• 24.06.2002 10:34

  • von Fabian Hust

Coulthard: Montoya muss viel ruhiger werden

Nach dem Crash vom Nürburgring äußerte Coulthard Kritik an Montoya, der wieder einmal ziemlich aggressiv zur Sache ging

(Motorsport-Total.com) - Zum dritten Mal in Folge stand Juan-Pablo Montoya auf der Pole Position und zum dritten Mal in Folge sah er die Zielflagge nicht. Hatte der Kolumbianer sein Schicksal in den beiden Rennen zuvor nicht selbst in der Hand, hätte der 26-Jährige seinen Ausfall dieses Mal verhindern können: "Das ist einfach seine Art und Weise zu fahren", analysierte Ex-Formel-1-Pilot Marc Surer auf 'Premiere'. "Irgendwie erinnert das mich an Ayrton Senna, auch er konnte viele seiner Pole Positions nicht nutzen."

Titel-Bild zur News: Juan-Pablo Montoya, David Coulthard

Die fragilen Kohlefaseraufhängungen hielten den Schlag nicht aus

Der BMW-Williams-Pilot ist ohne Frage einer der besten Fahrer im Feld aber das Thema "Rennintelligenz" hat er bisher stiefmütterlich behandelt. Zu oft schon war der Kolumbianer nicht bereit, klein beizugeben, wenn dies notwendig ist und hat dabei Punkte eingebüßt. Es macht keinen Sinn, einen wesentlich schnelleren Fahrer auf der letzten Rille am Überholen zu hindern. Auf dem Nürburgring hat der verbissene Positionskampf Montoya mindestens zwei WM-Punkte gekostet, die am Ende der Saison wichtig sein könnten.

Die Hinterreifen von Montoya waren am Ende, das Auto lag sichtbar nervös, übersteuerte beim Herausbeschleunigen aus der Kurve. Als David Coulthard sich im Windschatten auf der Start- Zielgerade ansaugte und Montoya außen überholen wollte, versuchte Montoya innen dagegen zu halten, fuhr über den inneren Randstein. Das Auto wurde dabei nervös, die abgefahrenen Hinterreifen konnten den notwendigen Grip nicht bieten, der BMW-Williams drehte sich und traf Coulthard am rechten Vorderrad. Für beide Fahrer war das Rennen damit mit einer gebrochenen Radaufhängung vorzeitig zu Ende.

Auf fifty-fifty legte McLaren-Teamchef Ron Dennis die Schuldfrage fest. Der Fehler lag ganz klar bei Montoya, der sich gedreht hatte "aber vielleicht war David auch ein wenig ungeduldig", so ein doch sehr diplomatischer Ron Dennis. Beide Fahrer fuhren auf gleicher Höhe auf die Kurve zu, es war also kein Fahrer wirklich vorne. Montoya kann keine Absicht unterstellt werden, der Unfall fällt in die Kategorie "normaler Rennunfall". Ironischer Weise hatte Coulthard am Samstag gemeint, dass er "absolut sicher" sei, dass es in der ersten Kurve krachen würde?

Im ersten Moment kochte Coulthard nach dem Unfall vor Wut, fuchtelte im Cockpit mit den Händen herum und spendete dem Kolumbianer ironischen Applaus. Als der Schotte dann aber den Journalisten wenig später Rede und Antwort stand, war der amtierende Vizeweltmeister gewohnt gelassen, auch wenn er doch das eine oder andere kritische Wort in Richtung Montoya schickte, der sich umgehend bei "DC" entschuldigte.

"Er wusste doch um den Zustand seines Autos und dann kann man einfach nicht kämpfen", so Coulthard. "Es bringt doch nichts, wenn beide Autos nicht ins Ziel kommen. Das passt zu dem Image, das Montoya hat, der Kerl schießt über sein Ziel hinaus. Es wundert mich nicht, dass er nicht schon mehr Rennen gewonnen hat, denn er ist im Rennen sehr unbeständig. Manchmal muss man eben sagen 'Ich bin nicht schnell genug, also lass ich ihn ziehen'. Hin und wieder muss man eben das Gesamtbild sehen."

"Im Rennen letztes Jahr war Ralf hinter mir, aber ich ließ ihn durch, denn er war der Einzige, der Michael herausfordern konnte. Ich hielt ihn nur auf und dabei hätte ich mein eigenes Rennen zerstören können. Es gibt noch viel mehr als nur die kleine Stelle, auf der man miteinander kämpft. Der Sieger wird beim Fallen der karierten Flagge bestimmt. Jetzt bereue ich es natürlich, dass ich außen vorbei wollte, da dort das Risiko größer ist. Aber er machte mir innen zu, was in Ordnung ist und ich wollte meine Chance nutzen."