• 12.05.2014 15:30

  • von Dieter Rencken & Timo Pape

Die Formel 1 und der verlorene Grip

Viele Fahrer wünschen sich nach wie vor mehr Anpressdruck, denn die Formel 1 2014 ist besonders in den Kurven deutlich langsamer als zuvor - Felipe Massa hat eine Idee

(Motorsport-Total.com) - Zur Saison 2014 erlebte die Formel 1 ein wahre Revolution im Bereich des Reglements. Im Hauptfokus standen die neuen Hybridmotoren, die den wohl größten Schritt in Richtung Zukunft darstellten. Allerdings hat sich auf in Sachen Aerodynamik einiges getan. Nachdem die Boliden in den vergangenen Jahren annähernd perfekt im Wind standen, beschnitt die FIA das Regelwerk in dieser Hinsicht. Die Folge: niedrigere Kurvengeschwindigkeiten, schnellere Höchstgeschwindigkeiten.

Titel-Bild zur News: Romain Grosjean, Kimi Räikkönen

Die Formel 1 hat in diesem Jahr deutlich weniger Abtrieb als noch in der Vorsaison Zoom

Unter dem Strich bedeutet der reduzierte Anpressdruck jedoch langsamere Rundenzeiten - eines der Hauptargumente der momentan so zahlreichen Formel-1-Kritiker. Dass der Eindruck des Langsamfahrens auch im Auto spürbar ist, bestätigen diverse Fahrer. "Du hast wenig Grip", meint etwa Adrian Sutil gegenüber 'Sky'. "Die Kurven sind mit diesen Autos richtige Kurven geworden. Das Fahrzeug bewegt sich extrem viel. Man merkt, wie viel Abtrieb wir verloren haben."

Williams-Pilot Valtteri Bottas pflichtet ihm bei: "Es stimmt. In diesem Jahr sind die Kurvengeschwindigkeiten geringer. Aber andererseits sind die Fahrzeuge auf den Geraden schneller. Doch insgesamt sind die Rundenzeiten etwas angestiegen." Besonders bei gewissen Strecken, auf denen es sehr auf Anpressdruck in den Kurven ankommt, spüre man den Unterschied, weil "uns in diesem Jahr weniger Abtrieb zur Verfügung steht", so der Finne.

Später bremsen nicht mehr möglich

Sein Teamkollege Felipe Massa versucht die Regeländerungen zu verdeutlichen: "Man hat die Aerodynamik beschnitten, den mechanischen Grip aber gleich gelassen. Da hat sich also nichts verändert: Wir haben weiterhin Probleme damit, einem anderen Auto zu folgen." In diesem Jahr komme es schneller zu Fehlern, erklärt der ehemalige Ferrari-Fahrer. "Eine saubere Runde zu erwischen, ist jedenfalls nicht einfach. Das ist es nie."

"In Kurve 3 wird nicht mal ansatzweise Vollgas gefahren, und die letzte Schikane ist für mich die Schlimmste." Romain Grosjean

Lotus-Pilot Romain Grosjean empfindet die Formel 1 2014 sogar als "viel langsamer, als noch im vergangenen Jahr." Gerade in Spanien habe der Franzose den Unterschied gemerkt: "In Kurve 3 wird nicht mal ansatzweise Vollgas gefahren, und die letzte Schikane ist für mich die Schlimmste, sie ist wirklich sehr langsam." Sein Landsmann Jules Bianchi hat in Barcelona einmal versucht, später zu bremsen - ohne Erfolg: "Dadurch wurde ich langsamer. Später Bremsen bedeutet Zeitverlust."

"Dadurch wurde ich langsamer. Später Bremsen bedeutet Zeitverlust." Jules Bianchi

"Es ist nicht wie im vergangenen Jahr, dass man mit weniger Benzin an Bord oder mit mehr Grip später bremsen kann. In diesem Jahr ist das anders. Ich weiß nicht genau warum, aber die Ingenieure können das sehen", versichert der Marussia-Pilot. Ein Fahrer müsse nicht mehr nur nach Instinkt fahren, sondern auch konzentriert bleiben und genau überlegen, bevor er etwas Neues ausprobiert. "Mit dem Grip vom letzten Jahr wäre das nicht so ein großes Problem geworden."

Fahrer wollen Speed zurück

Die Fahrermeinungen zum Thema Geschwindigkeitsverlust sind zumeist ähnlich: Langsam ist negativ. "Natürlich wärst du gern immer schneller", stellt Bottas klar. "Ich hoffe, wir kommen da in der Zukunft wieder hin. Die Entwicklung steht ja nicht still. Wir müssen einfach sehen, ob das ausreicht." Schließlich sei selbst die GP2 mittlerweile recht nahe an der Formel 1 dran. Sutil teilt diese Meinung: "Grundsätzlich wäre es schön, wenn die Autos schneller werden als umgekehrt."

"Grundsätzlich wäre es schön, wenn die Autos schneller werden als umgekehrt." Adrian Sutil

"Als ich vor sieben Jahren angefangen habe, waren gewisse Kurven noch richtig extrem", erinnert sich der Gräfelfinger, "da konntest du kaum den Kopf aufrecht halten." Nun sei es ein bisschen lockerer geworden, auch wenn die neuen Autos auf den Geraden schneller sind. Sutil hat jedoch die Hoffnung, dass man in die richtige Richtung entwickeln wird: "Es ist eine Frage der Zeit. Da ist noch viel Potenzial, das wir ausschöpfen können."

Sieht man von den Fahrern ab, so gibt es auch positive Stimmen zum Aerodynamikkonzept der Saison 2014. Ein Befürworter ist beispielsweise McLaren-Renndirektor Eric Boullier. "Man kann die Formel 1 als Spitze des Motorsports nicht nur über Rundenzeiten definieren. Sie ist die Spitze des Motorsports wegen der Technologie der Fahrzeuge und der Art, wie diese Autos bewegt werden." Davon ab ist sich der Franzose ganz sicher, dass die Formel 1 bald wieder so schnell wie zuvor sein wird - "vielleicht sogar schneller."


Fotostrecke: F1 Backstage: Barcelona

Einen Verbesserungsvorschlag hat indes Williams-Fahrer Massa parat: "Ich denke, wir sollten eine Studie in Auftrag geben, um den mechanischen Grip zu erhöhen. Das ist möglich." Damit verweist der 33-Jährige auf die Vergangenheit der Formel 1: "Da gab es teilweise Riesenwalzen als Hinterräder. So weit müssen wir ja nicht gehen, aber etwas wir sollten tun - vielleicht die Reifen etwas vergrößern." Zunächst einmal wird die FIA aber vermutlich abwarten, inwieweit die Teams ihre Aerodynamik in Zukunft verbessern können.

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