• 26.09.2014 14:00

  • von Gary Anderson (Haymarket)

Gary Anderson: Aus der Sicht eines Fans

Technik-Korrespondent Gary Anderson hat sich den Grand Prix von Singapur einmal aus einer anderen Perspektive angeschaut und dabei Ideen entwickelt

(Motorsport-Total.com) - Dem Singapur-Grand-Prix fern zu bleiben gab mir die Möglichkeit, die Formel 1 einmal aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Ich war nur einer der Millionen Fernsehzuschauer weltweit, statt einer der wenigen Insider, und ich muss sagen, ich war nicht gerade beeindruckt von dem, was ich gesehen habe. Nicht jedoch aus Gründen, die man sich vielleicht denken würde.

Titel-Bild zur News: Singapur Marina-Bay-Street-Circuit

Ohne Fans keine Formel 1 - Wer kümmert sich um den Zuschauer? Zoom

Ich erinnere mich, wie Bernie Ecclestone einmal zu Eddie Jordan sagte: "Jordan, du weißt immer was falsch läuft, aber nie wie es richtig geht." Dieser Kommentar blieb mir über die Jahre im Kopf. Es gibt immer Leute, die sich beschweren. Aber ich glaube auch daran, dass man das Recht dazu hat sich zu beschweren, solange man auch einen Lösungsvorschlag hat.

Qualifying

Am Samstag holte sich Lewis Hamilton die Pole-Position mit nur sieben Tausendsteln Vorsprung vor Nico Rosberg. Auf dem Papier war das eine äußerst spannende Angelegenheit. Dadurch, dass sich beide aber auf unterschiedlichen Teilen der Strecke befanden und noch einige andere Autos auf ihrer schnellen Runde draußen waren, bekamen wir dieses Duell gar nicht richtig mit.

Die Begeisterung entstand durch den knappen Abstand, aber wie es dazu kam konnten wir nicht sehen. Dabei ist so etwas ein entscheidender Faktor, den jeder Motorsportfan, zu denen ich mich zähle, sehen will. Wenn sich zum Höhepunkt des Q3 zehn Autos gleichzeitig auf der Strecke bewegen, ist es für den Regisseur unmöglich, alles einzufangen. Was kann man da also tun?

Man könnte Q1 und Q2 etwas verkürzen und die letzten zehn Autos wie früher einzeln starten lassen, sodass der Zehntschnellste aus Q2 zuerst fährt, dann der Neuntschnellste und so weiter. Man könnte sie so starten lassen, dass die Lücke zwischen dem, der seine schnelle Runde beendet und dem, der seine beginnt minimiert wird, sodass sogar zwei Versuche möglich sind. Wenn jemand seinen Einsatz verpasst, muss der nächste bereit sein, um eine Verzögerung zu minimieren.

Auf diese Weise könnten wir jede Qualifyingrunde der Top 10 verfolgen und alle Beteiligten würden ein paar Minuten Sendezeit bekommen. Es würde zwar etwas länger dauern als das jetzige Q3, aber ich bin sicher, dass man das auch in eine Zuschauer-freundliche Zeitspanne verpacken kann. Schließlich würden die Autos auch nicht mehr zum Boxengassenausgang hetzen müssen, um auf die grünen Ampeln zu warten. Es könnte also von Anfang an Zeit gespart werden.

Lewis Hamilton, Nico Rosberg

Das Qualifyingduell des Mercedes-Duos fand nur auf der Zeitentafeln statt Zoom

Das Rennen

Beim Rennen bedeuteten die frühen Probleme von Rosberg, dass das Potenzial für einen ordentlichen Kampf an der Spitze schnell dahin war. Für mich waren die ersten Runden spannend, aber Hamilton fuhr schon gut vorneweg. Solange er keinen Fehler machte, waren die 25 Punkte schon seine.

Dann folgte eine Flaute, die andauerte bis das Safety-Car wieder rein kam. Nachdem das geschehen war, fuhr jedoch plötzlich nur noch ein Auto in den Top 10. Die dahinter fuhren in einer anderen Welt, zwei bis drei Sekunden langsamer, da sie ihre Reifen schonen mussten um bis zum Ende des Rennens zu kommen ohne noch einmal stoppen zu müssen.

Nichts gegen Hamilton - er fuhr ein fantastisches Rennen, vor allem in den letzten 22 Runden in denen er alles tat, was von einem professionellen Fahrer verlangt wird. Aber während der Zwei-Stunden-Veranstaltung hatte man größtenteils das Gefühl, dem Gras beim Wachsen zuzusehen.


Fotostrecke: GP Singapur, Highlights 2014

Das Safety-Car

Das Safety-Car blieb für sieben Runden draußen, um den Streckenposten Zeit zu geben Teile eines Frontflügelschadens zu beseitigen. Ich habe schon Gemeindearbeiter gesehen, die einen besseren Job erledigt haben. Sieben Runden - mehr als zehn Prozent der Renndistanz -für Etwas, was höchsten zwei Runden lang dauern sollte. Das war nicht gut genug. Es hat uns die Möglichkeit gekostet, dass Jemand vielleicht eine aggressivere Strategie ausprobiert hätte und die Dinge so vielleicht etwas spannender geworden wären. Lächerlich!

Könnte da vielleicht einmal jemand eingreifen und etwas gegen diese Regel tun, die besagt, dass sich überrundete Autos zurückrunden dürfen? Wenn jemand vom Führenden überrundet wurde, lasst sie doch einfach ans Ende des Felds zurückfallen. Das würde sicherstellen, dass sich all die führenden Autos hintereinander aufreihen würden und die überrundeten Fahrer dahinter ihren eigenen Kampf austragen könnten.

Lewis Hamilton

Hätte eine kürzere Safety-Car-Phase in Singapur für mehr Spannung gesorgt? Zoom

Zu viel Funkverkehr

Seit einigen Wochen diskutieren wir jetzt den Funkverbot. Was ist daraus also geworden? Zuhause zu sitzen und dem Funkverkehr zu lauschen hat mich - und sicherlich Millionen von anderen auch - etwas verwirrt. Ein Beispiel dafür war Sebastian Vettels Ingenieur, der im mitteilte, er solle seine Reifen schonen und dann später, er solle den Gangwechselton ignorieren und die Lücke zu Alonso vergrößern.

War das keine Unterstützung des Piloten, der das Auto eigentlich allein und ohne Hilfe fahren soll? Die FIA schien nichts dagegen gehabt zu haben, was Fragen darüber aufwirft, wie die neue Regel umgesetzt wird. Ich glaube, dass der Gangwechselton generell falsch ist. Die FIA argumentiert, das sei das Gleiche wie ein Drehzahlmesser. Das stimmt nicht. Einen Drehzahlmesser muss man ablesen. Ein Ton bedeutet, man muss seine Augen nicht von der Strecke nehmen.

Strafen

Es gibt Situationen, in denen ist eine Fünf-Sekunden-Strafe, die auf die Rennzeit eines Fahrers aufgerechnet wird, nicht genug. Jeans-Eric Vergne hat uns gezeigt, dass wenn man Probleme hat, an einem Auto vorbeizukommen, man am besten außerhalb der Strecke überholt und sich dann darauf konzentriert, einen Fünf-Sekunden-Abstand heraus zu fahren.

Es ist wichtig, dass ein Vorteil durch einen Regelverstoß durch die Konsequenz der Strafe relativiert wird. Ansonsten kann man sich aussuchen, ob man die Zeitstrafe in Kauf nimmt, wenn man am Ende damit trotzdem noch profitiert.

Es scheint als ob derzeit jeder davon redet, dass sich in der Formel 1 etwas tun muss. Das stimmt, es muss sich einiges ändern, damit man es sich auch leisten kann. Aber das ist eine andere Diskussion. Keiner tut etwas für das, was der Zuschauer sieht. Man muss sich doch nur anschauen, was uns an diesem Wochenende aufgefallen ist und diese kleinen Probleme beheben. So würde sich die Formel 1 innerhalb kürzester Zeit wieder ihren Titel als Königklasse verdienen.


Fotostrecke: Die zehn denkwürdigsten F1-Regeländerungen

Es gibt auch Vieles, was in der Formel 1 gut läuft. Alles, was ich als einer, der Zeit seines Lebens mit Motorsport zu tun hatte, sehen will, ist ein gutes Rennen. Es geht dabei nicht immer um die große Veränderung, sondern manchmal nur um kleine Verbesserungen, die sicherstellen, dass sich Erwartungen erfüllen und von den Fans gesehen und genossen werden können.