• 15.07.2011 19:55

  • von Dieter Rencken

Motoren, Moneten und mehr: Neue Hintergründe

Die Motorenregeln für 2014 werfen ihre Schatten voraus, denn die Motorenhersteller streben ein Abkommen zur finanziellen Chancengleichheit an

(Motorsport-Total.com) - Während sich die Formel-1-Saison 2011 der Saisonmitte nähert, stellen die Verantwortlichen hinter den Kulissen bereits die Weichen für die langfristige Zukunft der Königsklasse. In Silverstone trafen sich die Funktionäre der Rennställe zu verschiedenen Meetings, um das weitere Vorgehen und einige Ideen zu besprechen. Ein großes Thema dabei: das Ressourcen-Restriktions-Abkommen (RRA).

Titel-Bild zur News: Sebastian Vettel

Die Formel 1 ist wieder einmal im Umbruch: 2014 soll ein neues RRA am Start sein

Ein eben solches existiert bereits seit geraumer Zeit, soll in naher Zukunft allerdings entscheidend erweitert werden. Im Zentrum der Bemühungen stehen dabei die Formel-1-Motoren, die trotz der "eingefrorenen" Entwicklung nach wie vor einen hohen Kostenpunkt darstellen. Ein für 2014 - also pünktlich zur Einführung des neuen Motorenkonzepts - geplantes RRA soll daran anknüpfen.

Darin sollen die Mitarbeiterzahlen der jeweiligen Motorenabteilungen, die Nutzung der Prüfstände, die Anzahl der Testträger sowie die Computerleistung und dergleichen eingeschränkt werden, sodass auch auf Seiten der Formel-1-Aggregate ein kostengünstigeres Vorgehen als bisher möglich ist. Zudem sollen diese Maßnahmen die Chancengleichheit im Starterfeld noch einmal etwas fördern.

Wie wichtig die einzelnen Motorenhersteller diesen Ansatz nehmen, dokumentieren die anwesenden Personen bei den Besprechungen in Silverstone: Für Ferrari nahm Team-Finanzchef Luigi Centenari am Treffen teil, als leitender Direktor von Renault Sport war Cyril Abiteboul vor Ort, Mercedes HPE schickte Geschäftsführer Thomas Fuhr und Cosworth war durch Mark Gallagher vertreten.

Auch Craig Pollock ist mit von der Partie

Zu den Vertretern der vier bereits in der Formel 1 engagierten Motorenhersteller - Cosworth, Ferrari, Mercedes und Renault - gesellte sich in Großbritannien noch der ehemalige Teamchef Craig Pollock, der mittlerweile für PURE arbeitet und das Unternehmen 2014 als weiteren Motorenlieferanten in die Königsklasse bringen könnte. Das Interesse an einer einvernehmlichen Lösung ist also vorhanden.

"Wir waren besorgt, dass das Pendel zum Vierzylinder-Motor schwenken könnte..." Mark Gallagher

Nicht zuletzt, weil es im Fahrerlager zuletzt die Befürchtung gab, das Gleichgewicht im Starterfeld könnte kippen. Hintergrund: Renault wird ab 2012 neben Lotus, Red Bull und Renault auch noch Williams mit Aggregaten beliefern und somit vier Teams ausrüsten, wohingegen Cosworth ab der neuen Saison "nur" noch HRT und Marussia-Virgin in der Formel-1-Kundenkartei führen wird.


Fotos: Großer Preis von Großbritannien


Dementsprechend wird befürchtet, Cosworth könnte sich angesichts der schwierigeren Situation bald komplett aus der Königsklasse verabschieden, was wiederum Konsequenzen für die Konkurrenz mit sich bringen würde. Ferrari, Mercedes und Renault müssten in diesem Fall noch weitere Rennställe mit Triebwerken versehen, was nach aktuellem Stand der Dinge sicher kein Wunschszenario ist.

Kosten und Leistung sind den Herstellern wichtig

Dass die Formel 1 ab 2014 auf V6-Turbomotoren setzen will, empfindet Cosworth-Oberhaupt Gallagher in diesem Zusammenhang als Erleichterung: "Wir waren besorgt, dass das Pendel zum Vierzylinder-Motor schwenken könnte, denn dafür gab es kein RRA und uns wäre womöglich ein Wettrüsten ins Haus gestanden", sagt der Brite. Damit hätte sich für Cosworth einiges verändert.

"Und das zu einem annehmbaren Preis für Renault." Rob White

Man hätte unter diesen Umständen kein leichtes Spiel gehabt, weil Cosworth in diesem Fall weder über garantierte Motorenabnehmer noch über eine stabile Kostenkontrolle verfügt hätte, wie Gallagher betont. "Jetzt hat sich das Gesamtbild jedoch verändert und das ist gut so", meint der Cosworth-Chef im Hinblick auf das angestrebte neue Abkommen, das die Motorensituation ab 2014 regulieren soll.

Rob White, Motorenchef bei Renault, sieht dies nicht anders: "Einer der Schlüssel-Erfolgsfaktoren für Renault ist, dass wir die Kosten im Auge behalten und genau die Leistung erbringen, die wir erbringen müssen - und das zu einem annehmbaren Preis für Renault", erläutert der Brite und fügt hinzu: "Aus diesem Grund nehmen wir aktiv an den Verhandlungen der finanziellen Rahmenbedingungen teil."

Schlupflöcher soll es nicht geben

Darin ist auch Gilles Simon involviert, der früher für Ferrari tätig war und nun als Wortführer für den Automobil-Weltverband (FIA) in der Motorenfrage agiert. "Die FIA leitet die Gespräche über die technischen Regeln. Die Diskussionen über den finanziellen Rahmen knüpfen gewissermaßen an diesen Prozess an", gibt White diesbezüglich zu Protokoll. Man wünsche sich eine klare Regelung.

"Das RRA muss einschränkend genug sein, um eine große Wirkung zu haben." Rob White

"Das RRA muss einschränkend genug sein, um eine große Wirkung zu haben. Das heißt: Es darf nicht zu viele Schlupflöcher geben, um gewisse Prozesse nach außen zu verlagern", erklärt White. Das RRA müsse so ausgelegt sein, dass es den unterschiedlichen Umständen der jeweiligen Teams erfolgreich Rechnung trage. Wichtig sei auch, in dieser Sache nicht unbedacht vorzupreschen.

"Man muss schon sehr aufpassen, was unbeabsichtigte Konsequenzen anbelangt, denn es handelt sich um sehr konkurrenzfähige Unternehmen", sagt der Renault-Motorenchef und merkt an: "Ein RRA, das zu einem gewissen Zeitpunkt in der Zukunft in Kraft tritt und den Nebeneffekt hat, dass in den darauf folgenden zwei bis drei Jahren ein Wettrüsten stattfindet, wäre sicherlich nicht sehr populär."¿pbvin|512|3883||0|1pb¿

Das RRA soll die Ausgangslagen angleichen

Ein eben solches Szenario hatte Cosworth ja schon bei den Vierzylinder-Motoren befürchtet, die nun doch nicht an den Start gebracht werden. Anstoßgeber zur Erweiterung des Abkommens war die britische Motorenschmiede aber nicht alleine. Laut White sei der Wunsch nach einer Regelung eine "während der Regeldiskussionen immer wieder aufkommende Bitte der Motorenhersteller" gewesen.

"Man muss schon sehr aufpassen, was unbeabsichtigte Konsequenzen anbelangt." Rob White

Inwiefern die Kommentare von Red-Bull-Konsulent Helmut Marko eine Rolle spielten, ist unklar. Der Österreicher hatte bereits vor Wochen auf die unterschiedlich großen (Motoren-) Abteilungen der Teams hingewiesen. "Ich bin mir dieser Äußerungen bewusst", meint White, "weiß aber nicht, ob sie direkt im Zusammenhang damit stehen." Die nackten Zahlen sprechen allerdings klar für sich.

Das Mercedes-Werksteam beschäftigt 2011 insgesamt 420 Mitarbeiter plus 400 weitere Angestellte in der Motorenabteilung - beide Bereiche sind also ähnlich groß. Bei Renault beläuft sich die Zahl der Teammitglieder auf 500, wobei lediglich 170 Angestellte aus der Motorenabteilung hinzukommen. Das neue RRA wäre auch darauf ausgerichtet, solche gravierenden Unterschiede zu nivellieren.