Indien-Grand-Prix: Mit Lokalmatadoren zum Erfolg?

Nach dem Alonso-Vorbild sollen Narain Karthikeyan und Karun Chandhok beim Heimspiel in Indien einen Formel-1-Boom auslösen - Sind sie der Aufgabe gewachsen?

(Motorsport-Total.com) - Der Indien-Grand-Prix rückt immer näher. Während an der Fertigstellung des Kurses in Noida immer noch fieberhaft gearbeitet wird, erfüllt der Gedanke an den 30. Oktober schon jetzt einige Menschen im Formel-1-Fahrerlager mit großem Stolz. Allen voran Vijay Mallya, der Indien mit seinem Force-India-Rennstall auf die Formel-1-Landkarte brachte - den Anfang machte der Besitzer einer großen Brauerei und einer Fluglinie bereits vor drei Jahrzehnten.

Titel-Bild zur News: Karun Chandhok, Narain Karthikeyan

Karthikeyan und Chandhok wollen beim Heimspiel in Indien überzeugen

"Der Grand Prix von Indien wird für mich ein sehr stolzer Moment sein", sagt der Besitzer der gigantischen Luxusjacht Indian Empress. "Ich erinnere mich daran, als ich das erste Formel-1-Auto nach Indien brachte und damit selbst gefahren bin - das war vor über 30 Jahren. Da fühlt es sich fantastisch an, dass jetzt ein wirklicher Grand Prix der Formel-1-Weltmeisterschaft in Indien stattfinden wird."

Chandhoks Einsatz noch nicht fix

Während Mallya vor 30 Jahren noch selbst in einem Formel-1-Cockpit saß, werden es beim Grand Prix nahe der Hauptstadt Delhi andere Piloten sein, die von den indischen Fans angefeuert werden. In Mallyas Rennstall fährt bekanntlich kein indischer Pilot, auch die anderen Teams verzichteten zuletzt auf Piloten aus Indien.

"Ich erinnere mich daran, als ich vor 30 Jahren das erste Formel-1-Auto nach Indien brachte und damit selbst fuhr." Vijay Mallya

Doch Daniel Ricciardo wird bei HRT für das Rennen auf dem Buddh International Circuit für seinen Vorgänger Narain Karthikeyan Platz machen, bei Lotus könnte Jarno Trulli wie schon auf dem Nürburgring für Karun Chandhok das Cockpit räumen. Diesbezüglich ist aber das letzte Wort noch nicht gesprochen, meint Teamchef Tony Fernandes. Der Malaysier muss den Fahrertausch laut eigenen Angaben noch mit dem Teammanagement abklären.

Alonso als Vorbild

Klar ist schon jetzt, dass das Antreten indischer Lokalmatadore eng mit dem Erfolg der Formel-1-Premiere verknüpft ist. Indien ist alles andere als eine Formel-1-Nation - man benötigt daher eigene Piloten, um den Sport den Menschen zu vermitteln. Die Zuschauerzahlen bei den TV-Übertragungen steigen weiter an: Laut dem 'Wall Street Journal' erreichte man im Vorjahr mit den Formel-1-Übertragungen 24,7 Millionen Menschen - dieses Jahr waren es bereits bei den ersten elf Rennen 22,5 Millionen Menschen. Bei den ersten acht Rennen hatte man mit Karthikeyan einen Lokalmatador am Start.

"Wir hoffen, dass unsere Fahrer für einen ähnlichen Effekt wie Alonso damals in Spanien sorgen werden." Vicky Chandhok

Vicky Chandhok, Präsident des indischen Motorsport-Verbandes und Vater von Karun Chandhok, vergleicht Indien mit Spanien, wo Fernando Alonso einen Formel-1-Boom auslöste. Mit Valencia und Barcelona ist Spanien das einzige Land, wo sogar zwei Rennen stattfinden, sogar bei den Testfahrten feuern zigtausende Menschen ihren Lokalmatador an.

"Das beweist, wie ein Fahrer die Zuschauerzahlen vergrößern kann", so Chandhok gegenüber dem 'Wall Street Journal'. "Wir hoffen, dass unsere Fahrer für einen ähnlichen Effekt sorgen werden. Für jedes Veranstalterland ist es wichtig, einen Lokalmatador am Start zu haben, will man den Ticketverkauf ankurbeln - wenn es zwei Fahrer sind, umso besser. Der Grand Prix von Indien wird ein größerer Erfolg werden, wenn sich ein indischer Fahrer im Starterfeld befindet."

Kaum Erfolgsaussichten für indisches Duo

Was Chandhok nicht erwähnt: Als Alonso im Minardi 2001 dem Feld hinterher fuhr, hielt sich auch die Formel-1-Begeisterung in Spanien noch in Grenzen - der Boom setzte erst ein, als der Mann aus Asturien im Renault ab 2003 die Spitze aufmischte und in den Jahren 2005 und 2006 Weltmeister wurde.

"Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich nicht unter Druck stehe, meine Leistung auszureizen." Narain Karthikeyan

Auch Karthikeyan und Chandhok werden mit der Spitze nichts zu tun haben und sich hinten im Feld einreihen. Dazu kommt die Frage, ob die enorme Erwartungshaltung in Indien die zwei Piloten nicht zusätzlich unter Druck setzt, zumal ihre Boliden kaum Sensationen zulassen.

"Wenn mir mehr als 100.000 Menschen zujubeln", so Karthikeyan gegenüber dem 'Wall Street Journal', "dann beeinflusst das sicher die Rundenzeit. Ich habe eine einzigartige Erfahrung gemacht, als ich in Durban ein Rennen der A1GP fuhr - dort gibt es eine große indische Bevölkerung. Die Unterstützung des Publikums motiviert zusätzlich, aber ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich nicht unter Druck stehe, meine Leistung auszureizen."

Chandhok hofft auf Heimvorteil

Sollte Karun Chandhok wie erwartet von Lotus den Zuschlag für sein Heimrennen erhalten, dann wäre dies für ihn eine gänzlich neue Erfahrung. Der ehemalige Red-Bull-Pilot ist noch nie vor heimischem Publikum gefahren. "Ich bin noch nie in einer internationalen Serie in Indien gefahren, wenn ich also vor meinen Fans fahren darf, dann wäre das für mich eine ungewohnte Erfahrung", verrät er dem 'Wall Street Journal'.

"Ich hoffe, dass mir die Unterstützung der Massen ein oder zwei Zehntel bringt, wenn ich die Chance bekomme, zu fahren." Karun Chandhok

"Eines ist aber sicher: Die Anfeuerung des Publikums wird eine große Rolle für meine Motivation spielen", überwiegt bei ihm die positive Seite. "Als ich 2007 in Spa das GP2-Rennen gewonnen habe, wurde unsere Nationalhymne zum ersten Mal an einem Formel-1-Wochenende gespielt - diesen Moment werde ich nie vergessen." Auch er hofft, "dass mir die Unterstützung der Massen ein oder zwei Zehntel bringt, wenn ich die Chance bekomme, zu fahren."