• 06.09.2015 22:06

  • von Craig Scarborough (Haymarket)

Formel-1-Technik 2015: Mercedes bestimmt die Schlagzeilen

Auf einer Strecke, an die alle Teams Pakete mitbringen, um den Luftwiderstand zu reduzieren, dominiert Mercedes' Motorenupgrade die Gespräche im Paddock

(Motorsport-Total.com) - Monza ist der letzte Hochgeschwindigkeitskurs im Formel-1-Kalender. Er erfordert ein Setup mit extrem wenig Luftwiderstand und ist auch ein idealer Ort, um eine neue Spezifikation des Motors einzuführen. Viele Hersteller brachten Upgrades ihrer Power-Unit mit, im Mittelpunkt steht die gewaltige Token-Investition von Mercedes. Außerdem bekamen alle Autos neue Aero-Teile, um den Anforderungen der Strecke gerecht zu werden.

Titel-Bild zur News: Lewis Hamilton

Lewis Hamilton siegte in Monza mit einem überarbeiteten Mercedes-Motor Zoom

Mercedes

Bei Mercedes war in Monza die Einführung der neuen Power-Unit-Spezifikation das große Thema. Sie haben all ihre verbliebenen sieben Token in ein großes Upgrade investiert. Der Fokus lag eindeutig auf dem Verbrennungsmotor, Bereiche wie das ERS oder den Turbo betrifft das Update nicht. Es war eine Kooperation von Mercedes HPE in Brixworth und Petronas notwendig, denn der Kern ist ein neuer Verbrennungsprozess.

Das Ergebnis ist ein effizienterer Motor, was mehr Power bedeutet, aber auch vermuten lässt, dass die Fahrbarkeit, der Spritverbrauch, die Kühlung und die Lebensdauer verbessert wurden. Die sieben ausgegeben Token beinhalten ein "Verbrennungsupgrade" in Höhe von drei Token. Dadurch konnte der Motor rund um die Verbrennungskammer verändert werden.

Zu den weiteren vier Token wurden keine Details offengelegt, aber Andy Cowell von Mercedes hat bestätigt, dass sie benötigt wurden, um dazu in Verbindung stehende Updates zu ermöglichen, die den neuen Verbrennungsprozess unterstützen. Bis Monza hatte jeder Mercedes-Pilot lediglich zwei seiner vier Antriebsstränge eingesetzt. Diese Zuverlässigkeit erreicht kein anderes Team.

Die Motoren aus Melbourne wurden bis Montreal verwendet, als es ein Update für die Zuverlässigkeit gab. Diese Einheiten wurden dann bis Monza eingesetzt. Abgesehen von dem offensichtlichen Performance-Vorteil des neuen Motors, ist das Update auch deshalb wichtig, weil Mercedes nun acht Rennen Zeit hat, um die die Zuverlässigkeit des Verbrennungsmotors zu testen.

Denn dieser V6-Antrieb wird die Basis für die neue Einheit für 2016 sein. Das bedeutet, dass Mercedes im Winter 25 neue Token bekommt, die sie alle in ERS- und Turboentwicklung investieren können. Die anderen Motorenhersteller werden sich Sorgen machen, dass Mercedes ein starkes und erprobtes Paket haben wird. Die Updates werden pünktlich zu den Wintertests fertig sein, was deshalb noch wichtiger wird, da es ab 2016 keine Entwicklung während der Saison mehr geben wird. Die Motoren müssen bis Ende Februar homologiert werden.

Nico Rosberg

Außerdem präsentierte Mercedes wieder einmal einen neuen Heckflügel Zoom

Abgesehen davon war am W06 schon wieder ein neuer Heckflügel die größte optische Änderung. Er wurde verkleinert, um den Ansprüchen von Monza gerecht zu werden. Der Flügel ist nicht so aggressiv wie der gebogene Spa-Flügel, aber er folgt dem gleichen Prinzip. Der mittlere Abschnitt wird mehr beansprucht und der Winkel des Flügels wird an den Enden gesenkt, um den Luftwiderstand zu reduzieren.

Ferrari

Im Gegensatz zum großen Mercedes-Update hat Ferrari lediglich drei Token in seinen Antrieb investiert. Die Details des Updates sind streng geheim, aber 'Autosport' hat erfahren, dass es sich, ganz wie beim großen Rivalen Mercedes, um den Verbrennungsprozess dreht. Da es nur zwei mögliche Updates gibt, die mehr als zwei Token kosten, könnte so ziemlich jeder Teil des Verbrennungsmotors neu sein.

Kimi Räikkönen

Auch im Heck des Ferrari arbeitet seit Monza ein überarbeiteter Motor Zoom

Auch hier hatten beide Piloten diese Einheiten ab dem ersten Training im Freitag zur Verfügung. Ferrari setzte den SF15-T mehr oder weniger in der gleichen Spezifikation ein, die sie auch in Spa verwendeten. Allerdings gab es einen vereinfachten Frontflügel und einen flachen - aber nicht extremen - Heckflügel.

Red Bull

Renault hält seine überarbeitete Power-Unit weiterhin zurück. Die Franzosen werden dann ihre ersten Token in dieser Saison ausgeben. Allerdings gab es eine Menge Motorwechsel an ihren Autos, um den Pool an Antriebssträngen für die kommenden Rennen zu erhöhen - wie es McLaren und Honda in Spa machten. Das hatte Gridstrafen gegen Red Bull und Toro Rosso zur Folge.

Weil man von ganz hinten starten musste, war der RB11 so eingestellt, im Rennen Überholmanöver zu erlauben. Dieser Kompromiss wird dann einfacher, wenn die Pace im Qualifying nicht so wichtig ist. Deshalb hatte das Auto einen extrem flachen Heckflügel und eine schlanke Front, um den Verlust des Abtriebs hinten auszubalancieren. Die Entwicklung ging am Freitag weiter, als das Team eine andere Nase, einen S-Schacht und Luftleitbleche ausprobierte.

Daniil Kwjat

Daniil Kwjat wurde am Freitag das Opfer von sogenannter Flow-Viz-Farbe Zoom

Beide Piloten fuhren mit Flow-Viz-Farbe unter dem Bereich der Nase. Allerdings kam die Farbe in den S-Schacht, trat über dem Auto wieder aus und verteilte sich auf den Helmen der Fahrer. Daniel Ricciardo hatte besonders viel Pech, sein gesamter Helm inklusive Visier wurde mit grüner Farbe überschüttet. Daniil Kwjats Helm wurde nur oben getroffen, was darauf schließen lässt, dass die verschiedenen Front-Aero-Kombinationen einen Einfluss auf den S-Schacht hatten.

Williams

Nachdem es in Spa Schwierigkeiten gab, trat Williams in Monza mit viel weniger Abtrieb und Luftwiderstand an. Der Heckflügel war besonders flach. Statt einer anderen Kombination aus Hauptstück und Flap, um weniger Luftwiderstand zu erhalten, verkürzte Williams einfach die Länge des Flaps am hinteren Ende. Mit dieser Geometrie - die Spitze des Flaps tiefer als die Endplatten des Flügels - folgte man der Philosophie von einigen anderen Teams.

Felipe Massa

Williams brachte ebenfalls einen neuen Heckflügel mit nach Monza... Zoom

Möglicherweise ist dieser Weg effektiver, um den Luftwiderstand und Abtrieb eines Heckfügels zu reduzieren, ohne neue Flächen herstellen zu müssen, aber trotzdem einen starken DRS-Effekt zu erhalten. Die neuen Antriebe von Mercedes verwendet Williams momentan noch nicht. Die Natur der Entwicklung des Updates bedeutet, dass die Teile den Teams noch nicht zur Verfügung gestellt werden. Allerdings könnte Mercedes die Option nach diesem Rennwochenende in Betracht ziehen.

McLaren und Force India

Italien war wieder ein Rennen, in dem Motorleistung und ERS-Energie ein Handicap für das McLaren-Honda-Paket waren. Weil sie wussten, dass das Auto nicht genug Power von den Hybridsystemen bekommen wird, wurde der MP4-30 mit einem Setup mit extrem wenig Luftwiderstand und Abtrieb ausgestattet. Abgesehen von dem offensichtlich kleineren Heckflügel hatte das Auto auch die alte, längere Nase, die für weniger Luftwiderstand sorgt.

Fernando Alonso

...und McLaren setzte in Italien wieder die alte und längere Nase ein Zoom

Monza ist eine Strecke, die den geringen Luftwiderstand von Force India regelmäßig belohnt. Auch der Mercedes-Motor schadet hier nicht. Der VJM08 stand bei den Topspeeds ganz vorne, obwohl der Heckflügel nicht so klein war, sondern ungefähr auf einem Level mit Ferrari. Das bedeutet, dass das Auto eine bessere Bremsstabilität hatte und die Reifen während eines Longruns besser schonte.

Lotus

Obwohl der Fokus auf den finanziellen Problemen des Teams und der bevorstehenden Übernahme durch Renault lag, bekam der Lotus E23 in den vergangenen beiden Rennen einige kleine Updates. In Spa wurde ein neuer Frontflügel kaum bemerkt, weil die Veränderung in einem speziellen Bereich des Flügels lag und es keine große Veränderung der Philosophie gab.

Pastor Maldonado

Lotus setzt bereits seit Belgien auf einen leicht überarbeiteten Frontflügel Zoom

Die Hauptfläche des Flügels verfügt nun in seiner gesamten Breite über einen Slot. Dieser Slot hörte vorher unter den vorderen Kaskaden-Winglets auf. Dieses Update dürfte vor allem in den kommenden Rennen nützlich sein, die mehr Abtrieb erfordern. In Monza spielte das Team außerdem mit der Form der Endplatte und den Trägern der Kaskaden-Winglets. Wie auch Williams verwendete Lotus einen Heckflügel-Flap mit tieferen hinteren Kanten, um Abtrieb und Luftwiderstand zu reduzieren.

Toro Rosso, Sauber und Manor-Marussia

Toro Rosso war ein weiteres Team, das das angesprochene Heckflügel-Setup verwendete. Sie setzten vermutlich den kleinsten Heckflügel aller Teams auf dieser Strecke ein.

Max Verstappen

Toro Rosso trat in Monza mit dem wohl kleinsten Heckflügel aller Teams an Zoom

Sauber verwendete die China-Konfiguration des Frontflügels, die seit dem Debüt nicht mehr zum Einsatz gekommen war. An diesem Wochenende war der Flügel mit einem kleinen Aero-Rake ausgestattet, um den Luftstrom zu messen. Es wird erwartet, dass der Flügel effektiver sein wird, wenn in Singapur das neue Aero-Upgrade zum Einsatz kommt.

Manor-Marussias Auto war unverändert, abgesehen von der Belgien-Spezifikation des Heckfügels. Es wird beim kommenden Rennen in Singapur allerdings einen neuen Frontflügel und hinten einen neuen Bremsschacht geben.