Brawn: Formel 1 muss offener werden

Ross Brawn kritisiert den Exklusiv-Status der Formel 1 und erklärt die richtige Entwicklung der Königsklasse am Thema Boxenfunk

(Motorsport-Total.com) - Seit jeher strahlt die Formel 1 Geschwindigkeit, technischen Fortschritt, aber auch eine gewisse Arroganz aus. Mercedes-Teamchef Ross Brawn gefällt das nur bedingt: "Durch die Exklusivität der Formel 1 hat sich eine besondere Einstellung bei den Fahrern und Team-Mitgliedern entwickelt. Das müssen wir ändern."

Titel-Bild zur News: Michael Schumacher, Ross Brawn (Teamchef)

Für Michael Schumacher hatte Ross Brawn schon einige spezielle Funksprüche parat

"Bei den Nascars weiß man als Fahrer, dass ein großer Teil der Zeit den Fans gewidmet werden muss. Es wird als Teil des Jobs angesehen. Diesen Respekt müssen wir auch mit der Formel 1 erschließen. Wir müssen die Fahrer auf diesen Weg bringen", analysiert der Brite im Rahmen des FOTA-Fanforum in Woking.

Boxenfunk im Wandel

Ein positives Beispiel für die Entwicklung in diese Richtung ist die Öffnung des Boxenfunks. Gaben die Teams vor Jahren noch Unsummen für die Geheimhaltung aus, so profitiert seit geraumer Zeit der Zuschauer erheblich von der Abschaffung dieser Verheimlichungsmethodik: "Der Funk zwischen dem Fahrer und der Boxen-Crew ist komplett offen. Der Halter der kommerziellen Rechte entscheidet, was gesendet wird. Die Teams haben zugestimmt, das zugänglich zu machen", erklärt Brawn.

Martin Whitmarsh (Teamchef)

Durch die Öffnung des Boxenfunk bekommt der Zuschauer einen Einblick Zoom

Konkurrent Martin Whitmarsh erinnert sich noch an die Zeit, in der die Teams sämtliche Einblicke verhindern wollten: "Es ist nicht so lange her, da haben McLaren und Ferrari hunderte und tausende digital verschlüsselte Funkgeräte entwickelt, damit wir uns nicht hören können. Der Gedanke, das zu veröffentlichen, war fremd."

"Es war ein recht großer Wechsel. Erst haben wir einen Haufen Geld investiert, damit uns keiner hören kann und dann haben wir es kostenlos angeboten", merkt Whtimarsh an. Das Interesse an den Funksprüchen zwischen Fahrer und Kommandostand konzentriert sich aber hauptsächlich auf die Teams an der Spitze des Feldes. Was weiter hinten passiert, wird nur sehr selten übertragen, zum Ärgernis der Verantwortlichen.

Hinterbänkler üben Kritik

Graeme Lowdon, Präsident von Marussia-Virgin, würde den Formel-1-Fans auch gerne die Gespräche zwischen seinem Team und den Piloten zugänglich machen: "Ich wünschte, mehr Leute könnten den Funk hören. Wir sind ein Team, das nicht an der Spitze der Startaufstellung steht. Wir haben dennoch sehr viele eiserne Fans in der Welt. Die wollen natürlich wissen, was im Rennen passiert."

Graeme Lowdon freut sich über jeden übertragenen Funkspruch Zoom

"Timo Glock während des Qualifiyings in Monaco zu hören, währenddessen er unser Auto über den Kurs gejagt hat, war eine Wohltat. Seine Kommentare waren durchaus unterhaltsam. Ich wünschte, jeder könnte das hören, weil es die Struktur des Sports verstärkt", beanstandet Lowdon.

Abgesehen davon ist sich auch Mercedes-Teamchef Brawn sicher: "Es gibt eine Menge Dinge, die wir verbessern müssen. Sowohl beim Spektakel an der Strecke als auch beim Zuschauen Zuhause. Durch das Internet haben wir die Möglichkeit, das zu verbessern."

Die Übertragungen haben sich in den letzten Jahren dennoch zum Vorteil der Zuschauer entwickelt, was Brawn mit einem leichten Augenzwinkern bedauert: "Meine Frau verfolgt alle Zwischenzeiten, wenn sie Zuhause hinterm TV sitzt und das Rennen verfolgt. Sie macht mir die Hölle, wenn sie etwas sieht, was ich nicht gesehen habe."