• 30.05.2009 20:12

Domenicali: "Die Formel 1 wäre der Gewinner"

Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali über die Einschreibung der FOTA-Teams und die Bedingungen zur Teilnahme 2010

(Motorsport-Total.com) - Als sich nach Williams die verbliebenen neun Teams der Vereinigung FOTA für die Weltmeisterschaft 2010 einschrieben, gab es vielerorts Aufatmen. Doch die Kuh ist noch längst nicht vom Eis. Die Bedingungen, die die FOTA an die tatsächliche zukünftige Teilnahme an der Formel 1 knüpfte, sind aus Sicht von FIA-Chef Max Mosley sicherlich schwierig zu erfüllen. Es droht weiterer Streit. Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali erhöhte den Druck in einem Interview weiter.

Titel-Bild zur News: Stefano Domenicali (Teamchef)

Stefano Domenicali erklärt Hintergründe zur Einschreibung der FOTA-Teams

Frage: "Stefano, die FOTA spricht von einer Einschreibung unter gewissen Bedingungen. Was bedeutet dies?"
Stefano Domenicali: "Ganz einfach: Die neun Teams, die zurzeit in der FOTA organisiert sind, haben ihre Nennung für 2010 abgegeben, die allerdings nur dann gültig wird, wenn ein Concorde-Agreement unterzeichnet wird und wenn wir unter dem Reglement von 2009 starten, welches nur durch Vorschläge der FOTA modifiziert wird. Die Schritte, die wir gestern eingeleitet haben, stehen in vollem Einklang mit den Prinzipien von Ferrari, wie wir sie bei der Vorstandssitzung am 12. Mai besprochen haben, und wie auch die FOTA sie vertritt."#w1#

Budgetgrenze ist ein Tabuthema

Frage: "Was passiert, wenn die Bedingungen nicht erfüllt werden?"
Domenicali: "Auch hier ist die Antwort simpel: Dann sind die Nennungen der neun Teams nicht gültig."

"Es sollte ein sich selbst regelnder Prozess innerhalb der FOTA sein." Stefano Domenicali

Frage: "Warum gibt es die Frist bis zum 12. Juni?"
Domenicali: "Weil die FIA an jenem Tag die Teams veröffentlichen will, die an der Weltmeisterschaft 2010 teilnehmen werden. Bis dahin müssen alle Probleme aus dem Weg geräumt sein."

Frage: "Bedeutet die Einschreibung unter Bedingungen, dass man möglicherweise ein Budgetlimit akzeptieren wird?"
Domenicali: "Absolut nicht. Die Tatsache, dass wir die Regeln von 2009 als Grundlage haben möchten belegt, dass wir keine Budgetgrenze haben möchten."

Frage: "Welche Pläne zur Reduzierung von Kosten gibt es denn?"
Domenicali: "Es sollte ein sich selbst regelnder Prozess innerhalb der FOTA sein. Die Vereinigung und die Teams selbst übernehmen die Kontrolle der Kosten. Wir wissen genau, wie wir das erreichen können und wir wollen das selbst machen. Das kann man doch an all den Dingen ablesen, die wir bisher erreicht haben. Genau dies ist doch zum Beispiel beim Thema Testfahrten passiert. Da haben sich die Teams untereinander geeinigt. Die Situation funktioniert doch wunderbar."

Der FOTA-Weg zur Kostensenkung

Frage: "Können sie uns Details nennen über den Weg, mehr Kosten einzusparen?"
Domenicali: "Grundlage ist für uns das, was die FOTA bereits bezüglich der Motoren und Getriebe entschieden hat, die wir an unabhängige Teams für 6,5 Millionen Euro pro Jahr liefern werden. Außerdem gibt es weitere Maßnahmen im Bereich Aerodynamik, wo es Einschränkungen bei der Entwicklungsarbeit gibt. Zum Beispiel haben wir eine gewisse Zahl von Flügeln vorgeschlagen, die in einer Saison verwendet werden dürfen."

"Gleichzeitig würden alle Teams vertraglich bis mindestens 2012 an den Sport gebunden." Stefano Domenicali

"Auf diesem Wege gewährleisten wir einen technologisch hochwertigen Wettbewerb, ohne an der Preisspirale zu drehen. Das sollte sich auf die Kosten auswirken. Man könnte außerdem beim Umfang eines Rennteams ansetzen, so wie es derzeit beim Rennwochenende zum Einsatz kommt. Zum Bespiel auch durch das Abschaffen der Tankstopps während des Rennens. Es gibt viele weitere Ansätze. Aber wir wollen zurzeit nicht zu sehr ins Detail gehen, weil wir aktuell in Gesprächen mit der FIA sind."

Frage: "Wird es unter dieser Voraussetzung denn möglich sein, dass neue Teams hinzukommen?"
Domenicali: "Ja, weil eine deutliche Kostensenkung erfolgen wird. Man wird teilnehmen können und auch Chancen auf erfolgreiches Abschneiden haben in der höchsten Motorsportklasse, die es gibt. Das gilt für den sportlichen wie für den kommerziellen Bereich. Es ist wert, dass man sich das mal anschaut, weil die Meisterschaft hochwertig bleibt, weil die größten Hersteller langfristig an Bord bleiben."

Concorde-Agreement schafft klare Strukturen

Frage: "In den vergangenen Wochen gab es viele Diskussionen seitens Ferrari und FOTA, die den Wunsch nach einer soliden Motorsporthoheit und entsprechende Stabilität zum Ausdruck brachten, um gute Bedingungen für Verhandlungen zu schaffen. Wie soll dies in der Praxis aussehen?"
Domenicali: "Die Unterzeichnung eines Concorde-Agreements würden die gebräuchlichen Regeln zum Betrieb der Formel 1 festschreiben, wie sie sich in den vergangenen Jahren bewährt haben. Ich meine damit zum Beispiel die Rolle der Formel-1-Kommission, die das einzige Forum darstellt, in welchem Regeln ausformuliert werden. Gleichzeitig würden alle Teams vertraglich bis mindestens 2012 an den Sport gebunden."

"Die wichtigen Faktoren wie Technologie und sportlicher Wettbewerb blieben erhalten." Stefano Domenicali

Frage: "Können auf diesem Wege die Vorbehalte der FIA aus dem Weg geräumt werden, die in den vergangenen Monaten so oft geäußert wurden?"
Domenicali: "Ich denke schon. Die FIA will eine deutliche Kostensenkung aus zwei Gründen: Sie will existierende Teams davon abhalten, aus dem Sport auszusteigen, und sie will neuen Teams die Chance auf einen Einstieg bieten. Beide Ziele können auf unserem Wege erreicht werden. Die Kosten werden deutlich gesenkt und gleichzeitig werden die aktuellen Teilnehmer der Formel 1 großen Aufwand betreiben, damit sie in dem Sport bleiben."

Frage: "Wenn die Bedingungen bis zum 12. Juni erfüllt werden, geht dann die FOTA als klarer Sieger aus dem Krieg hervor?"
Domenicali: "Wenn dies passiert - und das hoffe ich sehr - dann würde ich sagen, dass die Formel 1 der Gewinner ist. Die wichtigen Faktoren wie Technologie und sportlicher Wettbewerb blieben erhalten, wir hätten eine Stabilität bei den Regeln und die Teams würden sich langfristig binden. Genau dies wollte die FOTA immer erreichen: Gemeinsam mit der FIA und mit dem Inhaber der kommerziellen Rechte an einer gesunden und aufblühenden Formel 1 arbeiten."