• 06.09.2008 10:43

  • von Fabian Hust

"Eingefrorene Motoren": Taut da was?

Whitmarsh, Domenicali, Brawn und Howett diskutieren über Gerüchte über ein angebliches Umgehen des Motoren-Entwicklungsstopps

(Motorsport-Total.com) - Zuletzt gab es Diskussionen darüber, ob der eine oder andere Motoren-Hersteller das Reglement etwas lockerer auslegt als der andere. Denn eigentlich wurde die Entwicklung der Triebwerke "eingefroren". Es dürfen nur noch externe Komponenten modifiziert werden, oder interne Bauteile, sofern dies der Behebung eines Problems mit der Zuverlässigkeit dient oder nachgewiesen werden kann, dass dadurch Kosten eingespart werden.

Titel-Bild zur News: Mercedes-V8-Motor von 2008

Die Motoren dürfen nur noch sehr eingeschränkt weiterentwickelt werden

Zuletzt hatten sich Renault-Teamchef Flavio Briatore sowie sein Fahrer Fernando Alonso öffentlich darüber beschwert, dass der Ferrari-Motor deutlich an Leistung zugelegt hat, während die Franzosen den Geist des Reglements beachtet hätten und den Motor nicht mehr weiterentwickeln.#w1#

Ferrari sieht geringfügige Entwicklung als legitim an

"Dazu kann ich nur sagen, dass wir der Tatsache vertrauen, dass die FIA über einen Muster-Motor verfügt, den sie überprüfen können, wann sie dies tun wollen", so Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali. "In dieser Beziehung gibt es einen Vergleich, den man jederzeit durchführen kann. Das ist die Situation."

"Selbst wenn es in der Natur des Sports liegt, auf jedem Gebiet zu arbeiten, auf dem man arbeiten kann, dann ist dies ein Teil dessen, das jeder so handhabt. Das ist Teil dessen, was wir tun können. Um ehrlich zu sein denke ich, dass mehr nicht getan wird, denn es wäre für das Team sehr schädlich, wenn es etwas tun würde oder auf diesem Gebiet schummelt. Das wäre für alle, die dies tun, ein Desaster."

McLaren wundert sich nicht über Gerüchte

"Es gibt etwas Spielraum, wenn es um die Zuverlässigkeit und Kostenfaktoren geht, aber dies wird sehr öffentlich gehandhabt", so McLaren-Geschäftsführer Martin Whitmarsh. "Ich mache innerhalb des Sports im Moment über dieses Thema nicht viele Sorgen aus. Es lässt sich nicht vermeiden, dass es Spekulationen darüber gibt, wer den besten Motor hat und wer den schlechtesten Motor hat, wenn es auf diesem Gebiet Stabilität gibt. Und aus diesem Grund können manche Leute diesbezüglich Sorgen bekommen."

"Es gab eine Zeit, in der war es den Motoren-Herstellern gestattet, ihre Motoren zu tunen. Einige Hersteller haben meiner Meinung nach mehr Anstrengungen in die allerletzte Entwicklungsphase investiert als andere, aber das ist lediglich Spekulation. Ich bin mir sicher, dass es unter den Motoren eine Bandbreite gibt. Meiner Meinung nach ist diese nicht signifikant."

Transparenz ist vorhanden

Der Brite verweist zudem darauf, dass alle Modifikationen, die ein Hersteller an seinem Motor durchführt, den anderen Herstellern mitgeteilt werden: "Und wenn sie damit nicht einverstanden sind, dann haben sie das Recht, dagegen zu dieser Zeit zu protestieren."

Nach Aussage von Whitmarsh habe es eine solche Situation bisher noch nicht gegeben: "Es gibt zunehmend Druck, und es ist im Interesse unseres Sports, in Betracht zu ziehen, mehr als zwei Rennen mit einem Motor zu fahren. Wenn die Hersteller schauen können, wo sie Probleme haben und diese vielleicht aus der Welt schaffen können, dann macht dies die Motoren robuster. Dies würde es uns leichter machen, auf Motoren zu wechseln, die mehr als zwei Rennen halten müssen."

Brawn sieht keine Verdachtsmomente

Honda-Teamchef Ross Brawn schätzt das aktuelle Vorgehen als "ziemlich robust" ein und glaubt nicht, dass betrogen wird. Allerdings gebe es doch die eine oder andere Unklarheit, zum Beispiel jene, ob man Teile austauschen darf, weil etwas anderes verändert wurde. Zum Beispiel, ob man den Kolben wechseln darf, nur weil eine Veränderung beim Benzin plötzlich zu Problemen mit dem Kolben geführt hat: "Da gibt es eine kleine Grauzone, ich denke jedoch, dass sich die FIA dieser bewusst ist und sie zusammen mit den Teams nach Klarheit suchen."

Allerdings kann der Brite die aktuellen Diskussionen nachvollziehen: "Wir homologieren ein Design, weil wir zwischen den Teams nur einen sehr geringen Leistungsunterschied sehen und wir es uns leisten können, diese einzufrieren. Es wäre unfair, wenn man dadurch einen Leistungsvorteil für die Teams schafft, die für diese Periode auf diesem Gebiet einen Vorteil haben. Ich denke, dass die Spekulationen auf dieser Basis ins Kraut geschossen sind. Denn ein paar Teams glauben, dass andere Teams mehr Leistung haben, und dass man nichts dagegen tun kann."

Alles nur Frustration?

Man müsse berücksichtigen, dass dies alles Spekulationen seien, und zu der Zeit, als das "Einfrieren" beschlossen wurde, alle das Gefühl hatten, dass sich die Hersteller auf einem ziemlich ähnlichen Niveau bewegen. Die Spekulationen könnten nun entstanden sein, weil sich das Kräfteverhältnis verschoben hat, oder einfach deswegen, weil bestimmte Teams nicht konkurrenzfähig genug sind.

"Wenn ein Team einen Vorteil hat, dann gibt es nichts, was man dagegen unternehmen kann. Das ist womöglich lediglich eine Sorge für weitere technische Restriktionen in der Zukunft, denn je mehr wir das Chassis reduzieren, desto mehr werden die Teams das Gefühl haben, dass sie benachteiligt werden."

Warnung vor zu viel Homologation

"Wenn wir komplett standardisierte Autos hätten, aber andere Motoren, dann wäre der Motor die einzige Variable. Wir müssen also sicherstellen, dass wir ausreichend im Auto übrig lassen, so dass wir nicht nur eine Startaufstellung gestalten, die auf der Leistung des Motors basiert."

Bei Toyota macht man sich keine Sorgen, denn man hat das Gefühl, dass die FIA "sehr professionell" agiert, wie Teamchef John Howett erklärt. Zudem sei die zusätzliche Motorleistung in den vergangenen Jahren primär durch die Erhöhung der Drehzahl erzielt worden, die nun bekanntlich jedoch limitiert ist: "Es fällt aus diesem Grund sehr schwer, die Zahlen zu glauben, die derzeit herumgereicht werden."

"Hinzu kommt, dass man meiner Meinung nach die Tatsache respektieren muss, dass der Motor Teil eines Pakets ist. Wenn man mehr Leistung hat, dann entsteht mehr Hitze, man muss womöglich mehr Benzin mitnehmen. Der Motor ist also in gewisser Weise ein integraler Teil verschiedener anderer Faktoren. Ich glaube aus diesem Grund nicht, dass die Zahlen und die Auswirkungen, die öffentlich diskutiert wurden, korrekt sind, selbst wenn die Leute den Motor geringfügig verändern."