• 29.05.2010 19:26

  • von Christian Nimmervoll & Dieter Rencken

Last-Minute-Meeting: Kommt doch Michelin?

Exklusiv: Warum die Reifenfrage plötzlich wieder hochspannend ist und weshalb die neue Safety-Car-Regel vorerst nur provisorisch in Kraft tritt

(Motorsport-Total.com) - Es schien schon alles klar zu sein, was den neuen Reifenlieferanten der Formel 1 angeht - Red-Bull-Teamchef Christian Horner hat gestern Abend in Istanbul noch offen davon gesprochen, dass er froh über die Einigung mit Pirelli ist. Doch keine 24 Stunden später herrscht wieder große Aufregung in der Reifenfrage für die nächsten Jahre.#w1#

Titel-Bild zur News: Michelin-Reifen

Der Krieg um den Reifendeal für die Formel 1 bleibt offen: Kommt Michelin...

Denn wie 'Adam Cooper's F1 Blog' berichtet, soll es morgen ein Meeting zwischen Vertretern der Teams und Michelin-Repräsentanten geben, um in letzter Minute vielleicht doch noch zueinander zu finden. Ferrari, McLaren und Renault wird nachgesagt, den französischen Hersteller zu bevorzugen, während der Rest des Feldes angeblich dem Pirelli-Lager näher steht. Mercedes soll erst kurz vor Istanbul die Fronten zu Pirelli gewechselt haben, wird gemunkelt.#w1#

Hat schon jemand bei Pirelli unterschrieben?

"Einige wollen die billigste Variante, andere wollen die besten technischen Informationen und den besten technischen Support", erklärt FOTA-Chef Martin Whitmarsh gegenüber 'Autosport'. "Wir müssen jetzt unsere Autos designen, die sich ohne Doppeldiffusor und wegen anderer Änderungen massiv unterscheiden werden. Also brauchen wir genaue Eigenschaften, Spezifikationen und Leistungsdaten von den künftigen Reifen."

Nur ans Geld zu denken, ist seiner Meinung nach kurzsichtig: "Selbst wenn das Angebot eines Herstellers um eine halbe Million billiger ist, wäre eine wahrscheinliche Konsequenz, dass wir den Radstand oder die Radaufhängungsgeometrie nachträglich anpassen müssen. Dann müssen wir weit mehr als eine halbe Million ausgeben", so Whitmarsh. Zudem seien Reifen nicht einfach schwarze Gummistücke mit einem Loch in der Mitte, sondern viel komplexer.

Langsam wird die Reifenfrage kompliziert, denn unbestätigten Gerüchten zufolge könnten zwei Teams schon einen Pirelli-Vertrag unterschrieben haben. "Das wäre ein Verstoß gegen das Sportliche Reglement", sagt der Teammanager eines anderen Rennstalls im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'. Und eine FOTA-Quelle deutet an, dass ein Verstoß gegen das Sportliche Reglement in weiterer Folge auch einen Bruch des Concorde-Agreements bedeuten könnte.

Warum die Aufregung? In Artikel 25.1 des Sportlichen Reglements heißt es wörtlich: "Ein einheitlicher Reifenhersteller wird von der FIA nach einer Ausschreibung, für alle in WM-Events eingeschriebenen Autos Reifen zur Verfügung zu stellen, für die folgenden Saisons (nach 2010; Anm. d. Red.) ausgewählt." Wenn nun jemand schon bei Pirelli unterschrieben hat, obwohl es noch keine dezidierte Festlegung seitens der FIA gibt, könnte das juristische Probleme verursachen.

Kommission: Eine Stimme fehlt noch

Denn das Reglement besagt, dass es auf jeden Fall bei einem Reifenmonopol bleiben wird, sofern nicht für 2011 ein anderes Reglement beschlossen wird. Was also, wenn nun doch Michelin kommt? Die Vollmacht zu einer Regeländerung (die von allen Beteiligten als unwahrscheinlich eingestuft wird) hätte zum Beispiel die Formel-1-Kommission, die am 21. Juni das Reglement für 2011 beschließen wird. Anschließend muss der Motorsport-Weltrat der FIA allerdings noch grünes Licht geben.

Selbstläufer sind die von den Teams angedachten Regeländerungen für nächstes Jahr übrigens keiner, denn zur Beschlussfähigkeit der Kommission ist eine Dreiviertelmehrheit erforderlich. Derzeit bilden Vertreter von Teams, Herstellern, Sponsoren und einer Rennstrecke einen Block von 17 Stimmen. Das heißt, dass mindestens eine weitere Stimme gewonnen werden muss. Das wird wahrscheinlich geschehen, ist aber keineswegs beschlossene Sache.

Pirelli-Truck

... oder doch Pirelli, wo angeblich schon zwei Teams unterschrieben haben sollen? Zoom

Sehr wohl beschlossene Sache ist indes eine neue Safety-Car-Regel, ausgelöst durch die Diskussionen um das Manöver von Michael Schumacher in Monte Carlo. Beim Treffen der Teammanager unter dem Vorsitz von FIA-Rennleiter Charlie Whiting wurde gestern eine Präzisierung des Reglements verabschiedet. Allerdings tritt diese nicht mit sofortiger Wirkung in Kraft, weil wie immer erst der Weltrat seinen Sanktus erteilen muss.

Allerdings kann sich ein Vorfall wie in Monte Carlo nun nicht mehr wiederholen. Sollte so eine Situation wider Erwarten erneut auftreten, dann wird zwar das Safety-Car genau wie vor zwei Wochen in der letzten Runde an die Box abbiegen, um ein schönes Zielfoto zu ermöglichen, aber die Rennleitung würde die Strecke nicht freigeben, sondern weiterhin bis zum endgültigen Überfahren der Ziellinie gelbe Flaggen schwenken.