• 23.04.2009 15:14

Mercedes: Aufholjagd oder Ausstieg?

Der deutsche Motorenlieferant Mercedes könnte sich auf Druck seiner Angestellten aus der Formel 1 zurückziehen und ein "grünes" Image anstreben

(Motorsport-Total.com/SID) - Die Ausstiegsforderung des Mercedes-Betriebsrats hat die Formel 1 erschüttert. "Es ist schockierend, so etwas zu hören. Wenn so jemand darüber nachdenkt, ist er sicher nicht der Einzige. Aber Mercedes gehört zur Formel 1", sagt Williams-Pilot Nico Rosberg vor dem Großen Preis von Bahrain am Sonntag (14 Uhr MESZ/live bei 'Premiere' und 'RTL'). Der 23-Jährige hatte im Winter selbst noch mit McLaren-Mercedes über einen Wechsel verhandelt.

Titel-Bild zur News: Kommandostand von McLaren-Mercedes

Verwaist: Ein Mercedes-Ausstieg würde in der Formel 1 seine Spuren hinterlassen...

BMW-Pilot Nick Heidfeld meint, dass die Wirtschaftskrise jeden weltweit betreffe, also auch die Formel 1. In Zeiten der wachsenden Arbeitslosigkeit und der Gehaltskürzungen seien diese Diskussionen verständlich: "Aber die Formel 1 wird ja nicht betrieben, um Geld zu verbrennen. Es ist finanziell sinnvoll und ein Vorteil für die Marke durch die weltweite Werbung." Das gelte für BMW und Mercedes, das als Motorenlieferant für WM-Spitzenreiter Brawn "derzeit alles in Grund und Boden fährt" (Rosberg).#w1#

Mercedes: Formel-1-Engagement auf dem Prüfstand

Mercedes ist gemeinsam mit McLaren in der Formel 1 vertreten und beliefert zudem Brawn und Force India mit Triebwerken. Dabei wird laut Sportchef Norbert Haug "mindestens einmal pro Jahr" vom Vorstand über die Zukunft der Formel 1 entschieden. Der Gesamtetat von McLaren-Mercedes liegt bei geschätzten 270 Millionen Euro, beide Partner kommen dabei Schätzungen zufolge für etwa die Hälfte der Gesamtsumme auf.

Mit der Motorenproduktion für die zwei Formel-1-Teams wird laut Haug Geld verdient. "Wenn ein Arbeiter 2.000 Euro verdient und das geht auf 1.800 runter, verstehe ich, dass jemand fragt", sagt Haug und verweist auf die geringeren Ausgaben für das Formel-1-Projekt als vor fünf Jahren: "Die Formel 1 ist die beste Werbekampagne, die es für Mercedes geben kann."

Allerdings hatten trotz des WM-Titels für Silberpfeil-Pilot Lewis Hamilton die Spionage-Affäre und zuletzt die Lügen-Affäre für Negativschlagzeilen gesorgt. Bei BMW hatte es vor Jahren einmal vom Betriebsrat Zweifel am Formel-1-Projekt gegeben. Derzeit ist die Lage aber ruhig, zumal sich der Vorstand wegen des "günstigen Kosten-Nutzen-Verhältnisses" offen für die Fortsetzung des Engagements in der Königsklasse ausgesprochen hat.

Green Technology statt Formel 1?

Für den Daimler-Betriebsratsvorsitzenden Helmut Lense und die meisten Arbeitnehmer im Konzern aber ist der Formel-1-Auftritt von Mercedes mit Blick auf geplante Einsparungen von zwei Milliarden Euro in diesem Jahr nicht mehr vermittelbar. "Die Formel 1 hat keine Akzeptanz in der Belegschaft. Das muss man zur Kenntnis nehmen", hatte er der 'Stuttgarter Zeitung' gesagt. Die Reaktion der Beschäftigten auf den Betriebsversammlungen in allen Daimler-Werken im April hätte dies gezeigt - deshalb sei ein Ausstieg angeraten.

"Daimler hat das Ziel, führend in 'Green Technology', also in umweltfreundlichen Antriebstechnologien, zu werden. Passt dazu die Formel 1? Wäre es nicht jetzt das richtige Signal, aus der Formel 1 auszusteigen und sich stattdessen konsequent auf umweltfreundliche Antriebstechnologien zu konzentrieren?", fragt Lense, der als Betriebsratsvorsitzender für die PKW-Entwicklung und das Werk Untertürkeim Mitglied des Daimler-Aufsichtsrates ist.

Laut Rosberg komme es in der Formel 1 jetzt darauf an, die Kosten runterzubringen: "Damit die großen Teams in der Formel 1 bleiben oder andere Teams neu einsteigen." Derzeit liebäugeln zum Beispiel Lola, Aston Martin und ein Team aus den USA mit dem Einstieg in die Königsklasse ab 2010. Dann soll die Budgetobergrenze nach dem Willen des Automobil-Weltverbandes FIA bei umgerechnet 33 Millionen Euro exklusive Fahrergehälter liegen.