• 05.08.2007 18:10

Haug: "Lewis ist ein großes Rennen gefahren"

Norbert Haug erklärt, warum Lewis Hamiltons Sieg am seidenen Faden hing und wie McLaren-Mercedes den Punktevorsprung über die Runden retten will

(Motorsport-Total.com/Premiere) - Frage: "Herr Haug, das war ja ein Glanzstück, das Sie heute abgeliefert haben!"
Norbert Haug: "Ja, aber fangen wir mit dem Kritischen an. Wenn man statt 34 Punkten Vorsprung in der Konstrukteurswertung - da könnte man bei sechs noch zu fahrenden Rennen schon ein bisschen durchatmen - nur 19 hat, kann man nicht ganz glücklich sein. Klar ist auch, dass Fernando (Alonso; Anm. d. Red.) normalerweise das Potenzial hat, auch aus der Position auf Platz drei zu kommen, aber er hat am Start ein paar Positionen verloren."

Titel-Bild zur News: Norbert Haug

Norbert Haug fand für Lewis Hamiltons Leistung nur ein Wort: "Weltklasse!"

"Und jetzt zum Erfreulichen: Lewis (Hamilton; Anm. d. Red.) ist ein großes Rennen gefahren. Er hatte ein kleines Problem beim Lenken, aber solche Rennen muss man dann immer noch gewinnen! Er ist nur so schnell gefahren, wie er musste, hat am Anfang klar den besseren Speed gehabt. Auf der einen Seite ist es schade, dass wir das Eins/Zwei nicht umsetzen konnten, das wir im Qualifying hatten, denn in solchen Rennen muss man Punkte machen, aber auf der anderen Seite haben wir 20 Punkte Vorsprung in der Fahrerwertung, was ein ganz gutes Polster ist, wenn noch sechs Rennen zu fahren sind. Das ist keine Vorentscheidung, muss ich ganz klar sagen, weil viele das schon betonen, aber wir sind gut drauf, haben fünf der letzten sieben Rennen gewonnen. Ich hoffe, wir können diesen Trend fortsetzen."#w1#

Haug will keinen Protest einlegen

"Wir werden sehen, ob wir dagegen vorgehen oder ob wir das fallen lassen." Norbert Haug

Frage: "Sie können ja um die Konstrukteurspunkte auch noch kämpfen, habt schon Protest eingelegt. Wie geht es da weiter?"
Haug: "Wir werden sehen, ob wir dagegen vorgehen oder ob wir das fallen lassen. Meine Position ist ziemlich klar, dass wir da 'Schwamm drüber!' sagen sollten. Wir müssen stark genug sein mit dem Polster. Wenn wir einen gleich guten Job wie unsere Konkurrenz machen, dann hanteln wir uns durch. Wir werden Rennen haben, wo wir Zweiter, Dritter, Vierter werden - und dann kann der Vorrat hoffentlich wie bei einem Bankkonto aufgebraucht werden, vielleicht aber auch nicht. Wir haben elf Rennen hinter uns, der Abstand ist aber immer noch da. Der Abstand auf der Rennstrecke beträgt 34 Punkte für mich, jetzt ist er 19. Das zeigt, dass wir auf einer guten Welle sind - und die wollen wir fortsetzen."

Frage: "Es wäre natürlich eine gute Einstellung, auf den Protest zu verzichten. Spielt Ron Dennis da mit oder müssen Sie das noch absprechen?"
Haug: "Das müssen wir noch absprechen, aber jetzt haben wir eine kleine Sommerpause - sogar für uns, auch die DTM hat Pause. Jetzt kann ich auch mal ein bisschen mit ein paar Freunden durchatmen. Da ist nach so einem Ergebnis nach so einem stressigen Wochenende sicher ein guter Start gemacht. Damit werden wir heute Abend in Stuttgart beginnen, wenn wir uns treffen."

Frage: "Fernando Alonso hatte einen schlechten Start, wie sie schon angesprochen haben."
Haug: "Das ist der Preis, den man zahlt auf der schlechten Seite. Man sieht, der Speed war da, aber nicht der Platz zum Überholen. Und dann gab es in der ersten Runde arg viel Verkehr, da kam er gar nur als Achter oder Neunter zurück. Mir war klar, dass er von Platz sechs zwei, drei Plätze verlieren würde, denn das ist hier immer so, wenn man auf der dreckigen Seite startet. Das ist hier schlimmer als irgendwo anders. Seine ersten Meter waren gut, aber dann ging ihm der Platz aus. Innen fand er keinen Platz, also ließ er dann in der ersten Kurve einen Sicherheitsabstand, weil sich dort oft was zusammenbraut - clever, so fährt ein Weltmeister. Wenn ein drehendes Auto vor einem ist, muss man nicht einen halben Meter hinter dem Vordermann sein, sondern besser fünf oder acht oder zehn."

Heidfeld hielt Alonso in Schach

"Was heißt gescheitert? Hier ist Überholverbot!" Norbert Haug

Frage: "Am Ende ist Fernando Alonso dann an Nick Heidfeld gescheitert, nicht wahr?"
Haug: "Was heißt gescheitert? Hier ist Überholverbot! Er war deutlich schneller. Gratulation an Nick und BMW, die hatten eine gute Strategie und waren vom Speed her ganz gut unterwegs, aber Fernando wäre ohne die Verkehrsprobleme am Anfang ein guter Herausforderer für Platz drei gewesen. Aber so ist es nun einmal. Jetzt hat Ferrari halt profitiert, auch in der Konstrukteurs-WM im Speziellen, und BMW hat sich das gut verdient, hat sich stark in Szene gesetzt. Das war schon alles okay. Es war klar, dass es unmöglich ist für Fernando, Nick zu überholen, solange Nick keinen Fehler macht - und Nick ist ausgefuchst genug, den Fehler nicht zu machen."

Frage: "Kimi Räikkönen wurde vom vierten Startplatz aus Zweiter. Was sagen Sie zu seiner Leistung?"
Haug: "Er kam eben nicht von Platz vier, das ist der Witz, sondern von drei - und von drei zu starten ist im Vergleich zu vier wie Tag und Nacht, wie wir mit Alonso gerade angesprochen haben. Auf der schmutzigen Seite verliert man gleich mal zwei, drei Plätze, das macht das Ganze noch deutlicher. Sein Speed war da, das hatte ich ja auch prognostiziert. Ich habe ja auch im Interview gesagt, dass Nick ein bisschen früher reinkommen könnte, und die Dreistoppstrategie hat sich dann gezeigt und bewährt. Kimi hat sicherlich von dem dritten Platz profitiert, ganz klar, aber er hatte dann auch einen ordentlichen Speed. Lewis war in der zweiten Hälfte gehandicapt und hat das Rennen nach Hause getragen. Weltklasse für einen Mann, der sein erstes Jahr Formel 1 fährt!"