• 26.09.2014 14:01

  • von Jonathan Noble (Haymarket)

Formel-1-Bosse diskutieren über anspruchsvollere Boliden

Sind die aktuellen Boliden zu einfach zu fahren? Das diskutieren gerade die Formel-1-Verantwortlichen - Der Grund: Schon 16-Jährige können die Autos fahren

(Motorsport-Total.com) - Die Formel-1-Teamchefs haben eine Untersuchung eingeleitet, um Wege zu finden, wie man Grand-Prix-Autos in Zukunft herausfordernder gestallten kann. Als ein Teil der fortlaufenden Diskussionen darüber die Formel 1 populärer zu machen, glauben die Teams, dass ein Grund, warum sich immer mehr Zuseher vom Sport abwenden, die Auffassung ist, dass moderne Formel-1-Autos zu einfach zu fahren seien.

Titel-Bild zur News: Ayrton Senna

Brasilien 1991: Ayrton Senna streckt mit letzter Kraft den Siegespokal in die Höhe Zoom

Diese Sichtweise wurde durch Beschwerden von Fahrern zusätzlich angeheizt, denn die Autos seien nicht mehr so schwierig ans Limit zu bringen - plus der Implikation, dass Toro Rosso den 16-jährigen Max Verstappen in die Formel 1 bringen wird, die zeige, wie einfach die Serie jetzt wäre.

Die FIA wird nun potenzielle Regeländerungen evaluieren, um die Autos schwieriger fahrbar zu machen, nachdem es Diskussionen darüber bei einem Treffen der Strategiegruppe gegeben hat. Die Untersuchung, die auch Input von den Teams beinhaltet, wird in den nächsten Monaten abgeschlossen sein und es wäre möglich Änderungen 2016 umzusetzen. Die Hauptkomponenten, die untersucht werden, sind der Grip der Reifen, die Autodimension, und die aerodynamische Leistung der Fahrzeuge.

Ricciardo kritisiert aktuelle Autos

Auch Red-Bull-Pilot Daniel Ricciardo hat neulich zugegeben, dass, trotz der technischen Komplexität, die modernen Autos nicht so schwierig zu fahren sind als in den vergangenen Jahren. "Physisch gesehen ist es kein Spaziergang im Park, aber es ist einfacher als es noch vor ein paar Jahren war. Wären die Autos schneller, dann wären sie auch physikalisch anspruchsvoller zu fahren", meint der 25-Jährige.

"Physisch gesehen ist es kein Spaziergang im Park, aber es ist einfacher als es noch vor ein paar Jahren war." Daniel Ricciardo

Er gibt aber auch zu: "Was wir nicht wollen, ist die Autos so schnell zu machen wie vor zehn Jahren, wo du ein anderes Auto aufgrund der verschmutzten Luft nicht verfolgen konntest." Die Boliden derzeit seien "kein schlechter Kompromiss" meint Ricciardo weiter. "Aber man könnte möglicherweise ein paar Optimierungen vornehmen."

Der viermalige Weltmeister Alain Prost merkt an, dass es an der Zeit wäre, die Autos schwieriger fahrbar zu machen - damit eine "ordentliche" Formel 1 zurückkehrt. "Ich weiß nicht, was mit Max Verstappen passieren wird, aber es ist wahr, dass er das Auto ohne Probleme fahren können wird." Er merkt dazu an: "Das war zu unserer Zeit unmöglich - die Autos waren so schwierig zu fahren."

Prost über aktuelle Autos: "Einfach zu langsam"

"Jedes Jahr haben wir in Portugal getestet. Manchmal haben wir ein Monat lang getestet. Jedes Mal, wenn wir zum ersten Mal zurückkamen nach Portugal, war es unmöglich einen kompletten Testtag zu bestreiten, nie im Leben", schildert Prost. Es sei physiologisch gesehen wirklich schwierig gewesen, was heutzutage nicht mehr der Fall sei, meint der Franzose.

Alain Prost, Ayrton Senna

Das waren noch Zeiten: Alain Prost und Ayrton Senna 1993 in Adelaide Zoom

Das würde aber nicht bedeuten, dass man es wieder genauso machen sollte, wie es damals war, aber das Tempo der Autos während der Rennen und der Grip sei einfach nicht gut: "Es ist ziemlich langsam, also brauchen wir eine ordentliche Formel 1."

Obwohl der kürzlich gefahrene Singapur-Grand-Prix gezeigt hat, dass die aktuellen Boliden in Situationen, wie zum Beispiel bei extremen Temperaturen, schwierig zu fahren sein können, gelang es den Fahrern meistens ein Rennen in gutem Zustand zu beenden. Das zeigt, wie weit der Sport sich über die Jahrzehnte verändert hat, wo Fahrer manchmal bis an die Grenze der Erschöpfung getrieben wurden.

Brasilien 1991: Die Schreie des Ayrton Senna

"Was an diesem Tag passierte, ist weit weg von dem, wo wir heute sind." Josef Leberer über Brasilien 1991

Ein ikonischer Moment in der Formel-1-Geschichte, der zeigt, wie schwierig Grand-Prix-Autos zu fahren waren, ist der Grand Prix von Brasilien 1991. Ayrton Senna war so fokussiert darauf vor seinem Heimpublikum zu gewinnen, dass er mit starken Muskelkrämpfen, die durch physische und emotionale Anstrengungen durch Getriebeprobleme und Platzregen ausgelöst wurden, den Triumph nach Hause fuhr. Nach der Zieldurchfahrt musste ihm sogar aus dem Boliden geholfen werden.

Damals war der Österreicher Josef Leberer, der heute für das Sauber-Team arbeitet, der Fitnesstrainer des Brasilianers. Er ist sich sicher, dass die Formel 1 sich heute nirgendwo nahe der physischen Anstrengungen der damaligen Zeit bewegt: "Was an diesem Tag passiert war, ist weit weg von dem, wo wir heute sind."

"Die Jungs können heute aus dem Kindergarten kommen und das Auto fahren." Josef Leberer über die aktuellen Piloten

"Ich bin sicher, dass viele aktuelle Piloten es lieben würden ihre Stärke wie Senna zeigen zu können, aber sie kommen nicht mehr dazu sie im Auto zu benützen. Die physische Seite und die mentale Seite sind sehr verschieden", so Leberer weiter. Auch er glaubt, dass es heute viel einfacher ist ein Formel-1-Auto zu fahren: "Die Jungs können heute aus dem Kindergarten kommen und das Auto fahren."

Leberer: "Es war noch nie so einfach wie heute"

Sebastian Vettel, Josef Leberer

Josef Leberer auch heute noch in der Formel 1 tätig: Hier mit Sebastian Vettel Zoom

Und er unterstreicht noch einmal: "Von der physischen Seite war es noch nie so einfach wie heute." Leberer hat in den zwei Jahrzehnten, die er in der Formel 1 tätig ist, vieles gesehen und glaubt, dass die Tatsache, dass Fahrer am Ende des Rennens komplett ruhig aus dem Auto steigen, noch mehr zeigt, dass die Boliden nicht sehr anspruchsvoll zu fahren sind. "Es ist großartig Jugend in der Formel 1 zu haben, aber ich erinnere mich an erschöpfte Fahrer, die schwitzten und fast ohnmächtig geworden sind. Jetzt steigen sie aus und manche von ihnen schwitzen gar nicht."

Auch er erinnert sich an die Zeit mit Ayrton Senna und Alain Prost zurück: "Als ich mit Senna und Prost gearbeitet habe, war der physische Anspruch enorm. Sie hatten Prellungen an den Ellbogen, Schmerzen vom Gangwechsel, Schwierigkeiten mit dem Nacken." Es sei so viel härter gewesen damals, resümiert Leberer.