Pirelli von Kritik überrascht

Pirelli-Motorsportchef Paul Hembery zeigt sich angesichts der Kritik an zu konservativen Reifen überrascht und kündigt Veränderungen an

(Motorsport-Total.com) - Der italienische Reifenhersteller Pirelli gab zu Beginn der Saison 2011 nach 20 Jahren sein Comeback in der Formel 1 und löste den bis dato als Alleinausrüster agierenden Konkurrenten Bridgestone ab. An der Fülle an Überholmanövern im Verlauf der zurückliegenden Saison hatten nicht nur die neu beziehungsweise wieder eingeführten Systeme DRS und KERS maßgeblichen Anteil, sondern nicht zuletzt auch die Pirelli-Reifen.

Titel-Bild zur News: Das Pirelli-Sortiment 2011

Die Markierungen der einzelnen Pirelli-Mischungen werden deutlicher ausfallen

Gegen Ende der Saison sah sich der Reifenhersteller allerdings verstärkt Kritik seitens der Teams und Fahrer ausgesetzt, wonach die Mischungen zu konservativ ausfallen würden. Diese Haltung kann Pirelli-Motorsportchef Paul Hembery nicht nachvollziehen und verweist auf die Herausforderungen, der sich das Unternehmen im vergangenen Jahr gegenübergestellt sah.

"Ich finde es seltsam, dass wir gegen Ende der Saison dafür kritisiert wurden, zu konservativ vorgegangen zu sein", zeigt sich Hembery im Rahmen der Autosport-Show in Birmingham überrascht und gibt zu bedenken: "Als wir das Jahr begonnen haben, waren alle der Meinung, wir hätten es in die andere Richtung übertrieben."

Härtere Mischungen als Reaktion auf vorherige Kritik

In der Tat war in der ersten Saisonhälfte eine ganze Reihe von Kommentaren aus dem Formel-1-Fahrerlager zu hören, wonach die Pirelli-Reifen zu weich wären und zu schnell verschleißen würden. Dieser Kritik nahm sich der italienische Hersteller an und brachte im Verlauf der Saison veränderte Mischungen, die sich durch eine längere Lebensdauer auszeichneten. Auf einen Einsatz der superweichen Mischung wurde in der zweiten Saisonhälfte gänzlich verzichtet.

"Die Leute verstehen nicht, wie schwierig es ist, Reifen zu entwickeln, die mehrere Boxenstopps erfordern", gibt Hembery zu bedenken. "Wenn du die Sache falsch angehst und Reifen produzierst, die 200 Kilometer lang halten, bist du sofort wieder bei einem Ein-Stopp-Rennen. Um die drei Stopps pro Rennen zu garantieren - wie es uns auferlegt wurde - mussten wir sehr hart arbeiten."

¿pbvin|512|3302|pirelli|0|1pb¿Dazu kommt, dass der Reifenhersteller im Vorfeld der Saison 2011 bei weitem nicht für alle Strecken über entsprechende Erfahrungswerte verfügte. Lediglich auf den Pisten, auf welchen man zuvor zu Testzwecken unterwegs war, konnte man auf selbige zurückgreifen. "20 Strecken, zwölf Chassis und 24 Fahrer mit nur vier Mischungen in die Balance zu bekommen, war extrem schwierig", hält der Pirelli-Motorsportchef fest.

So bezeichnet Hembery die Comeback-Saison von Pirelli in der Königsklasse rückblickend als "insgesamt sehr zufriedenstellend". "Wir werden versuchen, diesen Maßstab 2012 zu bestätigen." Der Brite geht jedoch nicht so weit zu sagen, dass die Formel 1 nur dank Pirelli an Spannung zugelegt hat. "Uns ist klar, dass wir ein Teil des Gesamtpakets sind. Es fällt schwer, die drei Technologien zu trennen", hält er mit Blick auf DRS und KERS fest.

Veränderungen der Mischungen und Markierungen

Für die bevorstehende Saison 2012 kündigt Hembery weitere Veränderungen an. So werden sich "die Mischungen Hard, Medium und Soft anders präsentieren", wie er verrät. Die vierte Mischung (Supersoft) wird es künftig bekanntlich nicht mehr geben. "Die Leistungsunterschiede zwischen diesen Mischungen werden deutlich geringer ausfallen. Zudem werden die Reifen niedrigere Rundenzeiten zulassen."

Zudem wurde das Profil der Hinterreifen bei allen drei Mischungen verändert. "Wir gehen davon aus, dass die Abtriebswerte in der neuen Saison niedriger ausfallen werden", begründet Hembery mit Blick auf das Verbot des heiß angeblasenen Diffusors. "Mit dem Wissen, über das wir inzwischen verfügen, werden wir aggressivere Mischungen für die einzelnen Rennen bereitstellen", so der Brite.

Darüberhinaus werden sich die einzelnen Mischungen künftig einfacher voneinander unterscheiden lassen, wie Hembery im Hinblick auf einen weiteren Kritikpunkt ankündigt. "Wir haben bereits nach Singapur Veränderungen bei den Markierungen vorgenommen und werden die Breite der Farbstreifen weiter vergrößern."

Am 25. Januar sollen die neuen Markierungen auf dem Yas-Marina-Circuit in Abu Dhabi erstmals der Öffentlichkeit präsentiert werden. Zudem arbeitet Pirelli in Zusammenarbeit mit der FOM daran, künftig Fernseheinblendungen bereitzustellen, die es dem Zuschauer "zusätzlich erleichtern sollen, zu erkennen, welches Fahrzeug sich auf welcher Reifenmischung befindet".