Ungarn: Hamilton gewinnt Prozession vor Räikkönen

Lewis Hamilton sicherte sich mit einer abgeklärten Leistung den Sieg in Ungarn, nur 0,7 Sekunden vor Kimi Räikkönen - Nick Heidfeld auf dem Podium

(Motorsport-Total.com) - Nach den politischen Querelen der vergangenen Tage, in denen Spionage- beziehungsweise Boxenaffäre die bestimmenden Themen in der Formel 1 waren, stand heute Nachmittag beim Grand Prix von Ungarn für knapp zwei Stunden endlich wieder der Sport im Mittelpunkt. Mit Lewis Hamilton (McLaren-Mercedes) gab es am Hungaroring am Ende auch einen würdigen Sieger.

Titel-Bild zur News: Podium in Ungarn 2007

Lewis Hamilton feierte heute in Ungarn einen psychologisch sehr wichtigen Sieg

Der Brite feierte damit im letzten Rennen vor der dreiwöchigen Sommerpause, in dem ja auch keine Testfahrten erlaubt sind, einen psychologisch enorm wichtigen Sieg, zumal sein schärfster Titelrivale, Teamkollege Fernando Alonso, nach der Rückversetzung in der Startaufstellung nur Vierter wurde. Und auch aus deutscher Sicht darf man sich heute freuen: Nick Heidfeld (BMW Sauber F1 Team) schaffte es auf das Podium, zwei weitere Deutsche landeten in den Punkten.#w1#

Kein Regen in der Puszta

Zu Beginn herrschte zunächst Freude bei den Zuschauern, weil der befürchtete Regen ausblieb und bei bewölktem Himmel und knapp unter 30 Grad durchgehend trockene Bedingungen herrschten. Am Start münzte Hamilton dann seine Pole Position problemlos in die Führung um, während der aus der ersten Reihe kommende Heidfeld, der auf der schmutzigeren Seite der Fahrbahn stand, Kimi Räikkönen (Ferrari) passieren lassen musste.

Wie durch ein Wunder schlängelte sich das Feld sauber und ohne Rempeleien durch die erste Kurve, wobei sich Nico Rosberg (Williams-Toyota) und Ralf Schumacher (Toyota) einen harten Kampf um den vierten Platz lieferten, in dem Rosberg das bessere Ende für sich hatte. Dahinter reihten sich Robert Kubica (BMW Sauber F1 Team), Mark Webber (Red-Bull-Renault) und Alonso ein, der in der letzten Kurve der ersten Runde einen kleinen Fehler machte.

Der Doppelweltmeister fuhr aber zu Beginn mit dem Messer zwischen den Zähnen, hatte nach den gestrigen Geschehnissen gewaltig Wut im Bauch. So war er es auch, der für die meisten der wenigen Überholmanöver auf der kurvenreichen und 4,381 Kilometer langen Strecke sorgte: Der Reihe nach griff er sich Webber und Kubica vor der ersten Kurve, ehe dann zunächst hinter dem Toyota von Schumacher Endstation war.

Kaum Überholmanöver auf der Strecke

An der Spitze zog sich das Feld relativ rasch auseinander, Hamilton lag schon nach vier Runden drei Sekunden vor Räikkönen. Dahinter konnte Heidfeld die Pace nicht ganz mitgehen - und so war das Rennen bis zu den Boxenstopps wie so oft in Ungarn eher eine Prozession. Für einen Kracher im wahrsten Sinne des Wortes sorgte zu Beginn lediglich Spyker-Ferrari-Neuzugang Sakon Yamamoto, der sein Auto in die Leitplanken setzte und damit seinem Kamikaze-Ruf voll gerecht wurde.

Start in Ungarn 2007

Am Start fiel bereits die Vorentscheidung: Lewis Hamilton vor Kimi Räikkönen Zoom

In der 13. Runde war Giancarlo Fisichella (Renault), der nach seiner Rückversetzung in der Startaufstellung um fünf Positionen heute keine Chance auf Punkte hatte, kurz neben der Strecke, wodurch sein italienischer Landsmann Jarno Trulli (Toyota) auf den elften Platz durchrutschte. Vier Umläufe später wurden dann die Boxenstopps von Heidfeld, Rosberg und Alonso eröffnet. Als Letzter der Topfahrer kam Kubica in Runde 20 herein.

Kubica mit langem Stint an Schumacher/Alonso vorbei

Für den Polen sollte sich dieser lange Stint auch lohnen, denn so kam er an Schumacher und Alonso vorbei, die ihrerseits die Positionen nicht tauschten. Allerdings tankte McLaren-Mercedes Alonso ebenso relativ lange auf wie Hamilton, so dass klar war, dass der Spanier noch nach vorne kommen würde, auch wenn er Schumacher auf der Strecke nicht überholen konnte. So kam es dann auch, schlussendlich wurde er noch Vierter.

Die Entscheidung um den Sieg schien schon gefallen, als Räikkönen in der 46. und Hamilton in der 50. Runde zum zweiten Service hereinkamen, denn Hamilton fuhr mit 4,5 Sekunden Vorsprung auf die Strecke zurück. Allerdings hatte er mit den superweichen Pneus im letzten Stint anfangs Schwierigkeiten, so dass Räikkönen auf einmal doch wieder formatfüllend in seinem Rückspiegel auftauchte.

Hamilton ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen, fuhr den Sieg sicher nach Hause und baute seinen Vorsprung in der Weltmeisterschaft auf acht Punkte vor Alonso aus. Die beiden Ferrari-Piloten müssen nun schon ein wenig abreißen lassen - vor allem Felipe Massa: Vom 14. Startplatz aus spielte er nie eine Rolle, ungeachtet eines randvollen Tanks zu Beginn, und hatte am Ende sogar Alexander Wurz (Williams-Toyota) im Nacken.

Wurz fehlerfrei, aber chancenlos

Letzterer lieferte bei seinem halben Heim-Grand-Prix eine solide Leistung ohne nennenswerte Fehler ab, fuhr zwischendurch auch recht starke Rundenzeiten, war aber aufgrund des schlechten Qualifyings mit seiner Zweistoppstrategie chancenlos. Generell setzten die meisten Piloten heute wie erwartet auf zwei Boxenstopps, nur Heidfeld, Kubica, Rosberg und Webber bogen gleich dreimal zum Nachtanken ab.

Interessant war in der Schlussphase neben dem Duell um den Sieg der Kampf um Platz drei, in dem der routiniert agierende Heidfeld 1,7 Sekunden Vorsprung auf Alonso über die Ziellinie rettete. Kubica wurde Fünfter und rundete eine hervorragende Vorstellung des BMW Sauber F1 Teams ab, gefolgt vom starken Schumacher, der durch die Strategie an Rosberg vorbeikam, der seinerseits Siebenter wurde, und Kovalainen, dem die Supersofts besser lagen als die härtere Mischung.

Lewis Hamilton vor Kimi Räikkönen

Bis zum Schluss blieb es zwischen Lewis Hamilton und Kimi Räikkönen spannend Zoom

Im Mittelfeld ging es diesmal ungewöhnlich statisch zu, weil der Hungaroring eben kaum Überholmöglichkeiten bietet. Insgesamt sahen 18 von 22 gestarteten Piloten die Zielflagge, darunter auch Toro-Rosso-Ferrari-Neuzugang Sebastian Vettel, der eine halbe Minute hinter Takuma Sato (Super-Aguri-Honda) 16. wurde und eine solide Leistung darbot, und Adrian Sutil (17./Spyker-Ferrari), der mehrere Male neben der Strecke war. Rubens Barrichello (Honda) wurde Letzter.

Vorjahressieger Button mit Defekt k.o.

Die Liste der Ausfälle hielt sich in Grenzen, Ungarn 2007 war keine Materialschlacht: Yamamoto war ja bereits früh aus dem Rennen, Vorjahressieger Jenson Button (Honda) musste nach einem frustrierenden Auftritt mit technischen Problemen abstellen, Anthony Davidson (Super-Aguri-Honda) brach sich bei einer Kollision mit Fisichella die Radaufhängung und Vitantonio Liuzzi (Toro-Rosso-Ferrari) stieg an der Box enttäuscht aus.

Geprägt war der Nachmittag von der großen Krankheit der Formel 1, nämlich dem Problem, dass kaum noch überholt werden kann, weil der Angreifer in der verwirbelten Luft des Vordermannes Anpressdruck verliert und in den Kurven dadurch Grip einbüßt. So konnte man mehrere Male beobachten, dass jemand rasend schnell an einen Gegner heranfuhr, dann aber trotzdem nicht zu einer Attacke ansetzen konnte.

In der Weltmeisterschaft haben nun nur noch sechs Fahrer theoretische Titelchancen: Hamilton (80 Punkte), Alonso (73), Räikkönen (60), Massa (59), Heidfeld (42) und Kubica (28). Bei den Konstrukteuren ging McLaren-Mercedes heute wegen der FIA-Strafe ja leer aus, dennoch steht es auch hier weiterhin 138:119 gegen Ferrari. Auf den weiteren Positionen folgen das BMW Sauber F1 Team (71), Renault (33) und Williams-Toyota (20).