"Dermaßen geil": Ist Niki Lauda eigentlich ein V12-Fan?

Warum Christian Horner einen 5,0-Liter-V12-Motor möchte und Helmut Marko glaubt, dass Mercedes-Boss Niki Lauda insgeheim auf Red-Bull-Linie ist

(Motorsport-Total.com) - In der Diskussion um die Motoren-Zukunft der Formel 1 werden im Kern zwei Richtungen vertreten. Die einen sagen, das Antriebsformat der Zukunft müsse möglichst "grün" sein und in eine technologische Vorreiterrolle positioniert werden. Dazu zählt man meistens die großen Hersteller wie Mercedes, Renault oder Honda, ebenso die FIA. Und die anderen sagen, wichtig sei vor allem ein möglichst "geiler" Motor, sehr laut, sehr stark und sehr beeindruckend. Zu dieser Strömung bekennt sich allen voran Red-Bull-Motorsportkonsulent Helmut Marko.

Titel-Bild zur News: Niki Lauda, Helmut Marko

Niki Lauda & Helmut Marko tauschen sich regelmäßig aus, auch in Motorenfragen Zoom

Wenn der Österreicher also mit seinem Freund Niki Lauda, Aufsichtsratsvorsitzender des Mercedes-Teams, diskutiert, sollte man meinen, dass zwei völlig konträre Meinungen aufeinanderprallen. Dem ist aber nicht so, wie Marko im Interview mit der 'Autorevue' verrät: "Ferrari verkauft 80 Prozent Zwölfzylinder in ihrem Angebot, Mercedes-AMG hat das auch. Der Herr Lauda fährt so was. Er holt mich ab und kurbelt das Fenster runter, nur um zu sagen: 'Hör mal, wie dermaßen geil das klingt!' So etwas wollen 98 Prozent der Leute."

Für Marko wären zwölf Zylinder in der Formel 1 "das Optimum", aber: "Das wird mit den Herstellern schwer zu machen sein. Was ich nicht verstehe." Ginge es nach ihm, stünde der Motor der Zukunft längst fest: V12, 1.000 PS und ein Einheits-KERS als "grünes Mascherl". Zustimmung kommt von seinem Kollegen Christian Horner: "Wir bei Red Bull, als Puristen, würden uns wünschen, dass wir auf einen V12 gehen, wie wir ihn gerade in den Aston Martin Valkyrie gesteckt haben."

Red Bull rechnet mit V6-Biturbo mit Standard-KERS

"Das ist ein 5,0-Liter-V12, und als wir auf den Markt gegangen sind, war das, was der Markt wollte. Vielleicht ist das für die FIA zu viel, aber es wäre ein fantastisch klingender Motor", findet der Red-Bull-Teamchef. Dass ein solcher Motor nicht realistisch ist, ist ihm aber bewusst: "Ich glaube nicht an den V12 oder V8. Also wird es wahrscheinlich ein V6-Twin-Turbo mit jeder Menge standardisierten Komponenten."

Damit könnte Red Bull "zur Not" leben, sagt Marko. Aber: "A la longue muss sich die Formel 1 wieder zur Formel 1 entwickeln. Ohne Rücksicht darauf, wie es in der Automobilindustrie weitergeht." Denn: "Dieser Motor wird acht bis zehn Jahre Lebensdauer haben. Von 2021 weggerechnet kommen wir damit ins Jahr 2030. Was werden wir 2030 auf der Straße fahren? Vielleicht Elektroautos, vielleicht autonome Autos, die nicht einmal mehr einen Fahrer brauchen", wirft Horner in die Diskussion ein.


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"Die Formel 1", erklärt der Brite, "befindet sich an einer Kreuzung, an der sie sich entscheiden muss, ob sie eine technologische Übung sein will oder eine Form der Unterhaltung. Mann und Maschine. Und dass wir uns an dieser Kreuzung befinden, macht es so entscheidend, in dieser Motorenfrage die richtige Entscheidung zu treffen." Zum Beispiel bei Meetings wie jenem am kommenden Dienstag in Paris.

Marko: Wo bleibt eigentlich Volkswagen?

Mit dem aktuellen Antriebsformat ist wegen der hohen Kosten für die Kundenteams und die große sportliche Streuung kaum jemand hundertprozentig happy. Auch wenn sich Hersteller wie Mercedes durchaus an den technologischen Effizienz-Eckdaten erfreuen. Das ist für Red Bull weniger relevant. Trotzdem haben es Marko und Horner seinerzeit nicht geschafft, den Motor zu verhindern.

"Es gab eine Motorengruppe - ironischerweise unter der Führung von Renault, die ja viel Erfahrung mit kleinvolumigen Motoren hatten", erinnert sich Marko in der 'Autorevue'. "Und plötzlich waren nur mehr Techniker am Wort, und so ist das alles entstanden. Auch VW war sehr aktiv mit ihrem Weltmotor, den sie für alles einsetzen wollten: Tourenwagen, Le Mans, Rallye. Und dann war das Reglement da - und VW weit weg."


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"Du kannst also nicht Techniker alleine so was entscheiden lassen", zieht Marko als Schluss daraus. "So ist das völlig aus dem Ruder gelaufen. Es hat keiner - außer Mercedes - die Tragweite vorausgesehen, was du da alles brauchst. Mercedes, da bin ich immer gut informiert: Die haben 22.000 verschiedene Schaufelformenräder gemacht. 22.000! Bis sie die richtige Schaufel hatten."