• 30.05.2009 09:17

  • von Hans-Bernd Kamps

Kamps-Kolumne: "Kritiker gibt es immer"

Glock-Manager Hans-Bernd Kamps über die ersten Rennen der neuen Formel-1-Saison, die Gerüchte um Toyota und die politischen Diskussionen

Liebe 'Motorsport-Total.com'-Leser,

Titel-Bild zur News: Timo Glock

Timo und ich halten stets sehr engen Kontakt zu Toyota in Köln

nach sechs Rennen der neuen Formel-1-Saison möchte ich schon einmal eine kurze Zwischenbilanz ziehen. Für Timo hat das Jahr richtig gut angefangen. Bei den Tests war der neue Toyota richtig stark und auch die ersten Rennen konnten das belegen. In den ersten vier Läufen gab es immerhin konstante Punkte, das hatten bis dahin außer Timo nur die beiden Brawn-Jungs geschafft.

In Bahrain war die erste Startreihe natürlich der Höhepunkt des bisherigen Jahres. Leider ging es dann im Rennen nicht ganz so gut und es folgten danach zwei Auftritte in Barcelona und Monaco, wo man die Leistungen nicht mehr ganz bestätigen konnte. Sorgen machen wir uns deswegen aber nicht, denn die Probleme waren technisch im Nachhinein nachvollziehbar und sind daher auch korrigierbar. Wir gehen davon aus, dass es Ausreißer waren.#w1#

Insgesamt sind wir also bisher mit dem Abschneiden 2009 zufrieden und wir sind ganz sicher, dass es ab Istanbul wieder deutlich nach vorne geht. Dort wollen wir unbedingt wieder gemeinsam mit Brawn, Red Bull und voraussichtlich auch Ferrari an der Spitze sein. Die neue Hackordnung in der Formel 1 macht einfach viel Spaß. Die Karten sind neu gemischt, weil das neue Reglement veränderte Voraussetzungen geschaffen hat.

Neue Regeln ernten stets Kritik

Es gibt bei solchen grundlegenden Neuregelungen erfahrungsgemäß immer viele Kritiker. Im Nachhinein ist man immer schlauer. Einige der umgesetzten Ideen zeigen aber doch in der laufenden Saison, dass sie den Sport attraktiver machen. Es gibt mehr Action, mehr Überraschungen und auch mal andere strahlende Gesichter. Das ist doch toll! Außerdem finde ich es gut, dass die Arbeit von Technikern, Strategen und Fahrern wieder wichtiger ist. Die menschliche Komponente ist wieder mehr wert.

Auch über die Regeln für das kommende Jahr ist in den vergangenen Wochen viel diskutiert und gestritten worden. Die Teams und die FIA waren lange Zeit im harten Fight. Die ganzen Diskussionen haben Timo und mich eigentlich relativ kalt gelassen. Wir haben uns nur darauf konzentriert, unseren Job anständig zu machen. Ich finde den Ansatz, die Kosten zu senken und gleichzeitig eine größere Chancengleichheit zu erwirken, übrigens vollkommen richtig.

Bei all diesen politischen Auseinandersetzungen wurde immer wieder Toyota in einem negativen Licht dargestellt. All diese Äußerungen kamen allerdings nur von außen. Im Team und in der Zusammenarbeit war davon rein gar nichts zu spüren. Ich bin absolut sicher, dass Toyota gemeinsam mit Timo 2010 ganz normal am Start stehen wird. Daran gibt es keinen Zweifel.

Gelassenheit im Toyota-Lager

Warum wird immer wieder Toyota als Ausstiegskandidat genannt? Klar, weil auch deren Absatzzahlen einbrechen. Aber das gilt im Grunde für alle Automobilhersteller, daher müsste man dann gleich die Existenz der gesamten Formel 1 in Frage stellen. Ich denke, es liegt einfach daran, dass Toyota mit der Problematik viel offener umgeht als viele andere.

Beim Saisonauftakt in Hockenheim hat Jan Seyffarth für uns den Sieg geholt Zoom

Manchmal werden gewisse Schritte und Äußerungen auch einfach falsch interpretiert. Das habe ich mit meinem tolimit-Team im Porsche-Cup auch erfahren. Wir haben uns zur neuen Saison mit Seyffarth Motorsport verbündet. Uns wurde dann mehrfach unterstellt, wir hätten dies aus wirtschaftlichen Zwängen getan. Das stimmt gar nicht. Es war lange vorbereitet und hatte mit Wirtschaftskrise rein gar nichts zu tun. Selbst wenn es Gold geregnet hätte, wären wir als gemeinsames Team angetreten.

Die Zusammenarbeit ist ursprünglich durch unseren Kontakt zu Jan Seyffarth entstanden, der bei uns im Einsatz war. Wir haben dann die Familie und das entsprechende Unternehmen schnell kennengelernt und es lag einfach auf der Hand, dass wir gemeinsam eine starke Truppe darstellen können. Jan hat sofort beim Auftakt in Hockenheim den Sieg geholt, Niclas Kentenich und David Sigacev sind beide in den Top-10 gewertet worden.

Dieser erste gemeinsame Auftritt im Porsche-Carrera-Cup hat uns gezeigt, dass wir - also tolimit und Seyffarth - mit gleichem Antrieb an diesen schönen Sport gehen: Begeisterung! Ebenso wollen wir an diesem Wochenende auch beim zweiten Saisonrennen in der Lausitz antreten. Wenn man so will, ist es für uns neuerdings ein Heimrennen, denn die Familie Seyffarth kommt aus Querfurt nahe Leipzig - also aus dem Osten Deutschlands. Unsere Zusammenarbeit ist also ein verspäteter Beitrag zur Wiedervereinigung. Wir können nur sagen: Motorsportlich wächst da zusammen, was zusammen gehört!

Herzlichst,

Hans-Bernd Kamps