Bahrain-Grand-Prix: Button schlägt zurück!

Toyotas Operation "Desert Storm" ist gescheitert, Jenson Button der neue König der Sakhir-Wüste - Sebastian Vettel nach solider Leistung Zweiter

(Motorsport-Total.com) - Nach der gestrigen Doppelpole träumte man bei Toyota schon vom "Desert Storm" in der Sakhir-Wüste von Bahrain, doch am heutigen Renntag folgte die Ernüchterung: Das kölsche Feuerwerk war schnell abgebrannt - und am Ende krönte sich Jenson Button nach Michael Schumacher (2004), Fernando Alonso (2005/06) und Felipe Massa (2007/08) zum vierten König der Sakhir-Wüste!

Titel-Bild zur News: Podium in Bahrain 2009

Abwechslung anno 2009: Drei Teams und drei Hersteller auf dem Podium

Man hatte das Brawn-Mercedes-Team des WM-Leaders nach der ernüchternden Performance im Qualifying, das Jarno Trulli im Toyota auch benzinbereinigt für sich entschieden hatte, schon fast abgeschrieben, doch nach dem ersten Boxenstopp war Button nicht mehr zu halten und er fuhr ungefährdet dem dritten Sieg im vierten Saisonrennen entgegen. Im Finish konnte er sich sogar den Luxus leisten, ein bisschen Pace rauszunehmen und den Motor zu schonen.#w1#

Die große Enttäuschung aus deutscher Sicht war Timo Glock: Der zweite Toyota-Pilot war im ersten Stint sogar noch sensationell in Führung gelegen, fiel dann aber im Rennverlauf weit zurück und kam nach 57 Runden nur als Siebenter ins Ziel. Dafür lieferte Schanghai-Sieger Sebastian Vettel (Red-Bull-Renault) neuerlich eine fehlerfreie Leistung ab, die ihm den zweiten Platz und weitere acht WM-Punkte einbrachte.

Exzellenter Start von Glock

Start in Manama 2009

Timo Glock (links) kam am Start etwas besser weg als Polesetter Jarno Trulli Zoom

Doch der Reihe nach: Am Start lag Toyota noch im Soll, denn Glock kam super weg, bog als Führender vor Polesetter Trulli in die erste Kurve ein und machte damit auf den ersten Metern trotz der schlechteren Startposition auf der schmutzigen Fahrbahnseite das gut, was er im Qualifying mit weniger Gewicht verloren hatte. Dritter war zunächst dank eines guten KERS-Starts Weltmeister Lewis Hamilton (McLaren-Mercedes).

Vettel fiel hinter Button auf Platz fünf zurück, während es etwas weiter hinten ein ordentliches Gerangel gab, in dem sich mehrere Piloten ihre Frontpartien beschädigten - die beiden BMW Sauber F1 Team Piloten Robert Kubica und Nick Heidfeld, Kazuki Nakajima (Williams-Toyota) und der schlecht gestartete Felipe Massa (Ferrari) mussten gleich zu Beginn die Box ansteuern und spielten im weiteren Verlauf keine Rolle mehr.

Eine möglicherweise vorentscheidende Szene passierte zu Beginn der zweiten Runde, als sich Button nach Start und Ziel am Werks-McLaren-Mercedes von Hamilton vorbeischob. Button konnte damit seine eigene Pace gehen und büßte nicht allzu viel Boden auf die führenden Toyotas ein, die er stets rund fünf Sekunden vor sich hatte, während Hamilton die Verfolger dahinter - darunter auch Vettel - recht deutlich aufhielt.

Platztausch beim ersten Boxenstopp

Jenson Button und Lewis Hamilton

Wichtiges Manöver: Jenson Button griff sich in Runde zwei Lewis Hamilton Zoom

In der elften (Glock) und zwölften Runde (Trulli) kamen die Toyotas dann erwartet früh zum ersten Service an die Box, wohingegen Button erst in Runde 15 nachtanken musste. Dadurch wurde die Reihenfolge des Führungstrios genau umgedreht - und Glock hatte noch dazu das Pech, dass er hinter Nico Rosberg (Williams-Toyota) aufgehalten wurde und in einer wichtigen Phase des Rennens wertvolle Zeit einbüßte.

Toyotas großer Fehler war wohl der Wechsel vom weichen auf den harten Bridgestone-Reifen beim ersten Boxenstopp: "Wir hätten uns schon ein bisschen mehr erwartet, aber das Problem war, dass wir mit den harten Reifen nicht schnell genug waren", gab Chefingenieur Dieter Gass nach dem Rennen zu. Glock lieferte sich am Ende noch ein Duell mit Kimi Räikkönen (Ferrari), kam aber mit 42,8 Sekunden Rückstand auf Sieger Button nur als Siebenter ins Ziel.

Teamkollege Trulli hielt sich zumindest etwas besser, zeigte sich über Platz drei aber dennoch enttäuscht: "Ich hätte heute gerne den ersten Grand Prix für Toyota gewonnen!" Gegen Button, der vorne einsam seine Runden drehte, hatte der Italiener nicht den Funken einer Chance, und auch gegen Vettel konnte er keine ernsthafte Attacke mehr lancieren. Vettel war wegen eines um drei Runden längeren zweiten Stints am Polesetter vorbeigegangen.

Bestes Saisonergebnis für Hamilton

Lange mischte im heißen Fight um die Podestplätze auch Hamilton mit, aber dem Titelverteidiger ging im Finish die Puste aus und er musste sich mit Rang vier zufrieden geben. So gut waren die Silberpfeile 2009 noch nie! Hamilton bezwang damit sogar Rubens Barrichello (Brawn-Mercedes), der zwischendurch von zwei auf drei Boxenstopps umgestellt hatte, um nicht im Verkehr festzustecken und die Pace seines BGP 001 nutzen zu können.

¿pbvin|512|1495||1pb¿Positiv aus Sicht von Barrichellos Ex-Team Ferrari: Vor den Augen von Präsident Luca di Montezemolo sammelte Räikkönen als Sechster die erlösenden ersten drei Punkte für den Konstrukteursweltmeister des vergangenen Jahres - da fragte auch niemand mehr nach Massa, der einen katastrophalen Nachmittag erlebte und als 14. ins Ziel kam. Siebenter wurde Glock, Achter mit Alonso (Renault) ein weiterer Ex-Weltmeister.

Apropos Alonso: Der Spanier ging in Runde 14 mit einem atemberaubenden Manöver an Trulli vorbei und sorgte damit für das Highlight des ansonsten nicht allzu aufregenden Nachmittags. Farbe in den Grand Prix brachte aber auch Mark Webber (11./Red-Bull-Renault), der vom 18. Startplatz aus mit leichtem Auto einen Gegner nach dem anderen verspeiste und im Infield gegen den heute farblosen Heikki Kovalainen (12./McLaren-Mercedes) ebenfalls ein sehenswertes Glanzlicht setzte.

Rosberg ohne Chance auf Punkte

Kazuki Nakajima vor Nick Heidfeld

Selbst Kazuki Nakajima ließ das BMW Sauber F1 Team heute alt aussehen Zoom

Rosberg, nach seiner Freitagsbestzeit noch als möglicher Mitfavorit gehandelt, machte als Neunter keinen Stich und hatte nach 57 Runden 5,4 Sekunden Rückstand auf die Punkteränge. Im Rahmen der Erwartungen bewegte sich indes das Force-India-Mercedes-Team mit dem neuen Diffusor: Giancarlo Fisichella, lange Zeit in den Top 10 und zwischendurch unverschuldet in eine Kollision mit Massa verwickelt, wurde 15., Adrian Sutil 16.

Das BMW Sauber F1 Team ging hingegen mit der riskanten Einstoppstrategie und wegen der Reparaturstopps zu Beginn sang- und klanglos unter, belegte mit Kubica und Heidfeld noch hinter "Lokalmatador" Sébastien Buemi (Toro-Rosso-Ferrari) die Positionen 18 und 19 und war damit schwächste Kraft der gesamten Formel 1 - so eine schlimme Ohrfeige hat die Truppe von BMW Motorsport Direktor Mario Theissen in ihrer gesamten Geschichte noch nie kassiert...

Umso größer die Freude bei Sieger Button, der in der Weltmeisterschaft nun zwölf Punkte vor Teamkollege Barrichello und 13 vor Vettel führt. Titelverteidiger Hamilton ist mit neun Zählern Siebenter. Bei den Konstrukteuren konnte das Brawn-Team die Führung wieder ausbauen: Der Vorsprung beträgt nun 22,5 Punkte auf Red Bull und 23,5 auf Toyota. Vorjahreschampion Ferrari liegt an neunter und vorletzter Stelle.

Noch keine WM-Euphorie bei Brawn

Giancarlo Fisichella und Felipe Massa

Neue Weltordnung in der Formel 1: Ferrari muss gegen Force India fighten Zoom

Doch trotz dieser Zwischenstände bricht im Ex-Honda-Lager noch keine Euphorie aus: "Es war nicht leicht. Wir hatten die Pace der ersten Rennen nicht mehr. Umso schöner, dass wir trotzdem gewonnen haben", meinte Button nach dem anstrengenden Hitzerennen bei bis zu 37 Grad Hitze, während Teamchef Ross Brawn beteuerte: "Ich denke noch nicht an die Weltmeisterschaft. Dafür ist es noch viel zu früh."

Nach vier von 17 Rennen zeichnet sich immer deutlicher ab, dass das rot-silberne Duell ein Relikt der Vergangenheit ist und neue Kräfte den WM-Kampf austragen. Bestes Team mit konventionellem Diffusor ist immer noch Red Bull, auch wenn es heute nicht zum Sieg gereicht hat: "Es ist ein bisschen enttäuschend, weil wir die Pace gehabt hätten, um das Rennen zu gewinnen", meinte der selbstbewusste Teamchef Christian Horner.

Weiter geht es nun in zwei Wochen mit dem Europaauftakt in Barcelona, wo das aktuelle Kräfteverhältnis wieder auf den Kopf gestellt werden könnte. Denn die meisten Teams haben für den Circuit de Catalunya radikale Updates angekündigt, die signifikante Verschiebungen erwarten lassen. Aber aufgepasst: Natürlich haben Ferrari und Co. jetzt die Chance, ihren Rückstand zu verringern, aber stillstehen werden Brawn, Red Bull und Toyota auch nicht...


Fotos: Großer Preis von Bahrain, Sonntag