenden Jahr ein neues Gesicht verleihen. "Wenn man die Motorentwicklung einfriert, dann werden das Chassis und die Aerodynamik wichtiger", sagt Prost klar. "2014 kommt die Situation wieder in die richtige Balance. Die technische Seite des Sports wird wieder interessant werden. Es wird wieder mehr Schwerpunkt auf den Motoren liegen. Wer auch immer die verschiedenen Stücke am effektivsten hinbekommt, wird davon am meisten profitieren. Innovationen werden von der guten Zusammenarbeit zwischen Chassis- und Motorenabteilung entstehen. Auf dem Papier hört sich das perfekt an."

Renault-Turbomotor

Die Antriebseinheit von Renault für 2014 ist hohe Ingenieurskunst Zoom

Deshalb glaubt Prost, dass 2014 eine neue Formel-1-Ära beginnt: "Viele Leute sind derzeit vom Racing enttäuscht. Es gibt Einschränkungen, wodurch die Motoren mehr oder weniger gleich sind. In den 1980ern konnte man sagen, dass die Turbomotoren Interesse für die Formel 1 kreierten. Alle waren interessiert an dieser neuen technischen Herausforderung. Es war auch eine emotionale Reise, denn für jedes Rennen wurden große Entwicklungen erwartet."

Technisch gesehen werden die neuen Antriebseinheiten Wunderwerke der Technik sein. Wenn sich die Fans am Sonntagnachmittag die Rennen ansehen, dann sorgt auch der Sound für die passende Atmosphäre. Es wurde schon viel über den Klang der neuen Turbomotoren diskutiert. Wie sieht Prost diese Sache? "Ich weiß, dass das für manche Leute ein Argument gegen Turbomotoren ist, aber ich finde nicht, dass es Sinn macht."

" Persönlich gefällt mit der Klang der Turbomotoren - sie sind sicherlich keine Diesel, das ist sicher!" Alain Prost

"Man braucht natürlich die Geräuschkulisse, aber es wird laut genug werden. Wir hatten V8, V10 und V12-Motoren, die unglaublichen Krach gemacht haben. Man konnte die Motoren am Klang unterscheiden. Persönlich gefällt mit der Klang der Turbomotoren - sie sind sicherlich keine Diesel, das ist sicher! Es wird immer Menschen geben, die meinen, dass früher alles besser war, aber die Geräuschkulisse sollte vollkommen in Ordnung sein."