• 23.05.2011 15:10

  • von Peter Szczecinski

Boullier: "Fans zu haben, ist unser Kerngeschäft"

Der Renault-Teamchef spricht über die Veränderung in den vergangenen Jahren und sieht andere Sportarten als Vorbilder an, um neue Zielgruppen anzulocken

(Motorsport-Total.com) - In den nächsten Monaten entscheidet die Investmentgesellschaft CVC, Besitzer der Formel-1-Anteile, zusammen mit den Rennställen und der FIA über ein neues Concorde-Agreement, das ab dem Jahr 2013 gelten soll. Da man in dieser Angelegenheit von einer Einigung weit entfernt zu sein scheint, kamen in den vergangenen Tagen Gerüchte über eine "Piratenserie" auf. Renault-Teamchef Eric Boullier sieht dies nicht als Lösung an und will mit neuen Zielgruppen Sponsoren anlocken.

Titel-Bild zur News: Eric Boullier

Renault-Teamchef Eric Boullier sieht eine Piratenserie nicht als Lösung an.

"Meiner Meinung nach ist die Formel 1 in den 1990ern explodiert. Bernie (Ecclestone; Anm. d. Red.) hat unglaubliche Arbeit geleistet und deshalb müssen wir ihn respektieren, weil er etwas Gewaltiges erschaffen hat - gewaltig genug, um Hersteller anzulocken", lobt Boullier den Formel-1-Chef im Interview mit 'formula1.com' und blickt zurück in die Zeiten, als die großen Konzerne jede Menge Geld in die Formel 1 investierten. "Als sie kamen, brachten sie viel Geld und riesige Motorhomes in den Paddock. Ich will sie dafür nicht kritisieren, denn so war einfach ihre Philosophie."

Boullier wünscht sich, dass sich die Formel 1 für die Wirtschaft öffnet, und zieht einen Vergleich zu anderen Sportarten, die trotz Wirtschaftskrise große Einnahmen generieren: "Zuletzt habe ich mich mit anderen erfolgreichen Sportarten beschäftigt, um ihre Entwicklung in den letzten 15 Jahren zu verstehen. Fußball, die NBA, die NFL und Rugby haben alle eine professionellere und durchdachte Vermarktung sowie einen wirtschaftlichen Ansatzpunkt für ihren Sport entwickelt. Mit dieser Basis sind sie dann auf die Sponsoren zugegangen. Das ist etwas, womit sich die Formel 1 nach dem Ausstieg der meisten Hersteller auseinandersetzen muss."

Im Zuge der Finanzkrise zogen sich Honda, BMW und Toyota aus der Formel 1 zurück und die Einnahmen der Rennserie gingen zurück. "Wir sind wieder in der gleichen Position wie in den 1990ern, aber die Welt um uns herum hat sich geändert", beschreibt Boullier das Ende der rosigen Zeiten in der Formel 1. Eine Konkurrenzserie sieht er nicht als Lösung für die Teams an: "Die Schlussfolgerung ist für mich, dass die Idee einer abgespalteten Rennserie veraltet ist, weil die Teams ohne die Fernsehgelder nicht überleben können. Aber wie ich schon sagte, hat sich die Welt verändert und andere Sportarten haben es geschafft, viele Sponsoren anzulocken, um ihr Überleben zu sichern."

Nach Meinung von Boullier sollte die Formel 1 einen ähnlichen Weg einschlagen, um neue Zielgruppen zu erreichen: "Wir müssen uns um die junge Generation bemühen, wenn sich in den kommenden Jahren herausstellen sollte, dass uns die Fangemeinde wegbricht. Fans zu haben, ist unser Kerngeschäft, denn sie locken Sponsoren an", meint der Franzose.

Den Streit zwischen den Teams, FIA und der Investmentgesellschaft CVC sieht der Franzose als nicht förderlich an, um den hohen Stellenwert der Formel 1 auch für die Zukunft zu sichern: "Unsere kleinen Kämpfe im Paddock machen die Medienvertreter zwar froh, helfen uns aber nicht weiter. Wenn wir die führende Rolle der Formel 1, die Bernie aufgebaut hat, nicht verlieren wollen, müssen wir unsere Denkweise ändern", betont Boullier.