• 20.09.2010 15:58

  • von Markus Miksch

López: "Fahrer sollen mehr Zeit mit Fans verbringen"

Gerard López, Anteilseigner beim Renault-Rennstall, teilt die Ansicht von Martin Whitmarsh, dass sich die Formel 1 besser vermarkten sollte

(Motorsport-Total.com) - Renault-Besitzer Gerard López ist der Ansicht, dass die Formel 1 noch viel Luft nach oben in Sachen Marketing hätte. Seiner Ansicht nach hat sich die Königsklasse in den vergangenen Jahren zu sehr vom einfachen Fan distanziert. Dabei sei gerade dieser bereit Geld in die Hand zu nehmen, wenn ihm etwas geboten wird. López sieht vor allem Handlungsbedarf was das Formel-1-Angebot im Internet betrifft.

Titel-Bild zur News: Gerard López

Gerard López macht sich Gedanken um die Zukunft der Formel 1

"Ich glaube, die Formel 1 hat gut daran getan - und ich werde sicher getötet, wenn ich das sage - bisher nichts im Internet gemacht zu haben und abzuwarten. Man kann es auf die falsche Weise machen, wie die Musikindustrie, die am Anfang gar nichts gemacht hat, dann irgendetwas Halbbackenes, um darauf zu kommen, dass man in einer verzwickten Lage steckt. Bernie hat gewartet, wie sich der Markt entwickelt. Die Formel 1 muss nicht noch berühmter werden, aber man muss besser darin werden, abseits der TV-Rechte abzukassieren", gab der Renault-Besitzer gegenüber 'Autosport' zu Protokoll.#w1#

López, der mit seiner Investment-Firma Genii Capital den Großteil der Anteile am Renault-Rennstall hält, schlägt dabei in die gleiche Kerbe wie Martin Whitmarsh. Der McLaren-Teamchef hatte vor kurzem gesagt, der Sport sei "schlecht gemanagt", es gebe keine Marketingstrategien und keine Bemühungen auf den Fan zuzugehen. López ist ähnlicher Ansicht: "Die Formel 1 muss sich als globaler Sport besser vermarkten. Sie muss vielleicht auch besser Geld scheffeln, was etwas völlig anderes ist. Vermarkten bedeutet, Geld in etwas zu stecken und zu hoffen, bekannt zu werden. Monetisierung bedeutet Geld machen."

Der Meinung des Rennstallbesitzers nach liegt "Die Zukunft des Sports im Vergrößern des Medienangebots und der Einnahmen. Aber auch neue Austragungsorte sind wichtig. Wir müssen vor allem dort mehr Leute für die Formel 1 begeistern. Wir wissen alle, was wir dafür tun müssen, nämlich einen erfolgreichen Rennfahrer aus diesen Regionen hervorbringen." In dieser Hinsicht sieht man bei Renault bereits Bemühungen - mit Vitaly Petrov schenkte erstmals ein Team einem Russen das Vertrauen. Sicherlich auch mit dem Hintergedanken, was dies für PR am riesigen russischen Markt bringen würde.

"Niemand würde einen Piloten töten oder ausrauben"

Doch einfach nur einen Fahrer in der Formel 1 zu haben ist zu wenig. In den goldenen Zeiten waren die Piloten noch Helden. Dies hat sich in den vergangenen Jahrzehnten geändert. Heute wird die Formel 1 von manchen schon als Teamsport gesehen. Die Fahrer sind Teil eines großen Konzerns. Dabei steht gerade bei den Fans der Fahrer an erster Stelle, sie feuern ihn an, ob er im Ferrari oder im HRT sitzt. Doch meistens bekommen sie bis auf einen Winker bei der Fahrerparade nicht viel zurück.

Adrian Sutil

López glaubt, dass die Piloten mehr mit den Fans in Berührung kommen sollten Zoom

Geht es nach López soll sich das in Zukunft ändern: "Es ist sehr einfach, die Formel 1 als distanzierten Sport zu kritisieren. Aber wir bei Renault animieren unsere Fahrer beispielsweise, ohne Securitys durch das Fahrerlager zu gehen. Wieso? Weil wir denken, dass es eine gute Sache ist und sie niemand töten oder ausrauben wird. Die Leute wollen die Fahrer vor allem berühren. Das ist ja wohl nicht so schlimm, oder? Übervorsichtig auf seine Piloten zu sein ist der erste Schritt den Fans nicht nahe zu sein. Die Fahrer mögen es auch."

Der Renault-Besitzer kritisiert dabei die Einstellung, die bei manchen anderen Teams herrscht: "Das Paddock ist 200 Mal 50 Meter groß und die meisten Formel-1-Mitarbeiter denken, es ist das Zentrum des Universums. Aber das ist es nicht. Wir würden schon dadurch profitieren, wenn manche Dinge relaxter angegangen werden würden." Oft liegt der wenige Kontakt zwischen Fans und Fahrern nicht nur an den Teams, sondern an den Piloten selbst.

Junge Piloten und Starallüren

"Die Fahrer, die aus der GP2 hochkommen, haben noch keine Starallüren, die sind schon froh, wenn man sie erkennt. Sind sie aber zwei, drei Jahre in der Formel 1, sind manche Dinge auf einmal nicht mehr in Ordnung und Zeitverschwendung. Die sollen sich nicht so anstellen. Sie müssen nur ein paar Stunden Rennen fahren an Meetings teilnehmen. Sie könnten ruhig mehr Zeit mit den Fans verbringen", nimmt López die Fahrer in die Pflicht.

Leichterer Zugriff auf historische Bilder, wie den Unfall zwischen Senna und Prost Zoom

In punkto Vermarktungsmöglichkeiten hat er auch einige Vorschläge parat: "Es gibt die ganzen historischen Videos, die Menschen würden dafür zahlen. Ich würde mir beispielsweise sehr gerne den berühmten Unfall zwischen Ayrton Senna und Alain Prost in Suzuka anschauen. Und ich würde für ein Monatsabo zahlen, wenn ich mir jedes Rennen, das ich will, anschauen kann. Alle Rennen, auch jene, die in Schwarz-Weiß aufgenommen wurde, sind mittlerweile digitalisiert. Es gibt also einen ganzen Haufen an historischem Material, das man verkaufen kann."

Weitere Ideen von López sind eine engere Kooperation mit Wettanbietern, aber auch mit Spielen. "Bei Computerspielen gibt es Technologien für Echtzeitspiele, die am Sonntag um 14 Uhr starten und wo man dann Teil des Rennens ist. Man benötigt keinen Willen zur Weiterentwicklung, den hat Bernie bereits. Wir brauchen einen Sport, in dem die Teams nicht nur kritisieren, sondern auch Vorschläge machen. Unsere Rolle als Team ist es, nicht nur Kritik zu äußern, sondern auch Ideen einzubringen."