• 28.10.2001 11:08

  • von Marcus Kollmann

Jordans Jim Vale setzt sich zur Ruhe

Nach 10 Jahren bei Jordan geht der Rennteam-Manager in den Ruhestand - im Interview sprach er über seine Karriere

(Motorsport-Total.com) - Nach 10 Jahren des treuen Dienstes für das Jordan-Team hat sich der Rennteam-Manager Jim Vale zur Ruhe gesetzt. Zu seinem Abschied überreichte ihm Ian Phillips in Vertretung des gesamten Teams zusammen mit anderen langjährigen Teammitgliedern ein gerahmtes Foto, welches in Indianapolis dieses Jahr aufgenommen und von jedem Mitglied des Rennteams, sowie von Eddie Jordan, Jarno Trulli und Jean Alesi unterschrieben war. Darüber hinaus gab es ein Jordan-Lenkrad mit persönlichen Widmungen, Wünschen und Grüßen.

Titel-Bild zur News: Jim Vale (Jordan-Honda)

In Suzuka hatte Vale als "Lollipop-Mann" seinen letzten Einsatz für Jordan

Begonnen hatte der heute 51-Jährige Vale seine Karriere 1978 als Mechaniker für die Toleman Gruppe in der Formel 2. Von 1981 bis 1989 war er dann beim Toleman/Benetton-Team der Nummer-1-Mechaniker, bevor er 1990 bei Nissan Motorsports Chefmechaniker wurde. Nach einem Kurzeinsatz von Januar bis Juli 1991 als Chefmechaniker des Arrows-Teams, ging der in Melbourne geborene Australier zu Jordan, wo er bis zum Ende seiner Karriere blieb und sich vom Nummer-1-Mechaniker des Testteams zum Rennteam-Manager hocharbeitete.

Beim Großen Preis von Japan hatte Vale seinen letzten Einsatz als Lollipop-Mann bei den Boxenstopps. Bevor er in seine Heimat Australien zurückflog, gab er der teameigenen Webseite folgendes Interview.

Frage: "Jim, 1991 bist du zu Jordan gekommen. Was war dort deine Rolle?"
Jim Vale: "Ich begann zunächst als Mechaniker, obwohl ich in jenem Jahr an keinem Rennen teilnahm, da ich dem Team bei der Konstruktion des Prototypen half, welcher in Vorbereitung auf den Yamaha-Motor für 1992 konstruiert wurde. Ich habe in der Saison mit Tim Edwards [heute als Testteam-Manager und für die technischen Angelegenheiten des Teams bei Jordan tätig, Anm. d. Red.] daran gearbeitet, den Yamaha-Motor in den Boliden vom Typ 191 zu verpflanzen. Nachdem die Saison dann vorbei war, begannen wir zu testen. 1992 arbeitete ich im Testteam. Ich nenne es jedenfalls so, wenngleich es sich mit einem heutigen Testteam nicht vergleichen lässt. Damals gab es nur zwei Mechaniker und einen Truckfahrer. Wir sind dann zusammen in Europa zu den Tests gereist und ab und zu bei den Grand Prix mal eingesprungen."

Frage: "Wann hast du mit dem Reisen zu den Rennen begonnen?"
Vale: "1993 und 1994, als ich Nummer-1-Mechaniker von Rubens Barrichello war, allerdings bin ich Ende des Jahres zurück nach Australien gegangen..."

Frage: "Aber du bist ja dann wieder zurück zu Jordan gekommen. Weshalb?"
Vale: "Der Team-Manager von Jordan fragte mich, ob ich als Chefmechaniker arbeiten wollte, und dies war genau die Position, über die wir vor meinem Abschied Gespräche geführt hatten. Damals war einfach aber das Timing nicht ideal gewesen. Deshalb ging ich nach Australien, wo ich sechs Monate lang als Chefmechaniker für ein australisches Tourenwagen-Team arbeitete und kehrte im Juni 1995 zu Jordan zurück. Dort arbeitete ich dann die restliche Saison als Chefmechaniker und 1996 und 1997 ebenfalls in dieser Position. Ende 1997 verließ dann der Team-Manager das Team und ich übernahm seine Aufgabe; 1998 wurde ich offiziell zum Team-Manager befördert. Seither habe ich die ganzen Logistik-Aufgaben für das Renn- und Testteam gemanagt."

Frage: "Etwas zu managen muss im Vergleich zur Arbeit an einem Autor etwas total anderes sein. Wie bist du mit dem Rollenwechsel klargekommen?"
Vale: "Nun ja, zu Beginn fand ich es etwas schwierig, denn ich wurde einfach ins kalte Wasser gestoßen und wusste kaum etwas über die Aufgaben eines Team-Managers. Hinzu kam, dass die Einarbeitungsphase auch ziemlich kurz ausfiel, aber es war eine großartige Herausforderung. Als Team-Manager hat man mit der mechanischen Seite des Teams nicht mehr viel zu tun, worüber ich aber nicht unglücklich war, denn ich hatte ja eine ganze Zeit als Mechaniker gearbeitet und wollte etwas Neues machen. Ich habe mir einfach mit der Zeit das notwendige Wissen angeeignet und als ein neuer Chefmechaniker berufen wurde, war es einfacher für mich, mich nur auf meine Rolle als Team-Manager zu konzentrieren."

Frage: "Irgendwelche speziellen Erinnerungen an deine Zeit bei Jordan?"
Vale: "Ich habe jede Menge Erinnerungen an die Dinge der letzten zehn Jahre. Zum Beispiel Barrichellos Fahrt in Donington 1993. Es war damals nass, dann trocken, dann wieder nass und wieder trocken. So ging es im gesamten Rennen und wir hatten eine Menge an Boxenstopps und Reifenwechsel zu bewältigen. Er ist ein fantastisches Rennen gefahren und lag die meiste Zeit über an zweiter oder dritter Position. Unglücklicherweise kam er nicht ins Ziel, aber das Rennen war trotzdem gut. 1994 gab es eigentlich nur tolle Momente, denn es war ein großartiges Jahr für uns. Lediglich Imola 1994 war ein Tiefpunkt, denn Rubens hatte einen schweren Unfall. 1997 habe ich die Zusammenarbeit mit Fisichella und Ralf genossen. Ich schätze Fisichella als einen sehr starken, talentierten Piloten ein. Er hatte damals ein außergewöhnliches Jahr. Es ist wirklich schade, dass ich nächstes Jahr nicht mehr da sein werde, um wieder mit ihm zusammenarbeiten zu können."

Frage: "Wie steht es mit deinen Erinnerungen an das Team selbst?"
Vale: "Ich habe so viele gute Erinnerungen, wovon die meisten gar nicht in Worte zu fassen sind oder rekapituliert werden können. Da wären aber auch die tollen Saisonabschlusspartys und Weihnachtsfeiern mit dem Team, seinen Sponsoren und Motorenpartnern. Es ist kaum zu glauben, dass wir damals, als ich bei Jordan anfing, unsere Weihnachtsfeiern im Rezeptionsbereich der Fabrik abgehalten haben - damals war das Team noch so klein, dass der Platz dort ausreichte!"

Frage: "Jim, über die letzten 10 Jahre muss sich bei Jordan doch eine Menge verändert haben oder?"
Vale: "Oh ja, seit 1991 ist das Team enorm gewachsen und manchmal denke ich zurück an die alten guten Tage, und daran wie sich die Formel 1 und das Team seitdem verändert hat. Aber Jordan hat sich ein großes Zusammengehörigkeitsbewusstsein erhalten und wir kennen uns wirklich alle. Aber mit unserem Wachstum sind natürlich unsere Rollen spezieller geworden, es kamen neue Abteilungen hinzu und die Arbeit stieg, wohingegen die persönliche Seite abbaute. Vorher, als wir noch so wenige waren, konnten wir uns schnell in die Rolle des anderen hineinversetzen und mehrere Dinge gleichzeitig tun und jemanden anderem helfen..."

Frage: "An welche der Fahrer, mit denen du zusammengearbeitet hast, wirst du dich gerne erinnern und an welche weniger?"
Vale: "Rubens Barrichello war der letzte Rennfahrer mit dem ich eng zusammengearbeitet habe. Ich habe aber auch die Zeit als Giancarlo Fisichella und Ralf Schumacher im Team waren, und später dann Heinz-Harald Frentzen, genossen. Die Zusammenarbeit mit Stefano Modena war immer eine Herausforderung, aber manchmal auch sehr schwierig. Er war so abergläubisch und mit jeder Menge an Ritualen beschäftigt bei denen man ihn nicht stören durfte."

Frage: "Warum hörst du jetzt auf, und was wirst du nun machen?"
Vale: "Ich habe die letzten 10 Jahre wirklich genossen und großartige Erfahrungen gesammelt, aber mir schwebte immer vor eines Tages zurück nach Australien zu gehen. Das Job-Angebot, Team- und Fabrik-Manager eines australischen Tourenwagen-Teams zu sein, kam vollkommen plötzlich und überraschend für mich. Über die Jahre hinweg bin ich in der F1 ein wenig ausgelaugt, denn vor zehn Jahren vieles noch ganz anders. Ich hatte eine gute Zeit und ich habe lange genug gearbeitet und denke, dass es Zeit für einen Wechsel ist, sodass ich mich mehr dem Familienleben widmen kann."

Frage: "Was wirst du vermissen, wenn du gehst?"
Vale: "Also das Wetter ganz bestimmt nicht! Aber ganz eindeutig die vielen guten Freunde die ich hier in England über die letzten 20 Jahre hinweg gefunden habe. Ich werde die Formel 1 weiterhin verfolgen und früh morgens aufstehen, um mir die Rennen anzusehen. Aber ich werde das Reisen nicht vermissen, denn das werde ich mit den Tourenwagen auch haben, wenngleich nur hier in Australien."

Das Jordan-Team wird den 51-jährigen Australier auf jeden Fall vermissen. Denn nicht nur dass er sich in seinem Job immer um alle Dinge gekümmert hat, darüber hinaus hat er immer offen seine Meinung geäußert und seine Vorliebe für Eiscreme, welche aus der Zeit als seine Eltern ein Eis-Café besaßen herrührt, und seine regelmäßigen Besuche des Kühlschranks im Jordan-Motorhome an der Rennstrecke, werden den anderen sicher fehlen.