Prew verspricht weiterhin turbulente Rennen

Chef-Renningenieur Phil Prew erklärt, ob McLaren das Qualifying für das Rennen opfern wird und wie das Rennen in China aus Sicht der Strategen lief

(Motorsport-Total.com) - Die Reifen waren schon bei den ersten drei Saisonrennen ein entscheidender Faktor. In der Türkei könnte sich die Lage durch den wenig Grip bietenden türkischen Asphalt verschärfen. Und dann wären da noch die Fragen, ob man zugunsten von frischen Reifensätzen im Rennen auf eine gute Platzierung im Qualifying verzichten soll und ob man lieber einen zusätzlichen Boxenstopp einlegt, um seine Konkurrenten in der Endphase nicht kampflos vorbeilassen zu müssen.

Titel-Bild zur News: Martin Whitmarsh (Teamchef)

Strategie-Computerspiel: Whitmarsh #AND# Co. steuern Hamilton und Button

Laut McLarens Chef-Renningenieur Phil Prew kommt den Gummis in Istanbul jedenfalls eine große Bedeutung zu, wie er gegenüber 'F1.com' klarstellt: "Der Reifenverschleiß wird ein großer Faktor. Ich denke, dass die Tendenz zu einem Dreistopp-Rennen geht. Der Kurs ist sehr fordernd - und zwar sowohl beim weichen, als auch beim harten Pirelli-Reifen."

Der Brite rechnet damit, dass die Teams wie schon in China mit unterschiedlichen Strategien an diese enorme Herausforderung herangehen werden: "Natürlich werden wir eine Annäherung der Strategien sehen, aber gleichzeitig scheinen die Autos sehr unterschiedlich mit den Reifen umzugehen und die Leute werden sich dadurch immer für unterschiedliche Strategien entscheiden. Uns erwarten also weiterhin spannende Rennen."

Ist das Qualifying nur noch Nebensache?

In China war es Mark Webber sogar gelungen, von Startplatz 18 auf das Podest zu rasen - der Red-Bull-Pilot hatte durch sein Ausscheiden in Q1 frische Reifen für das Rennen zur Verfügung. Wird das unfreiwillige Webber-Beispiel nun in der Formel 1 Schule machen? Ergibt es Sinn, das Qualifying zu opfern, damit man im Rennen frische Reifen hat?

"Wir werden eine gute Qualifying-Position neuen Reifen im Rennen vorzuziehen." Phil Prew

Lewis Hamiltons ehemaliger Renningenieur ist skeptisch: "Es hat Vorteile, wenn man frische Reifen zur Verfügung hat. Dennoch glaube ich, dass dich die Leistungsdichte des Feldes dazu zwingen wird, mehrmals mit frischen Reifen im Qualifying zu fahren. Unsere Herangehensweise wird es sein, eine gute Qualifying-Position neuen Reifen im Rennen vorzuziehen."

Eine überraschende Aussage, schließlich profitierte ausgerechnet Hamilton beim Sieg in Schanghai davon, dass er im Qualifying Reifen sparte und im Rennen dadurch im Vorteil war. "Ich will nicht abwerten, was wir mit Lewis in China gemacht haben", relativiert Prew nachträglich. "Wir hatten das Glück, dass wir es durch Q1 und durch Q2 mit nur einem Satz weicher Reifen schafften, wodurch wir uns einen Satz weicher Reifen sparten. Ich glaube aber nicht, dass man freiwillig auf Q3 verzichten würde, nur um Reifen zu sparen."

Neue Herausforderungen an der Boxenmauer

Eines ist jedenfalls klar: Die Strategen an der Boxenmauer sind dieses Jahr deutlich mehr gefordert als noch in den vergangenen Jahren. Das liegt aber auch daran, dass die Teams durch die unbekannten Pirelli-Reifen Neuland betreten und dadurch schnell auf dem falschen Fuß erwischt werden können.

"Wir müssen an der Boxenmauer dynamischer als in der Vergangenheit sein." Phil Prew

"Wir müssen an der Boxenmauer vielleicht etwas dynamischer als in der Vergangenheit sein", bestätigt Prew. "Wir erhalten Informationen bezüglich der Performance der Reifen und dem Verschleiß durch die Rückmeldungen der Fahrer und Beobachtungen, Rundenzeiten und Messungen aus dem Auto. Sie halten nicht so lange und dadurch müssen wir viel aufmerksamer sein und darauf achten, was andere Teams machen und auch wie unser Auto mit den Reifen umgeht. Außerdem gibt es mehr Stopps, wodurch mehr Entscheidungen getroffen werden müssen. Das ist eine ziemliche Herausforderung."

Dabei arbeitet das Rennteam von McLaren eng mit dem McLaren Technology Center in Woking zusammen. Durch die Vernetzung kommen die Strategen an der Boxenmauer in den Genuss von Simulationsdaten, die den Entscheidungsfindungs-Protess deutlich vereinfachen. "Wir versuchen, auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein", sagt Prew.

Der Grand Prix von China aus Sicht der Strategen

Er gibt ein Beispiel: "In China hatten wir den Plan, dass wir entweder auf zwei Stopps setzen, wenn die Reifen besser halten als erwartet, oder dass wir auf drei Stopps setzen, wenn der Reifenverschleiß hoch ist, was schließlich auch der Fall war. Wir kennen daher zu Beginn des Rennens unsere Optionen und wir besitzen Daten, die uns sagen, für welche Strategie wir uns entscheiden können oder müssen."

Während des Rennens kommt es dann regelmäßig zu einer neuen Einschätzung der Lage: "Man bewertet, auf welchen Postionen man liegt, wie sich das Feld auseinandergezogen hat, wie sich die Reifen verhalten. Das hilft einem dabei, während des Rennens Entscheidungen zu treffen, die dann umgesetzt werden."