Kostenkontrolle: Meinungen gehen auseinander

Viele Fragen, wenige Antworten in der Kostenfrage: Budgetobergrenze oder Ressourcen-Restriktions-Abkommen, 250 Millionen US-Dollar oder deutlich weniger?

(Motorsport-Total.com) - Der Vorschlag von Bernie Ecclestone, die seit Jahren nicht zu einer Einigung führende Kostendiskussion in der Formel 1 mit einer einheitlichen Budgetobergrenze in der Höhe von 250 Millionen US-Dollar (umgerechnet 196 Millionen Euro) zu beenden, schürt derzeit wieder Meinungsverschiedenheiten unter den Grand-Prix-Teams. Denn während einige die Idee grundsätzlich befürworten und den Teufel nur im Detail sehen, sind andere kategorisch dagegen.

Titel-Bild zur News: Martin Whitmarsh, Norbert Haug und Ross Brawn

Unterschiedliche Meinungen: Martin Whitmarsh, Norbert Haug und Ross Brawn Zoom

Ecclestone hält die Sache für eine gute Idee: "Ich glaube, dass die Hälfte aller Leute, Fans und Teams mit kleinen Budgets solche Regeln begrüßen würden", meint der Formel-1-Geschäftsführer, der so eine Regel aber natürlich nicht im Alleingang einführen kann. Zur Diskussion stellt er ein Maximum von 250 Millionen Dollar pro Kalenderjahr: "Wovon ich rede, sind alle Kosten eingeschlossen, Marketing ausgenommen. Aber Fahrer, was auch immer. Sobald wir uns grundsätzlich darauf geeinigt haben, können wir die Summe reduzieren."

Für 2013 ist die Einführung einer solchen Regel jedoch unrealistisch, selbst für 2014 ist der Weg noch weit. "Wir suchen nach dem richtigen Weg, es einzuführen", sagt Ecclestone und stellt etwas klar: "Ich hasse dieses Wort: Obergrenze. Das ist nicht der richtige Weg. Wir versuchen, die Notwendigkeit zu reduzieren, Geld auszugeben, um konkurrenzfähig zu sein, damit jemand mit einem vernünftigen Budget in die Formel 1 einsteigen und konkurrenzfähig sein kann und kein Vermögen ausgeben muss."

250 Millionen trifft niemanden wirklich hart

Dass der 82-Jährige 250 Millionen Dollar als Budgetobergrenze wählen würde, trifft wohl nicht einmal die Topteams allzu hart, denn genau in diesem Bereich dürften die Ausgaben von Red Bull und McLaren liegen - nur Ferrari sagt man nach, etwas mehr auszugeben. "Das ist eine Menge Geld. Eine solche Summe wird nicht allzu vielen Teams helfen", findet sogar McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh. Franz Tost von Toro Rosso kann angesichts solcher Summen ohnehin nur milde lächeln: "Von so einem Budget sind wir weit entfernt."

Während sich etwa Sauber-Teamchefin Monisha Kaltenborn trotzdem für das Konzept der Budgetobergrenze ausspricht, "weil dann jeder seine eigenen Stärken nutzen kann", würde Whitmarsh lieber ein ausgebautes und von der FIA überwachtes Ressourcen-Restriktions-Abkommen (RRA) implementiert sehen: "Bernie möchte ein System, in dem Fahrergehälter und viele weitere Dinge gedeckelt sind. Ich finde es wichtig, dass wir genau darauf achten, dass wir unser Geld an passenden Stellen ausgeben. Wir sollten allzu exzessive Entwicklungen unter Kontrolle bringen."

"Ich persönlich bin der Ansicht, dass man das Thema globale Budgetobergrenze als unrealistisch betrachten muss", so der Brite. "So etwas ist schwierig auszuformulieren, wenn man möchte, dass sich anschließend alle in einem solchen Rahmen komfortabel bewegen können. Die Budgetdeckelung von Bernie umfasst einfach alles: Fahrer und alles weitere, wofür Geld ausgegeben wird. Das hat den Vorteil, dass man so etwas recht schnell formulieren kann. Schwierig wird es dann, zu kontrollieren und nachzuvollziehen, wofür das Geld dann tatsächlich ausgeben wird."

"Das RRA ist einfach zu definieren. Man legt genau fest, wie viel Geld extern ausgegeben und wie viele Leute beschäftigt werden dürfen. Damit hat man jene Rahmenbedingungen gesteckt, die auch die Budgetdeckelung eigentlich umfasst. Anschließend geht es beim RRA konkret in die Details: Windkanal-Stunden, Rechenleistung und so weiter", argumentiert er. "Aus meiner Sicht müssen wir den einfachsten Weg wählen, um die Kosten unter Kontrolle zu halten. Es muss ein Weg sein, der eindeutig und kontrollierbar ist."

Wolff: Egal was, Hauptsache schnell

"RRA und Budgetdeckelung zielen auf das gleiche ab, sie schließen sich nicht aus. Es ist nur eine Frage der Philosophie", sagt Whitmarsh. Und genau an der scheiden sich die Geister, denn nicht alle sind so unkompliziert wie Toto Wolff, dem es vor allem auf eines ankommt: "Mir ist die Variante lieber, die schneller geht, denn wir dürfen keine Zeit mehr verlieren", fordert der Williams-Großaktionär. "Bernies Vorschlag ist effektiv und einfach: Wer mehr als das maximale Budget ausgibt, wird hart bestraft. Das funktioniert. Aber wir müssen klären wie."

Red-Bull-Teamchef Christian Horner ist seit jeher ein deklarierter Gegner eines reinen Chassis-RRA und findet an Ecclestones Vorschlag ebenfalls Gefallen: "Eine Gesamtgrenze, die alle Aktivitäten eines Teilnehmers umfasst, wäre der bessere Weg, die Kosten zu kontrollieren, als das, was momentan auf dem Tisch liegt. Denn das Problem eines RRA ist, dass verschiedene Teilnehmer unterschiedlich behandelt werden." Damit spielt er insbesondere auf Herstellerteams wie Mercedes an, die Budgetposten im Motorenbereich verschwinden lassen könnten.


Fotos: Großer Preis der USA, Pre-Events


Brawn: RRA wie ein zerdrückter Luftballoon

Apropos Mercedes: Selbst Ross Brawn hat die Nachteile eines RRA inzwischen erkannt, wenn er erklärt: "Es ist so, als würde man einen Luftballon drücken: Wenn man in einen Bereich nichts mehr hineinpumpen kann, drückt man die Luft beziehungsweise das Geld halt woanders hin", sagt der Teamchef von Nico Rosberg und Michael Schumacher. "Wir stehen voll hinter der Idee, dass sich die klügsten Ingenieure und die besten Fahrer innerhalb eines Rahmens von so und so viel Geld durchsetzen sollen."

Der Brite unterstreicht, dass die hauptsächlich von der Teamvereinigung FOTA eingeführten Maßnahmen wie langlebige Komponenten und kostenreduzierte Motoren Wirkung gezeigt haben, schränkt aber ein: "Ich glaube, jetzt laufen wir gegen eine Wand an, und an dem Punkt müssen wir uns fragen: Wollen wir die Autos weiter standardisieren? Das ist nämlich die nächste Barriere, wenn wir weiterhin durch das Technische Reglement Kosten einsparen wollen. Aber ich glaube nicht, dass die Formel 1 das möchte - wir wollen nicht, dass alle Autos gleich sind."

"Wir müssen einen Weg finden, um zu kontrollieren, wie viel Geld die Teams ausgeben dürfen. Sobald die Methodik dafür einmal feststeht, kann man variieren: 100 Millionen, 80 Millionen, 60 Millionen, 40 Millionen - welchen Punkt auch immer man für richtig hält, aber die Methodik bleibt immer die gleiche. Im Moment haben wir die nicht", schlägt sich Brawn auf Ecclestones Seite. Doch der Chef des Mercedes-Aufsichtsrats, Niki Lauda, will keineswegs eine "kommunistische" Budgetobergrenze, die den Großen alles wegnimmt, was sie sich redlich verdient haben.

"Es hat in der Formel 1 immer den Unterschied zwischen Arm und Reich gegeben. Auch im normalen Wirtschaftsleben gibt es diese Unterschiede", argumentiert er gegenüber 'auto motor und sport'. "Wer Erfolg hat, kriegt mehr Sponsoren und hat deshalb auch mehr Geld. Es wäre falsch, die Erfolgreichen zu bestrafen und die Erfolglosen zu belohnen. Trotzdem muss die Formel 1 ein System finden, dass die Kosten begrenzt, damit die Kluft zwischen Arm und Reich nicht zu groß wird. Die Hoffnung, dass alle gleich behandelt werden, müssen wir aber aufgeben. Sport ist Wettbewerb."