Der "gezüchtete" Weltmeister beendet den Fluch

Sehr zur Freude von Ron Dennis und Dave Ryan holte Lewis Hamilton in Brasilien den ersten WM-Titel für McLaren-Mercedes seit 1999

(Motorsport-Total.com) - 1999 wurde Mika Häkkinen Fahrer- und Ferrari Konstrukteursweltmeister, doch seither holten die Silberpfeile keinen einzigen WM-Titel mehr. Erst gestern endete die fast zehnjährige Durststrecke mit Lewis Hamiltons dramatischem Triumph gegen Felipe Massa in der letzten Runde des Saisonfinales im brasilianischen São Paulo.

Titel-Bild zur News: Ron Dennis und Lewis Hamilton

Ron Dennis und Lewis Hamilton haben ihr großes gemeinsames Ziel erreicht

Ein paar Mal war McLaren-Mercedes knapp dran gewesen: etwa 2000, als Häkkinen erst beim vorletzten Rennen Michael Schumacher unterlag, oder 2003, als Kimi Räikkönen nur zwei Punkte auf den Titel fehlten, oder auch 2007, als Hamilton und Fernando Alonso am Ende nur um einen Zähler weniger auf dem Konto hatten als der zu Ferrari abgewanderte Räikkönen. Und auch gestern sah es zum Zeitpunkt, als Massa über die Ziellinie fuhr, nach einer knappen Niederlage aus.#w1#

Achterbahnfahrt der Gefühle

"Ich habe so etwas noch nie erlebt", ließ McLaren-Teammanager Dave Ryan das dramatische Finish noch einmal Revue passieren. "Wir hatten es, dann schien es für eine Minute verloren, dann hatten wir es in der letzten Kurve wieder. Einfach fantastisch! Es war außerhalb unserer Kontrolle. Wir waren am Boden zerstört, als wir dachten, es sei gelaufen. Nicht schon wieder! Aber dieser Junge ist eben etwas Besonderes. Er hat einen großartigen Job gemacht und ich bin sprachlos."

Lewis Hamilton

Schon in der Formel-3-Euroserie fuhr Lewis Hamilton einen Silberpfeil Zoom

Ryan muss wissen, wovon er spricht, wenn er Hamilton in solchen Tönen lobt, schließlich hat er früher schon mit Größen wie Ayrton Senna oder Häkkinen zusammengearbeitet. "Ich habe jeden WM-Titel genossen, an dem ich mitwirken konnte, aber dieser ist speziell. Lewis ist fantastisch. Ich glaube, das ist nur der Anfang. Dieser Junge ist magisch! Er war schon etwas Besonderes, als er zu uns gekommen ist, und jetzt das. So etwas könnte man gar nicht schreiben. Er wird es weit bringen", sagte Ryan.

Für Teamchef Ron Dennis ist der WM-Titel ein großer persönlicher Triumph: Beinahe hätte man dem einstigen Siegertypen schon das Image des ewigen Zweiten angedichtet, da schrieb Hamilton ein großes Kapitel Grand-Prix-Geschichte. Nach Spionageaffäre, 100-Millionen-Dollar-Strafe, diversen Interventionen der Rennleitung und Co. ist die Weltmeisterschaft 2008 vielleicht die befriedigendste für die gescholtene McLaren-Mercedes-Seele.

Außerdem ist Hamilton nicht einfach nur irgendein McLaren-Mercedes-Pilot, sondern quasi eine "Erfindung" von Dennis. Als kleiner Junge ging Hamilton einst auf den Formel-1-Teamchef zu, der ihm eine legendäre Antwort gab: "Ruf mich in neun Jahren wieder an!" Gestern krönte sich Hamilton in einem seiner Autos zum Weltmeister der Königsklasse des Motorsports. Eine Geschichte, wie man sie sich schöner nicht ausdenken könnte.

Von klein auf gefördert

Dennis hat seinen Schützling von klein auf beobachtet, gefördert, finanziert. Hamilton hatte es dank der Unterstützung der Silberpfeile leichter als die meisten anderen Nachwuchspiloten, hatte nie finanzielle Probleme, rechtfertigte diesen Support aber auch immer mit Leistung. Spätestens in der GP2 war klar, dass er ein außergewöhnliches Talent besitzt. Nun hat sich Dennis seinen letzten Traum erfüllt: einen "gezüchteten" Weltmeister.

Lewis Hamilton

Weltmeister: Nach der Zieldurchfahrt stürmte Lewis Hamilton zum Team Zoom

"Lewis hat in den vergangenen beiden Jahren mehr Punkte geholt als jeder andere Fahrer. Er hat mehr Rennen gewonnen als jeder andere Fahrer. Er war öfter auf dem Podium als jeder andere Fahrer. Er ist der jüngste Weltmeister aller Zeiten. Er bringt seine Leistung weiterhin auf den Punkt. Es liegen gerade Mal die ersten zwei Jahre seiner Karriere hinter ihm. Da wird noch einiges kommen", streute der 61-jährige Brite seinem Landsmann Rosen.

"Lewis hat alles getan, worum wir ihn gebeten haben - und noch viel mehr", so Dennis. "Er hat Opfer gebracht, er hat Entschlossenheit an den Tag gelegt. Natürlich ist es angenehm, Richtung vorgegeben zu bekommen, aber er musste trotzdem selbst sein Niveau anheben und er musste es selbst umsetzen. Teil davon zu sein, ist großartig. Vom Team und von seiner Familie wird er natürlich phänomenal unterstützt."

"Die Weltmeisterschaft wurde heute entschieden", sagte der McLaren-Mercedes-Teamchef, "aber eine Saison besteht nicht nur aus einem Rennen. Wir hatten viel Pech, zum Beispiel an der Boxenausfahrt in Kanada, als wir das Rennen unter Kontrolle hatten, aber auch Massa hatte mit den Tankproblemen in Singapur Pech. Es war ein Auf und Ab, aber am Ende kann es nur einen Sieger geben. Ich bin froh, dass es Lewis ist."


Fotos: McLaren-Mercedes, Großer Preis von Brasilien, Sonntag