• 27.01.2014 15:55

  • von Sylt, Reid & Sharaf

Der britische Fiskus: Ecclestones kleineres Übel

Dem Formel-1-Zampano drohen Nachzahlungen in Millionenhöhe, aber wohl kein Strafverfahren - Ecclestone hält Freikauf in München für schwierig und will kämpfen

(Motorsport-Total.com) - Der Dschungel juristischer Probleme, mit denen sich Bernie Ecclestone und seine Anwälte quälen, wird immer undurchschaubarer. Schließlich befasst sich nicht nur das Oberlandesgericht München mit den Machenschaften des Zampano, auch die Steuerbehörden in Großbritannien (HMRC) schauen sich seine Finanzen seit geraumer Zeit ganz genau an. Ecclestone drohen an dieser Front weniger scharfe Konsequenzen als beim Strafverfahren in Deutschland, dafür Nachzahlungen in Millionenhöhe.

Titel-Bild zur News: Bernie Ecclestone

Bernie Ecclestones juristischer Ärger wird so schnell nicht im Sande verlaufen Zoom

Grund ist, dass die Steuervergehen, mit denen Ex-BayernLB-Vorstand Gerhard Gribkowsky den 83-Jährigen nach dessen Aussage erpresst haben soll, für HMRC weiter von Belang sind. Konkret geht es dabei um die Rennstrecke in Paul Ricard, die dem Familienunternehmen Bambino gehört, laut Gribkowsky aber von Ecclestone selbst betrieben wurde. Der Formel-1-Boss verweist auf seinen früheren Anwalt Stephen Mullins. "Er sagte, du musst diesen verdammten Kerl loswerden", so Ecclestone.

Er bestreitet alle Vorwürfe, meint aber: "Wenn er einen Brief geschrieben und das behauptet hätte, hätten sie mich in die Enge getrieben, was sie jetzt vielleicht tun." Ecclestone befindet sich in der Beweispflicht und nennt es ein "100-prozentiges Risiko", ins Visier der Behörden zu geraten. "Das ist logisch, sie wollen Geld sehen. Sie werden den Fakt erkennen, dass ich das nötige Geld besitze, wenn sie gegen mich vorgehen und sie etwas nachweisen", vermutet Ecclestone, er wäre eine willkommene Einnahmequelle.

Nachzahlungen, keine Steuerhinterziehung

"Stellen Sie sich vor, sie können bestätigen, dass ich den Konzern betreibe, dann wäre es fantastisch für sie", so der Brite weiter. Es gibt Hinweise, dass HMRC seiner Erklärung der Zahlung an Gribkowsky Glauben schenkt. Eine Untersuchung dazu war bereits eröffnet worden. Angesichts eines ins Stocken geratenen Börsengangs der Formel 1 in Singapur wird deutlich, dass die öffentliche Hand den 83-Jährigen nicht der Steuerhinterziehung verdächtigt, sondern lediglich prüft, ob er Abgaben in der nötigen Höhe geleistet hat.


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In einer Stellungnahme heißt es: "Herr Ecclestone wurde im März 2012 darüber informiert, dass seine Steuerangelegenheiten wegen seiner direkten und indirekten Verbindungen zu ausländischen Konzernen untersucht werden." Allerdings erfolgt diese Maßnahme gemäß der Richtlinie "Code of Practice 8", die nur dann zum Tragen kommt, wenn kein Verdacht der Steuerhinterziehung besteht. "HMRC will jedoch klären, ob seitens eines Steuerzahlers irgendwelche Steuerpläne vorlagen", lassen die Behörden wissen.

So hätte die Möglichkeit bestanden, weniger Abgaben zu entrichten als eigentlich fällig geworden wären. HMRC teilt weiter mit: "Zweck der Untersuchung ist es, jeglichen Betrag ausfindig zu machen, der zu wenig gezahlt wurde." Ecclestone könnte das Geld, von dem er wohl ohnehin mehr als genug besitzt, gebrauchen. Schließlich wird seit Kurzem von einem möglichen Freikauf vor dem Oberlandesgericht München gemunkelt, wenn es zum viel beachteten Prozess in der Gribkowsky-Affäre kommt.

Freikauf für Justiz kaum zu rechtfertigen

Margarete Nötzel erklärt: "Deutsche Gerichtsverfahren bieten die Möglichkeit, während des Verfahrens die Strafverfolgung zu beenden, wenn im Gegenzug die Zahlung einer vereinbarten Summe geleistet wird", teilt die Gerichtssprecherin mit. Das Geld fließt dann an eine gemeinnützige Institution oder in die Staatskasse. Die Staatsanwaltschaft und das Gericht müssen zustimmen. Ecclestone, der seine Unschuld beteuert und dafür auch kämpfen will, scheint diese Karte nicht spielen zu wollen.

Bernie Ecclestone, Jean Todt, Concorde, Vertrag

Einen Freikauf will Ecclestone vorerst nicht unterschreiben - er hält sich für unschuldig Zoom

Schließlich könnte sie als Schuldeingeständnis gedeutet werden. "Der Richter ist in einer schwierigen Position. Er hat jemanden für achteinhalb Jahre weggesperrt. Was er nicht verkünden will, ist, den Fall zu den Akten gelegt zu haben", spielt Ecclestone auf das ebenfalls in München gefällte Gribkowsky-Urteil an und versetzt sich in die Lage des Vorsitzenden. "Er hat durchblicken lassen, dass es eine Überlegung wert wäre, sollten die Strafverfolgungsbehören das wollen. Aber sie wurden nicht gefragt."

Ecclestone spinnt seine Theorie weiter: "Das Letzte, was er will, ist zu sagen: 'Da lag nichts vor'. Und dann muss er sich anschließend sagen lassen: 'Schön: Du hast jemanden für achteinhalb Jahre eingesperrt, ohne ein Urteil gesprochen zu haben.'" Also bleibt es zunächst bei der bekannten Verteidigung, wie sein Anwalt Sven Thomas verdeutlicht: "Wir haben mehr als gute Gründe dafür, weil Gribkowskys so genanntes Geständnis nicht schlüssig ist und mit den Fakten nicht übereinstimmt."