• 13.04.2012 13:28

  • von Dieter Rencken & Roman Wittemeier

Glock: Hand okay, Auto auch

Marussia legt mit neuen Entwicklungen weiter zu, aber Timo Glock fliegt im Training unverschuldet ab: "Kein mechanisches Problem" an der Fahrzeugnase

(Motorsport-Total.com) - Timo Glocks Stimmung nach den ersten beiden Trainings in Schanghai ist irgendwo zwischen Freude, Erleichterung und Ärger. Freude, weil die neuen Updates den MR01 offenbar schneller machen und das Team auf einem guten Weg ist, Erleichterung, weil sich eine befürchtete Handverletzung nicht bestätigt hat und Ärger, weil er einen Crash erlebte, der womöglich auf einen Fehler seines Teams zurückzuführen ist.

Titel-Bild zur News: Timo Glock

Timo Glock zeigt sich mit den Fortschritte bei Marussia sehr zufrieden

Glock hatte im ersten Freien Training und zu Beginn des zweiten Durchgangs das verbesserte Potenzial des veränderten Marussia-Paketes ausgelotet, als er in der 16. Runde am Nachmittag plötzlich in den Reifenstapeln einschlug. Der seitliche Anprall sah wenig hart aus, fühlte sich aber anders an. Per Funk berichtete Glock von Schmerzen im linken Handgelenk.

"Im ersten Moment" habe er den Schmerz verspürt, berichtet der Deutsche. "Ich war vor dem Einschlag sehr langsam. Ich sah, dass ich in die Barrieren krachen würde und dachte, dass ich die Hände ruhig am Lenkrad lassen könnte. Es fühlte sich dann aber an wie ein Crash in die Mauer. Es waren dann doch immerhin 8G, daher habe ich mir die Hand etwas angeschlagen. Aber es ist schon okay."

Nach einem kurzen Besuch im Medical-Centre gab es Entwarnung: keine ernsthafte Verletzung. Das Team begann sofort mit der Ursachenforschung. "Ich weiß nur, dass das Auto einfach geradeaus rutschte. Ich habe keine Ahnung, wann der Frontflügel abgeflogen ist. Ich habe bisher keine Videoaufzeichnungen sehen können. Wir schauen uns das alles an. Wir haben eine gewisse Vorahnung, müssen aber das Problem erst noch genau untersuchen."

Nase nicht richtig befestigt?

In einer offiziellen Stellungnahme des Teams heißt es, dass es sich beim Vorfall nicht um ein "mechanisches Problem" an der Nase des MR01 gehandelt habe, sondern um "einen operativen Fehler". Im Klartext: Es ist kein Teil gebrochen, sondern es wurde vermutlich nicht richtig fixiert. Von etwaiger Schlamperei würde natürlich niemand aus dem Team offiziell berichten. Glock hat den Vorfall sicherlich schnell abgehakt. Die sportlichen Fortschritte stehen im Vordergrund.

"Obwohl wir nicht bei den Wintertests waren, fühlt sich unser Auto dermaßen viel besser an als im Vorjahr. Es macht einfach viel mehr Spaß, wenn du in jeder Runde pushen kannst und sich das Auto immer gleich verhält. Das war im Vorjahr ganz anders. Ich bin sehr glücklich, wie es bei uns vorangeht", schildert der 30-Jährige. "Wenn man bedenkt, dass wir mir 200 Kilometern auf der Uhr in die Saison gegangen sind und dann jeweils mit beiden Autos in den ersten beiden Rennen das Ziel erreicht haben, dann muss man sagen, dass wir einen guten Job gemacht haben."

Die Basis 2012 stimmt, die Fortschritte sind deutlich erkennbar. Für China hatte man neue Teile in den Bereichen Frontflügel, Bremse und Unterboden im Gepäck. Diese Entwicklungen testete Glock am Freitag erstmals. "Unser Speed war gut. Unsere Updates fühlten sich bis zum Abflug richtig vielversprechend an. Ich hoffe, dass die alle für morgen heil geblieben sind. Schon am Morgen sah es gut aus. Aber wir haben den Daten zuerst nicht ganz getraut, weil die Bedingungen nicht gut waren und wir verschiedene Reifen nehmen mussten."


Timo Glock auf dem Weg an die Strecke

"Wir müssen nun zusehen, dass wir das Auto für morgen wieder vernünftig aufbauen", sagt Glock, der neue Teile zuerst allein den wichtigen Vergleichsversuchen unterzieht. "Es ist für mich und meine Crew immer etwas schwierig, weil wir in den ersten beiden Trainings dann nicht am Setup arbeiten können. Aber Charles hat ebenfalls viel Arbeit verrichtet. Es ist schon recht fair aufgeteilt. Ich teste häufiger neue Teile aus, aber das gehört eben dazu. Wir kämpfen nicht um die WM, sondern müssen unser Auto nach vorne bringen. Dafür bleiben dann eben nur die Tests in den ersten beiden Trainings."

Caterham ist in Reichweite

"Unser Auto haben wir nach Melbourne und Malaysia schon ziemlich gut verstanden, weil es so arbeitet wie ein Formel-1-Auto eben arbeiten sollte. All die Dinge, die wir unternommen haben, waren naheliegend und logisch", freut sich Glock über die neuen Voraussetzungen bei Marussia. "Hier können wir aufgrund unserer Aerodynamikupdates zulegen. Und das sieht gut aus. Wir haben noch gar nicht richtig am Setup gearbeitet. Es gibt noch etwas zu viel Untersteuern, also steckt da noch mehr drin."

"Die Reifen sind okay. Wir haben kein Problem, sie auf Temperatur zu bringen. Ich habe alleridings den weichen Pneu noch nicht ausprobiert, sondern bin bisher nur mit dem Prime-Reifen gefahren. Es ist höchstens der vordere linke Reifen, der in den Kurven eins und 13 ganz schön leiden muss. Aber da mein Auto sowieso noch zu sehr untersteuerte, müssen wir uns das mal morgen anschauen", schildert er nach 29 Runden am Freitrag.


Fotos: Marussia, Großer Preis von China


Glock lag am Ende des Tages nur drei Zehntelsekunden hinter Caterham-Pilot Witali Petrow, dessen Session nicht vorzeitig zu Ende war. Das Team um Heikki Kovalainen ist für Glock und Co. noch in Reichweite. "Es sieht so aus, als hätten die nicht ganz das geschafft, was sie sich eigentlich vorgenommen hatten", schmunzelt der gebürtige Odenwälder. "Wir fahren immerhin noch ohne KERS, was auch nochmal etwas Zeit ausmacht. Das könnten wir uns nächstes Jahr dann mal vornehmen."